"Im Meer wird man geerdet"
Er ist der erste deutsche Schwimmer, der die Ocean’s Seven Challenge absolvierte, die größte Herausforderung im Langstreckenschwimmen. Ein Interview mit dem Extremschwimmer André Wiersig (52). .
Flavia Vockel, Klasse 8c, Rotteck-Gymnasium (Freiburg)
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BZ: Wann haben Sie angefangen zu schwimmen?
Ich bin schon mit zehn, elf Jahren hier in Paderborn im Schwimmverein gewesen. Ich bin früher schon Wettkämpfe geschwommen und habe danach Triathlon gemacht, auch auf ziemlich hohem Niveau. Leistungssport war schon immer ein Bestandteil meines Lebens.
BZ: War es schon immer Ihr Traum Schwimmer zu werden?
Nee, nee, nee, ich hatte damals von einem Kanalschwimmer gehört oder im Englischbuch darüber gelesen, habe mich aber nie selber da gesehen. Es war unvorstellbar, bei so extremen Bedingungen im offenen Meer zu schwimmen. Im Schwimmbad regen sich die Menschen ja schon bei ganz kleinen Wellen auf.
BZ: Was macht Ihnen am Schwimmen Spaß?
Das Schwimmen an sich macht mir nicht so viel Spaß, mir geht es mehr darum, im Meer zu sein. Ich will mehr mit dem Meer verschmelzen und es spüren mit den ganzen Bedingungen, auch die, die nicht dazugehören.
BZ: Was bedeutet das Meer für Sie?
Im Meer wird man geerdet, man nimmt eine große Portion Demut mit. Im Meer wird einem auch erst klar, wie unwichtig der Mensch eigentlich ist. Ich möchte mit meinen Aktionen erreichen, dass die Menschen mehr Bewusstsein kriegen. Die Natur ist überlebenswichtig für uns.
BZ: Wie essen und trinken Sie, während Sie schwimmen? Wie ruhen Sie sich aus?
Alle 30 Minuten schmeißt mein Schwager Jürgen mir etwas zu. Das ist meistens Flüssignahrung. Man muss die Nahrung, die man zu sich nimmt, auch verstoffwechseln können. Da habe ich auch Jahre mit herumexperimentiert. Jeder muss selber schauen, was er zu sich nimmt. Und ausruhen kann ich mich nicht. Man kann sich das vorstellen wie eine lange Wanderung.
BZ: Mussten Sie mal eine Tour abbrechen?
Ja, meine Tour auf den Seychellen. Ich will es jetzt aber noch einmal probieren. Die Meeresströmungen verändern sich ja durch den Klimawandel.
BZ: Was war Ihre längste Tour?
Die dauerte 18,5 Stunden. Das war auf Hawaii. Ich bin da sehr viel nur auf der Stelle geschwommen. Auch auf dem Weg nach Helgoland bin ich fünfeinhalb Stunden nur auf der Stelle geschwommen.
BZ: Wie überwinden Sie ihre Angst? Im Meer schwimmen ja sehr viele gefährliche Tiere, wie schaffen Sie es da, ruhig zu bleiben?
Ich trainiere das. Ich schwimme ja in der Nacht und da ist es nochmal unheimlicher, weil man nicht weiß, was unter einem ist. Ich bin tatsächlich auch der erste Mensch, der mit Bullenhaien geschwommen ist. Bullenhaie haben den schlechtesten Ruf neben weißen Haien. Wenn du in solch einer Situation ruhig bleibst, bleiben die Tiere auch ruhig.
BZ: Warum schwimmen Sie in der Nacht?
Manchmal geht das gar nicht anders, weil die Strecken so lange sind, dass man sowieso in der Nacht schwimmen müsste. Man hätte zu wenig Tageslicht. Nachts ist auch weniger Wind und es sind weniger Haie unterwegs, da ihre potentiellen Beutetiere nachts nicht im offenen Meer schwimmen.
BZ: Haben Sie mal einen weißen Hai gesehen?
Ja, nur einen Meter von mir entfernt.
BZ: Gibt es ein beeindruckendes Erlebnis, das immer in Ihrem Kopf bleiben wird?
Ich bin in Australien für eine Doku mit Buckelwalen am helllichten Tag geschwommen. Das war total beeindruckend. Die Wale kommunizieren ja miteinander, es wird keiner ausgeschlossen. Diese Wale sind einfach die besseren Menschen.