Interview mit einer Balletttänzerin
"Man muss die Bühne mit dem rechten Fuß betreten"
Sonia Santiago ist gebürtige Spanierin, wuchs aber in Stuttgart auf. Sie tanzte für das Stuttgarter Ballett und unterrichtet jetzt junge Tänzer. Josepha Fehr und Philine Niethammer sprachen mit ihr über ihre Karriere.
Philine Niethammer, Josepha Fehr, Berthold-Gymnasium & Klasse 9b
Mo, 16. Apr 2012, 21:02 Uhr
Schülertexte
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Zischup: Wann haben Sie den Entschluss gefasst, professionell zu tanzen?
Santiago: Mit 15 oder 16 Jahren, weil ich mich dann entscheiden musste, ob ich Abitur machen oder Ballett tanzen will. Also habe ich nur Mittlere Reife gemacht und mir gesagt " Ich will es versuchen!"
Zischup: Wieso wollten Sie Tänzerin werden?
Santiago: Weil ich es so toll fand! Da ich schon so früh mit Ballett angefangen habe, konnte ich mir nicht mehr vorstellen, jetzt aufzuhören. Außerdem hatte ich meine ganze Ausbildung hindurch mit Fleiß und Arbeit Erfolg. Wenn man die weltberühmten Tänzer hier auf der Bühne sieht und miterlebt, hat man Lust es ihnen nachzumachen.
Zischup: Was war das Schönste an Ihrem Beruf als Tänzerin?
Santiago: Das Schönste ist es auf der Bühne zu stehen und Applaus zu bekommen. Es ist auch toll, so viel Neues zu erleben und in anderen Ländern aufzutreten.
Zischup: Woran denken Sie, wenn Sie tanzen?
Santiago: In erster Linie an die Schritte. Manchmal muss man sich sehr konzentrieren, dass man die Tanztechnik richtig beherrscht und nicht umfällt oder so. Bei leichteren Stücken aber nicht so sehr, es kommt darauf an. Generell aber habe ich immer versucht, Spaß zu haben und jeden Augenblick zu genießen.
Zischup: Welche Schwierigkeiten gab es auf dem Weg zu Ihrer Karriere?
Santiago: Die vielen Prüfungen, der Stress und vielleicht die Unsicherheit, dass man es nicht schafft. Das habe ich aber nie so empfunden. Man lernt sehr schnell sehr selbstsicher zu sein und das muss man auch. Wenn man wirklich tanzen will, Talent mitbringt und hart arbeitet, dann schafft man es auch. Nach meiner Ausbildung war ich noch nicht gut genug für das Stuttgarter Ballett, deshalb habe ich erst mal an anderen Theatern vorgetanzt, um Erfahrungen zu sammeln.
Zischup: Was hat ihre Familie dazu gesagt, dass Sie Tänzerin werden wollten?
Santiago: Meine Familie hat mich immer unterstützt. Ich komme aus einer Künstlerfamilie und ursprünglich wollte meine Mutter, dass ich zum Ballett gehe.
Zischup: Haben Sie einen Glücksbringer?
Santiago: Oh ja, viele. Wir Tänzer schenken uns gegenseitig Glücksbringer. Zum Beispiel kleine Stofftiere und Karten auf die wir "Toi Toi Toi" schreiben. Außerdem sind die meisten Tänzer sehr abergläubisch. Zum Beispiel betreten wir die Bühne immer mit dem rechten Fuß, pfeifen nicht im Theater und tragen keine Hüte, wenn wir das Theater betreten. Wenn ich einmal gut war, versuche ich, mich daran zu erinnern, was ich an diesem Tag anders gemacht habe. Dann versuche ich beim nächsten Mal alles genauso zu machen.
Zischup: Welche Rolle wollten Sie schon immer einmal tanzen?
Santiago: Die Rolle der Tatjana in Onegin. Das ist eigentlich eine Oper, es gibt aber auch ein sehr anspruchsvolles Ballett, das von John Cranko choreographiert wurde. Die Rolle habe ich dann auch wirklich getanzt und was ich an ihr so gerne mag ist, dass Tatiana sich im Laufe des Balletts stark verändert. Am Anfang ist sie jung und verträumt, wird dann aber älter und die Geschichte dramatischer.
Zischup: Sie sind ja nicht mehr auf der Bühne als Tänzerin zu sehen und sind jetzt Ballettlehrerin.
Santiago: Ja, ich arbeite sehr gerne mit Jugendlichen, die noch keine Ahnung vom Tanzen haben. Das Theater macht gerade solche Schulprojekte.
Zischup: Warum sind Sie Ballettlehrerin geworden und nicht zum Beispiel Dolmetscherin?
Santiago: Ganz einfach: Wenn man gerade aufgehört hat zu tanzen, weiß man erst mal nicht, was man machen soll. Ich habe keine andere Ausbildung oder das Abitur. Da liegt es nahe, weiter etwas mit Ballett zu machen. Man kann entweder eine eigene Schule gründen, oder einfach als Lehrerin arbeiten. Ich habe mich erst mal um meine Familie gekümmert, dann habe ich angefangen, als freie Lehrerin zu arbeiten.
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