Ökosystem Wald

"Im Wald interagieren die Bäume miteinander"

Professorin Christiane Werner hat an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg eine Professur für Ökosystemphysiologie. Ökosystemphysiologie – was ist das? Und wie wird man eigentlich Professorin? Beides klingt spannend  

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Zischup-Reporterin Emma Neuschl mit Professorin Christiane Werner Foto: Privat
Zischup: Frau Werner, Sie sind Professorin. Was heißt das und wie sind Sie Professorin geworden? Welche Voraussetzungen mussten Sie hierfür erfüllen?

Werner: Professorin ist wie Lehrerin, nur nicht an der Schule, sondern an der Uni. Das heißt, außer zu unterrichten haben wir noch einen großen Teil mit Forschung zu tun. Und wie wird man Professorin? Das ist ein langer Weg. Erstmal studiert man, dann muss man eine Doktorarbeit machen, danach kommen meistens Forschungsjahre, auch im Ausland, und dann muss man sich bewerben, an den Unis. Viele Plätze gibt es nicht. Das ist nicht ganz so einfach. Im Augenblick kann man das gerade den Frauen und den Mädchen sehr empfehlen, weil die Uni ganz dringend Professorinnen in den Naturwissenschaften sucht.

Zischup: Sie sind Professorin für Ökosystemphysiologie. Was ist das eigentlich?

Werner: Ökosystemphysiologie ist ein kompliziertes Wort. Also: Ökosysteme, wie zum Beispiel unsere Wälder, sind ja komplexe Systeme. Daran untersuchen wir, wie Pflanzen sich anpassen und welche physiologischen Reaktionen sie haben, eine ist zum Beispiel die Photosynthese. So was habt ihr bestimmt in der Schule auch schon gemacht. Oder die Transpiration – wie viel Wasser Pflanzen abgeben und wie sie das regulieren. Wir beobachten, wie Pflanzen sich an den Klimawandel anpassen.

Zischup: Was und wo haben Sie studiert, um in diesem Bereich zu arbeiten?
Werner: Nach der Schule wusste ich gar nicht genau, was ich überhaupt studieren sollte. Und dann habe ich gedacht, Bio hat mir immer Spaß gemacht, also habe ich Bio studiert. Da war aber gar nicht viel mit Ökologie. Dann habe ich ein Auslandspraktikum gemacht in Portugal und bin in eine Arbeitsgruppe hineingekommen, die mit Ökologie gearbeitet hat. Das hat mir Spaß gemacht. Und dann hat sich das daraus entwickelt. Dann habe ich erst meine Abschlussarbeit gemacht und schließlich meine Doktorarbeit, und ja, eigentlich bin ich da so reingerutscht. Und jetzt bin ich hier in den Umweltwissenschaften.

Zischup: Was faszinierte Sie besonders an diesem Fach?

Werner: Ich glaube, am Anfang fand ich es so ganz allgemein spannend, aber so richtig Spaß gemacht mit der Forschung hat es erst, als ich meine Forschungsarbeit gemacht habe für meine Diplomarbeit damals. Mir selber auszudenken, was ich messen wollte, das fand ich dann spannend. Das war damals an den Korkeichen.

Zischup: Sie erforschen vor allem den Wald. Wie stelle ich mir das vor?

Werner: Wir zum Beispiel verkabeln den Wald mit lauter Sensoren. Wir bringen Bodensensoren ein, Sensoren in die Bäume, an die Stämme und Äste. Damit können wir sehen, wie viel Wasser so ein Wald verbraucht oder wie viel Photosynthese er aufnimmt.

Zischup: Ist diese Forschung auch für meine Heimatstadt Freiburg wichtig?

Werner: Ja, auf jeden Fall. Wir haben ja hier ganz viele Buchen und Fichtenwälder. Auch andere gemischte Wälder, aber Buchen und Fichten sind bei uns ganz wichtige Baumarten. Im Augenblick haben wir ein Forschungsprojekt, bei dem wir genau die untersuchen, in einem Wald, ganz in der Nähe, in Ettenheim. Wir wollen sehen, wie die Bäume mit den veränderten Bedingungen klarkommen. Bei der Dürreperiode 2018 war es sehr trocken und heiß hier. Das war für die Bäume ganz schön viel Stress. So was schauen wir uns an.

Zischup: Und wie sind die Bäume damals damit klargekommen?

Werner: Unterschiedlich. Manche sind abgestorben. Die gesunden Wälder haben sich erholt.

Zischup: Mich beschäftigt das Thema Klimaschutz. Inwiefern hat Ihre Arbeit etwas mit Klimaschutz zu tun?

Werner: In zwei Richtungen. Einerseits schauen wir uns die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder an, und andererseits sind die Wälder ja selber ein großer Schutz für den Klimawandel, weil weltweit etwa ein Drittel des ganzen CO2, das wir durch die Abgase in die Erdatmosphäre pumpen, von den Wäldern aufgenommen wird. Wenn die Wälder intakt sind und funktionieren, ist das ein ganz wichtiger Speicher und ein Schutz vor dem Klimawandel. Und je besser wir die Wälder verstehen, desto besser können wir sie schützen.

Zischup: Sie forschen auch in Gewächshäusern. Was ist der Unterschied zwischen Ihrer Bepflanzung im Gewächshaus und einem Wald draußen?

Werner: Im Wald interagieren die Bäume miteinander. Das heißt, Nachbarpflanzen beeinflussen sich gegenseitig. Da ist es ein ganzes System. Im Topf im Gewächshaus können wir uns die Einzelpflanze gut anschauen. Wir haben auch tatsächlich jetzt gerade ein Topfsystem, in dem wir mehrere Pflanzen zusammenpflanzen, die dann mit ihren Wurzeln miteinander interagieren. Da können wir ganz gezielt zum Beispiel Stress auf sie ausüben: Wir können sie austrocknen lassen, in die Hitze stellen, in die Kälte stellen – und können in den Klimakammern schauen, wie sie auf einen solchen Faktor reagieren. Im Wald passiert natürlich alles gleichzeitig.

Zischup: Was war Ihr spannendstes Erlebnis in Ihrer Zeit als Professorin für Ökosystemphysiologie?

Werner: Also, spannend ist in der Forschung ganz vieles, aber das Spannendste war das große Experiment in der Biosphäre. Das ist ein großes Gewächshaus im Prinzip. Das steht in Arizona in der Wüste und drinnen ist ein Tropenwald und dem Tropenwald haben wir das Wasser abgedreht. Wir haben den Wasserhahn zugemacht und den Regen abgeschaltet und haben dann geschaut, wie sich dieser ganze Wald unter einer extremen Dürre verhält. Das war sehr, sehr spannend. Ich bin da mit ganz vielen Leuten hingefahren. Insgesamt haben über 80 Leute mitgemacht, meine Arbeitsgruppe und ganz viele Kollegen. Wir haben da richtig gewohnt, auch mit meiner Familie, meinen Kindern. Das war sehr spannend.

Zischup: Was ist für Sie das Schönste an Ihrem Beruf und würden Sie ihn nochmal wählen?

Werner: Ja, ich würde ihn nochmal wählen. Das Schönste ist, dass man so viel Neues erforschen kann und dass ich mit so vielen netten jungen Studenten und Studentinnen arbeiten kann.

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