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"Ich wollte Landwirtschaft studieren"

ZISCHUP-INTERVIEW mit der Sängerin Silke Marchfeld über ihren musikalischen Werdegang und ihr soziales Engagement.  

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Silke Marchfeld mit ihren beiden Kindern  | Foto: privat
Silke Marchfeld mit ihren beiden Kindern Foto: privat

Silke Marchfeld ist als Sängerin international unterwegs. Zischup-Reporterin Zoë Thoma aus der Klasse 8d der Staudinger Gesamtschule in Freiburg hat ein Interview mit der Musikerin geführt und dabei entdeckt, dass Marchfeld nicht nur die Musik am Herzen liegt, sondern auch die Menschen.

Zischup: Warum haben Sie Musik studiert?
Marchfeld: Da es in meinem Umfeld Menschen gab, die mich mit ihrer Persönlichkeit von der Musik überzeugen konnten. Mein sehr alter Querflötenlehrer zum Beispiel und auch Wolfgang Fernow, ein Professor aus Freiburg, der in Lörrach einen Chor dirigiert hatte, in dem ich schon als ganz junges Mädchen mitgesungen habe.

Zischup: Gab es noch andere Dinge, die Sie sich hätten vorstellen können?
Marchfeld: Mein größter Wunsch war es eigentlich, Landwirtschaft zu studieren. In meiner Jugend habe ich viel auf einem Bauernhof geholfen und über Jahre hinweg jeden Morgen 28 Kühe gemolken. Auch jetzt noch liebe ich diese großen Tiere von ganzem Herzen. Ich kann mir immer noch gut vorstellen, irgendwann einmal für einige Zeit auf einer Alm zu leben. Dazu kam dann noch mein Wunsch SOS- Kinderdorfmutter zu werden, weil ich durch ein ziemlich intimes Erlebnis, als ich 13 war, geprägt wurde. Nach Ende des Vietnamkrieges kamen damals die Boatpeople hier in Europa an, und die Zeitungen informierten umfangreich über diese unfassbare Ungerechtigkeit. Außerdem wurde dazu aufgerufen, Kinder, die ohne Eltern kamen, aufzunehmen. Das hat mich sehr berührt. So habe ich mir damals versprochen, elternlose Kinder aus Krisengebieten anzunehmen.

Zischup: Haben Sie eigentlich Ihre Musikerkarriere geplant? Und hatten Sie einen Plan B, falls das mit der Musik nicht geklappt hätte?
Marchfeld: Ich hatte das, um ehrlich zu sein, überhaupt nicht geplant. Ich habe einfach angefangen, Querflöte zu studieren und dann ein Gesangsstudium angehängt. Weiter habe ich ein Aufbaustudium gemacht, das nannte man damals "Künstlerisches Aufbaustudium Solistendiplom" in Stuttgart bei der berühmten Sängerin Júlia Hamari. Am Ende dieses Studiums habe ich dann an einem Wettbewerb in Budapest teilgenommen und den sogenannten Monteverdi-Preis gewonnen. Zeitnah wurde ich auch in Wien und Paris mit zwei weiteren Preisen ausgezeichnet. Dies führte mich plötzlich zu mehreren internationalen Konzert- und Opernauftritten. Das ging alles schneller, als ich es mir vorstellen konnte. Eigentlich ging ich da sehr planlos rein. Ich war daher in den vielen fremden Großstädten auch sehr überfordert. Der Plan B, den du hier ansprichst, blieb die Landwirtschaft.

Zischup: Wie kam es dazu, dass Sie vier Kinder adoptierten?
Marchfeld: Also, wie bereits erwähnt, hatte ich in meiner Jugend dieses Erlebnis mit den Kriegswaisen aus Vietnam. Weshalb ich gerade Kinder aus Äthiopien adoptiert habe, lag daran, dass gute Freunde von mir, die hier in der Gegend eine Arztpraxis hatten, nach Äthiopien gegangen sind, um dort während einer der größten Hungersnöte zu helfen. Mit anderen zusammen haben wir den Verein "Kinder unserer Welt" gegründet, und ich habe meine Freunde dort besucht. Wir unterstützen ohne bürokratischen Aufwand vier Waisenhäuser in der Hauptstadt Addis Abeba. Aus einem dieser Häuser kommen auch meine Kinder.

Zischup: Sie engagieren sich viel im Bereich mit Flüchtlingen, hat das für Sie einen persönlichen Hintergrund ?
Marchfeld: Ja, es beschäftigt mich sehr, dass es immer wieder Volksgruppen gibt, die in ihrer Heimat – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr leben können und deshalb nach Europa kommen, um eine neue Heimat zu finden. Ich merke in meinem Umfeld, dass es uns schon sehr schwer fällt, fremde Menschen anzunehmen und auch zu integrieren. Für mich ist das eine große Aufgabe, diese gesellschaftliche Herausforderung zu erfüllen. Ich denke, wir Menschen dieser Erde können nur miteinander gleichberechtigt leben.
Zischup: Sie organisieren seit Jahren das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Um was geht es Ihnen dabei und warum haben Sie angefangen dieses zu organisieren?
Marchfeld: Das Weihnachtsoratorium ist ein Benefizkonzert, bei dem einige meiner weltberühmten Freunde mitmusizieren – zum Beispiel Reinhold Friedrich und Michael Sieg. Alle treten ohne Gage auf. Der Erlös geht dieses Jahr an "Kinder unserer Welt". Wir unterstützen inzwischen auch ein Straßenkinder-Projekt in Jimma, der Kaffeeanbaumetropole im Südwesten Äthiopiens, wo viele Familien komplett verarmt sind und die Kinder auf der Straße landen. Ein weiteres Projekt ist die Krankenstation, welche Freunde von mir an der Grenze zu Eritrea aufgebaut haben. Dann gibt es noch ein drittes Projekt, das junge alleinerziehende Frauen, die es dort sehr häufig gibt, unterstützt. Damit diese sich eine Existenz aufzubauen können, erhalten sie ein "Mini-Darlehen" – ein kleines Startkapital, um einen Beruf zu erlernen oder sich ein paar Ziegen oder Hühner zu kaufen, um die Produkte auf den Märkten zu verkaufen.

Zischup: Gibt es sonst noch Konzerte, die man nicht verpassen sollte?
Marchfeld: Das Weihnachtsoratorium am 28. Dezember in Weil am Rhein. Aber auch nächstes Jahr gibt es hier in der Region einige Konzerte. Auch wichtig: das Verdi Requiem in Karlsruhe mit dem Landesjugendchor im Herbst 2019. Darauf freue ich mich schon.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 20. Dezember 2018: PDF-Version herunterladen

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