Ausgezeichnet! Zischup-Projekt Frühjahr 2025

Chronisches Fatigue-Syndrom: Müde in jeder Zelle des Körpers

Wenn selbst die kleinste Anstrengung zur Hürde wird: Long-Covid hat mein Leben für immer verändert. Ich lebe mit dem Chronischen Fatigue-Syndrom (CFS), einer Krankheit, die kaum erforscht ist, die aber meinen Alltag bestimmt.  

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Warb für Verständnis für die Krankheit...tis. Das ist ein anderer Name für CFS.  | Foto: Thomas Kunz
Warb für Verständnis für die Krankheit: die ME/CFS-Initiative in Freiburg. ME steht für myalgische Enzephalomyelitis. Das ist ein anderer Name für CFS. Foto: Thomas Kunz
Der 1. Mai 2024 war ein wunderschöner Frühlingstag. Die Sonne schien und ich verbrachte den Tag mit meinen Freunden am Rhein. Wir lachten, redeten, fühlten uns frei. Doch am nächsten Morgen war nichts mehr, wie es vorher war. Mein Körper fühlte sich an wie Blei. Meine Muskeln versagten, mein Kopf pochte vor Schmerzen, meine Augen brannten. Ich war so erschöpft, dass ich den ganzen Nachmittag schlief, und trotzdem wurde es nicht besser. Dann passierte das Unfassbare: Meine Beine hörten auf zu funktionieren. Ich konnte nicht mehr aufstehen. Nicht mehr laufen. Nicht verstehen, was mit mir geschah. Das war der erste Schub. Der Moment, in dem mein altes Leben zerbrach.

Wochen voller Unsicherheit folgten. Krankenhausaufenthalt, unzählige Untersuchungen ohne Antworten. Ich hoffte, dass es ein einmaliger Vorfall war. Doch mein Kopf war in Nebel gehüllt, Konzentration unmöglich. Ich konnte keine Informationen speichern, keine Vokabeln mehr lernen.

Wieder versagten meine Beine, wieder diese unkontrollierbare Erschöpfung

Dann kam der zweite Schub. Ein ruhiger Abend bei meiner Freundin, ein Film, nichts Anstrengendes. Trotzdem brach mein Körper am nächsten Morgen zusammen. Wieder versagten meine Beine, wieder diese unkontrollierbare Erschöpfung. Im Oktober dann der dritte und schlimmste Schub. Kein langer Tag, keine Anstrengung, keine Warnung. Es geschah einfach. 15 Tage Krankenhaus, eine Woche im Rollstuhl, Physiotherapie ein unermüdlicher Kampf, um wieder aufzustehen. Selbst als ich wieder laufen konnte, war nichts mehr wie früher. Ich war müde. Nicht wie nach einem langen Tag, sondern in jeder Zelle meines Körpers.

Dann bekam mein Leiden endlich einen Namen: CFS – Chronisches Fatigue-Syndrom. CFS ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, oft ausgelöst durch Virusinfektionen wie Long-Covid. Sie führt zu einer krankhaften Erschöpfung, die durch Ruhe nicht besser wird. Das schlimmste Symptom ist Post-Exertionelle Malaise (PEM), eine massive Verschlechterung nach kleinster Anstrengung, wie zum Beispiel einkaufen gehen oder Treppen steigen. Bisher gibt es kaum Forschung, keine Heilung und keine wirksamen Medikamente.

Am schlimmsten ist das Unverständnis

Seitdem ist mein Leben nicht mehr mein eigenes: Früher war ich voller Energie, heute ist selbst der Weg vom Bett zur Küche an manchen Tagen eine Herausforderung. Kein Tag ist vorhersehbar: Mal geht es mir fast gut, dann blitzt für einen Moment das alte Leben auf. An anderen Tagen liege ich einfach nur da, gefangen in meinem eigenen Körper. Doch am schlimmsten ist das Unverständnis. "Du siehst doch gar nicht krank aus." Oder: "Hör’ auf mit so einer Show und reiß’ dich zusammen, wir sind auch alle mal müde." Diese Sätze höre ich immer wieder, und jedes Mal tut es weh. Meine Krankheit ist unsichtbar. Ich wünschte, ich müsste mich nicht erklären. Nicht kämpfen – nicht nur gegen meinen Körper, sondern auch gegen die Zweifel der Menschen. Drei Mal war ich im Krankenhaus, hoffte auf eine Lösung – aber es gibt keine.

Ich vermisse mein altes Leben. Ich will aufwachen, ohne Angst, ob meine Beine mich heute im Stich lassen. Ich will die Freiheit zurück, die ich früher so selbstverständlich nahm. Aber bis es eine Antwort gibt, bleibt mir nur eines: Jeden Tag so zu nehmen, wie er kommt. Ich habe diesen Artikel geschrieben, um den Menschen zu zeigen, dass ich nicht nur müde bin. Jeder Tag ist ein Kampf – für mich und für 17 Millionen andere Betroffene weltweit. Niemand sollte diesen Weg allein gehen müssen.
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