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"Sie vermisste ihr Honigbrot"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Marlene Körber, deren Mutter als Kind nach Brasilien auswanderte.  

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Marlene Körber mit ihrer Mutter Foto: privat

1933 übernahm die NSDAP in Deutschland die Macht. Der Zweite Weltkrieg, welcher von 1939 bis 1945 ging, nahte schon. Diejenigen, die früh genug die Gefahr erkannten und das Geld dazu hatten, verließen das Land. So auch die Familie von Maria Christ, die Uroma von Zischup-Reporterin Chiara Müller aus der Klasse 9e des Markgräfler-Gymnasiums in Müllheim. Sie befragte Marlene Körber, ihre Großmutter, nach der Vergangenheit von Maria Christ.

Zischup: Wo hat Maria Christ mit ihrer Familie gelebt?
Körber: Sie haben in Altau in der Nähe von Ravensburg gelebt.
Chiara: Wie war deren Lebensstandard damals?
Körber: Die Familie besaß Bauernhöfe, und sie haben Landwirtschaft betrieben, also haben sie, glaube ich, gut gelebt. Gegenüber von ihrem Haus war auch eine Schule, in die sie ging.
Chiara: Wie groß war die Familie? Hatte sie noch Geschwister?
Körber: Sie hatte fünf Schwestern und einen Bruder, der aber schon mit einem Jahr an einer Impfung gestorben ist.
Zischup: In welchem Jahr sind sie ausgewandert und warum?
Körber: 1934, genauer am 14. April 1934. Das kann man auch in den Staatsarchiven von Bremen sehen. Meine Mutter war bei der Auswanderung acht Jahre alt. Der Grund, warum sie ausgewandert sind, war der Zweite Weltkrieg. Mein Opa, also ihr Vater, musste im Ersten Weltkrieg mitkämpfen, wurde angeschossen und wollte auswandern, um nicht erneut in den Krieg ziehen zu müssen. Er hatte Angst, dass seine Kinder ohne den Vater aufwachsen müssen.

Zischup: Und wie ist die Auswanderung abgelaufen?
Körber: Sie fuhren mit dem Schiff von Bremen nach Brasilien, genauer nach Sao Franzisco do Sul. Das Schiff war mit 29 Passagieren einige Tage unterwegs.

Zischup: Es war bestimmt nicht einfach sich ein komplett neues Leben dort aufzubauen. Wie haben sie dann in Brasilien weitergelebt?
Körber: In Brasilien haben sie sich Land gekauft und versucht, mit der Landwirtschaft weiter zu machen. Natürlich ist es dort komplett anders gewesen als in Deutschland. Sie haben in einem kleinen Haus gelebt. Meine Mutter ist dann mit ihren Geschwistern dort zur Schule gegangen. Auch die Schule dort war ganz anders.
Zischup: Und weißt du, ob sie sich da wohl gefühlt hat?
Körber: Sie war ja noch ein Kind und konnte sich schnell daran gewöhnen. Ihre Mutter, meine Oma, war allerdings unglücklich und wollte zurück nach Deutschland, aber dafür hätten sie auch gar kein Geld mehr gehabt. Zum Beispiel vermisste sie ihr Honigbrot, welches sie in Deutschland immer gegessen hat, sehr.
Zischup: Sie hat dort auch deinen Vater kennengelernt, oder?
Körber: Genau, sie hat dort mit der Familie gelebt und dann meinen Vater kennengelernt. Ihr Mädchenname war Möhrle. Sie nahm den Nachnahmen Christ ihres Mannes an. Wir haben dann irgendwann ein kleines Hotel aufgemacht. Als wir älter waren, sind wir nach Sao Paula gegangen, haben dort gelebt, gearbeitet und ein normales Leben geführt.
Zischup: Hast du Geschwister?
Körber: Ja, fünf. Ich bin die Älteste.
Zischup: Habt ihr zuhause bei euch Deutsch gelernt und gesprochen?
Körber: Dort, wo wir gelebt haben, sprachen fast alle Deutsch. Meine Geschwister und ich haben alles verstanden, doch als wir dann zur Schule gegangen sind, wollten wir kein Deutsch mehr sprechen.
Zischup: Warum bist du wieder zurück nach Deutschland gekommen?
Körber: Wegen meines Mannes, den ich durch die Firma meines Onkels in Sao Paulo kennengelernt habe.
Zischup: 2015 hat deine Mutter dich in Deutschland besucht. Weißt du, wie es für sie war?
Körber: Zu mir sagte sie, dass sie viel lieber in Brasilien ist. Aber das ist ja auch verständlich, weil sie ihr ganzes Leben in Brasilien verbracht hat. Sie verstarb dann 2017 in Brasilien.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 20. Dezember 2019: PDF-Version herunterladen

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