"Wir beraten und klären auf"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Beate Biederbick von der Beratungsstelle Wildwasser.
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Zischup-Reporterin Chiara Wawrziiak aus der Klasse 8a der Hansjakob-Realschule in Freiburg hat Beate Biederbick interviewt, die in der Beratungsstelle Wildwasser Freiburg für Mädchen und Frauen gegen sexuellen Missbrauch arbeitet.
Biederbick: Ich sage jetzt mal spontan, ja, es ist tatsächlich so, dass wir erst im letzten Jahr in Staufen einen Missbrauchsfall hatten, den du bestimmt auch mitbekommen hast. Darüber wurde viel berichtet. Wir haben natürlich öfters mit so etwas zu tun. Wir können sagen, dass die Beratungszahlen nochmal in die Höhe geschossen sind, und zwar deshalb, weil natürlich viele auch ermutigt sind, sich frühzeitig Hilfe und Rat zu holen. Es melden sich auch mehr Leute, die selbst die Erfahrung haben und durch die Berichterstattung daran wieder erinnert werden und nochmal darüber sprechen möchten.
Zischup: Ja, von dem Fall in Staufen habe ich auch gehört. Welche Art von Missbrauch kommt bei Ihnen vor?
Biederbick: Wir haben mit sexuellem Missbrauch zu tun, aber wir nennen es sexualisierte Gewalt. Mit sexuellen Übergriffen, die Kinder und Jugendliche erleben, meinen wir sexuelle Handlungen, die in einen Kontakt mit bekannten Personen, zum Beispiel Eltern, Geschwistern, Onkeln, Tanten, Großeltern, Lehrern oder Erziehern passieren, das heißt, in einem engen Vertrauensverhältnis. Da kann es um sexistische Bemerkungen gehen oder um Berührungen am Körper bis hin zur Vergewaltigung.
Zischup: Warum wollten Sie hier helfen, warum haben Sie diesen Beruf ergriffen?
Biederbick: Ich mache diese Arbeit schon seit 18 Jahren. Ich war schon immer interessiert an Mädchen- und Frauenthemen, außerdem habe ich lange ehrenamtlich beim "Notruf für vergewaltigte Frauen" mitgearbeitet. Da kommen zum Beispiel Jugendliche oder erwachsene Frauen nach einer Vergewaltigung hin, durch Fremde, aber auch durch Partner. Im Jahr 2000 gab es dann bei Wildwasser einen Schwerpunkt für Mädchen und Frauen mit Behinderung, die am meisten von sexueller Gewalt betroffen sind. Da ich selbst eine Behinderung habe, habe ich mich damals für diesen Bereich beworben. Ich finde es auch wichtig, eine politische Arbeit zu machen, und das tun wir. Wir beraten nicht nur, sondern wir machen auch Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen. Zum Beispiel hatten wir vor kurzem einen Fachtag zum Thema "Sexuelle Übergriffe unter Kindern und Jugendlichen". Und mit solchen Fachtagen kommen wir dann manchmal auch in die Zeitung, klären sozusagen damit auf.
Zischup: Was genau sind Ihre Aufgaben in der Beratungsstelle?
Biederbick: Wir sind hier drei Beraterinnen, und wir machen eigentlich alle die gleichen Aufgaben. Das heißt, wir machen Beratungen und geben vor allem sehr viele Fortbildungen, zum Beispiel für Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher und in Kliniken. Wir gestalten Elternabende oder bieten in Schulen Workshops für Kinder und Jugendliche an und informieren sie zum Thema sexueller Missbrauch und darüber, wie sie sich Hilfe holen können. Wir machen auch Prozessbegleitungen, wenn ein Mädchen oder eine Frau eine Anzeige macht. Manchmal gehen wir gemeinsam zur Polizei, das kommt aber eher selten vor. Außerdem bereiten wir sie auf den Gerichtsprozess vor. Wir schauen zum Beispiel den Gerichtssaal an, weil manche denken, dass das ein Riesenraum mit vielen Reportern ist und in Wirklichkeit sieht der Gerichtssaal ganz anders aus. Eine weitere Aufgabe ist die Verwaltungsarbeit und das Beschaffen von Geldern. Die Stadt finanziert nicht komplett die Beratungsstelle, das heißt, wir müssen Spendenaktionen machen und schauen, dass der Verein zusätzlich Geld bekommt.
Zischup: Wie gehen Sie mit der psychischen Belastung um?
Biederbick: Einen Fall, der mich belastet, kann ich mit meinem Team besprechen. Wir haben zusätzlich Supervisionen mit einer Therapeutin. Außerdem versuche ich, mir einen Ausgleich zu schaffen. Ich gehe in die Natur, höre Musik oder lese und unternehme schöne Sachen. Es hilft mir, wenn ich mich viel ablenke, zum Beispiel auch mit dem Fahrrad nach Hause fahre. Das hilft mir sehr, weil ich das Gefühl dabei habe, dass der Wind, der durch mich durch weht, die ganzen Geschichten aus mir rauspustet. Es ist wichtig, dass wir die Sachen nicht mit nach Hause schleppen und bewusst sagen, dass das Thema hier in den Räumen bleibt, wenn wir hier das Haus verlassen.
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