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Zischup-Interview

"Ich erinnere mich nur an die Fremdarbeiter"

Wilhelm Hundertmark ist der Opa von Zischup-Autorin Jule Janz. Im Interview erzählt er ihr, wie er den Zweiten Weltkrieg als Kind erlebt hat. Jule Janz geht in die Klasse 8.2 des Evangelischen Montessori-Schulhauses in Freiburg.  

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Freiburg in Trümmern: Wenn die Bomber ...e Nußmannstraße in Freiburg zu sehen.   | Foto: Archiv Oehler
Freiburg in Trümmern: Wenn die Bomber flogen, musste die Bevölkerung in den Keller. Auf dem Foto ist die Nußmannstraße in Freiburg zu sehen. Foto: Archiv Oehler
Zischup: Du bist 1940 geboren. Was hast du als Kind vom Krieg überhaupt mitbekommen?
Hundertmark: Am Ende des Krieges, da gab es Bombenangriffe, dann sind wir immer in den Keller gegangen, um uns zu schützen. Aber ansonsten habe ich nicht so viel mitbekommen. Ich kann mich nur an die Fremdarbeiter erinnern, die uns auf unserem Bauernhof geholfen haben, das waren Mitek aus Russland und Olga aus der Ukraine. Olga war erst 18 Jahre alt, als sie zu uns kam.
Zischup: Wie war euer Verhältnis zu den Zwangsarbeitern? War das nicht komisch? Die mussten ja bei euch arbeiten, war das dann nicht verkrampft?
Hundertmark: Aus meiner Sicht nicht, für mich waren das richtige Bezugspersonen, ich war ja auch erst fünf. Vor allem Olga mochte ich, sie war sozusagen mein Kindermädchen und hat auf mich aufgepasst.

Zischup: Wo haben die denn geschlafen? Hatten sie eigene Zimmer?
Hundertmark: Nein, sie hatten bei uns im Knechtezimmer ein Bett und einen Schrank für ihre Sachen.
Zischup: Haben sie Geld von euch bekommen? Oder wie haben sie sich Klamotten oder so kaufen können?
Hundertmark: Ich glaube, dass sie Essen und Kleidung bekommen haben, aber kein Geld.
Zischup: Und wann sind Olga und Mitek wieder gegangen?
Hundertmark: Als der Krieg vorbei war, waren die Fremdarbeiter frei und konnten wieder nach Hause.

Zischup: Und waren sie darüber glücklich?
Hundertmark: Ja, Mitek war sehr froh, Olga war auch ein wenig traurig und hat meiner Mutter versprochen, sie würde sich melden und uns schreiben. Das hat sie aber erst im Jahr 1976 gemacht, damals habe ich einen Brief von ihr bekommen. Sie konnte nicht früher schreiben, weil damals, am Ende des Krieges, Stalin, der russische Diktator, gesagt hat, alle Russen, die in Deutschland waren, seien Verräter und Spione gewesen. Zur Strafe musste Olga, direkt nachdem sie nach Hause kam, in ein Zwangsarbeitslager nach Russland. Und sie durfte uns natürlich auch nicht schreiben.
Zischup: Hast du ihr zurückgeschrieben, als du ihren Brief bekommen hast?
Hundertmark: Ja, wir haben uns dann bis zu ihrem Tod regelmäßig geschrieben. Olga war inzwischen Mathematiklehrerin an einem Gymnasium in Kiew. Leider haben wir uns aber nie mehr wiedergesehen.

Ressort: Schülertexte

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