Jedes Zeugnis kann ein Mahnmal sein
An der Freien Christlichen Schule (FCS) berichten eine Holocaust-Überlebende und ein Überlebender des Angriffs auf das Nova Festival 2023 von ihren Erlebnissen.
Wiebke Legler, Klasse Gym 9b, Freie Christliche Schule (Freiburg)
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Die erste Rednerin, die 88-jährige Irene Shashar, wurde 1937 in Warschau als Ruth Lewkowicz geboren. Sie erzählte von ihrer Kindheit im Warschauer Ghetto in der NS-Zeit. Ihr Vater wurde von den Nationalsozialisten erschlagen, als sie vier Jahre alt war. "Wir wussten, dass wir fliehen müssen, sonst würden wir nicht überleben", berichtet Shashar. Der Fluchtweg führte sie damals mit ihrer Mutter durch die Kanalisation Warschaus, bis sie einen nichtjüdischen Stadtteil erreichten. In ständiger Angst vor Entdeckung lebte sie dort als sogenanntes "verstecktes Kind". Nach dem Zweiten Weltkrieg fand sie Zuflucht in Paris, wo sie in einem Waisenhaus lebte, weil ihre Mutter rund um die Uhr arbeiten musste. Das Schicksal traf sie erneut, als ihre Mutter starb. Angehörige in Peru nahmen sie auf. Dort habe sie, so sagt sie, "die Kraft der Bildung entdeckt". Ein Studium in den USA ebnete ihren weiteren Weg, und sie wanderte später nach Israel aus, wo sie das jüngste Fakultätsmitglied an der Hebräischen Universität wurde.
Heute spricht Irene Shashar regelmäßig über ihre Geschichte, wie im Europäischen Parlament in Brüssel und bei Gedenkveranstaltungen in New York. "Wir dürfen nie vergessen, was damals geschah. Aber wir dürfen auch nie aufhören, an eine bessere Zukunft zu glauben", appellierte sie an das Publikum.
Während Irene Shashars Geschichte in der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurzelt, schildert der 22-jährige Eitan Halley eine viel jüngere Tragödie: den Terrorangriff auf das Nova Festival in Israel am 7. Oktober 2023.
Er besuchte damals mit drei Freunden das Open-Air-Festival, bis das Event binnen Minuten in ein Schlachtfeld verwandelt wurde. Gemeinsam mit 29 anderen Menschen suchte Halley Schutz in einem Bunker, der für weit weniger Personen gedacht war. Draußen hörte er arabische Stimmen. "Es war ein Albtraum", erinnert er sich. Niemand wusste, was genau los war. Terroristen warfen Granaten in den Eingang, ein IDF-Soldat namens Aner Shapira konnte viele davon im letzten Moment hinauswerfen. Dabei opferte er sein Leben, als eine Granate in seiner Hand explodierte. Halley trat dann an dessen Stelle und schaffte es, selbst drei Granaten wieder aus dem Bunker zu werfen, als eine Granate in seiner Umgebung explodierte und er bei der Detonation das Bewusstsein verlor. Als er wieder zu sich kam, musste er mitansehen, wie seine Freunde erschossen wurden. Er stellte sich tot und versteckte sich unter den Opfern, um zu überleben. Immer wieder blickten Hamas-Terroristen in den Bunker und schossen wild hinein. Von den 29 Menschen im Bunker wurden die meisten ermordet oder entführt. Insgesamt überlebten nur sieben. Nach sieben Stunden entdeckte ein Zivilist die Überlebenden. Dieser brachte sie umgehend in ein Krankenhaus. "Stellt Euch gegen Antisemiten und steht mit Israel", schließt Eitan seinen Bericht.
Es fand im Anschluss eine offene Fragerunde statt. Viele Anwesende wollten von den beiden erfahren, wie sie nach all dem weiterleben können und was die Gesellschaft daraus lernen sollte. Beide Redner betonten die Bedeutung von Bildung, Aufklärung und persönlichen Begegnungen als Schlüssel, um Hass und Fanatismus entgegenzutreten. Mit dem Ende der Veranstaltung blieb eine tiefe Nachdenklichkeit im Saal zurück. Die 88-jährige Holocaust-Überlebende und der 22-jährige Überlebende des Massakers zeigten eindrucksvoll, dass die Geschichte von der Vergangenheit bis ins Heute reicht – und dass jedes Zeugnis ein Mahnmal sein kann, damit sich der Abgrund menschlichen Handelns nie wiederholt.