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Zischup-Interview

"Ich arbeite gern mit jungen Menschen"

Ullrich Hildebrandt ist Chefarzt der Oberbergtagesklinik für Kinder und Jugendliche am Lorettoberg Freiburg. Ein Gespräch über seinen Arbeitsalltag und seine Aufgaben. .  

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Ullrich Hildebrandt Foto: Privat
Zischup: Was gefällt Ihnen an Ihrem Job?
Hildebrandt: Ich finde es total schön, dass ich einen Job habe, in dem ich mich selten fragen muss, ob ich was Gutes tue. Ich mag es total gerne, mit jungen Menschen zu arbeiten. Ich spreche gerne über Dinge, die helfen können, um mit den Schwierigkeiten zurechtzukommen. Das habe ich aber auch schon ganz lange so in mir drin. Eigentlich schon, seitdem ich Jugendlicher bin. Daher habe ich einen Job gefunden, der gut zu mir passt .

Zischup: Macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß?
Hildebrandt: Ja. Ich freue mich immer über Situationen, wenn man sieht, dass etwas passiert ist. Den Jugendlichen, die bei uns ankommen, fällt es zum Teil schwer, alltägliche Dinge zu meistern. Man behandelt ein paar Monate, und am Schluss sitzen Menschen vor einem, die wieder viele Dinge gut hinbekommen, die am Anfang noch schwierig waren.

Zischup: Welche Krankheiten müssen Sie am häufigsten behandeln?
Hildebrandt: Bei uns sind am häufigsten Patienten mit Ängsten und Depressionen. Wir haben auch immer wieder Patienten, die eine Essstörung haben. Und dann noch einige, die eine Reaktion auf irgendein schweres Lebensereignis haben, also eine Traumafolgestörung oder auch eine Anpassungsstörung. Eine Anpassungsstörung ist eine leichtere Reaktion auf irgendwas Schlimmes, was passiert ist. Und eine Traumafolgestörung ist wirklich ein ganz schweres, schlimmes Ereignis, mit dem man schwer zurechtkommen kann.

Zischup: Wie viele Plätze gibt es hier?
Hildebrandt: Wir haben im Moment 13 Behandlungsplätze. Wir haben vor etwa anderthalb Jahren angefangen mit ganz wenigen Patienten. Im Vollausbau können wir etwa 15 Patienten behandeln.

Zischup: Wie ist hier ein Tag gestaltet?
Hildebrandt: Vormittags gehen die Patienten entweder in die Klinikschule oder in die eigene Schule. Um 12 Uhr sollten alle Patienten da sein. Vor dem Mittagessen findet eine offene Gesprächsrunde statt, bei der der vorige Tag mit jedem einzelnen besprochen wird. Anschließend gibt es ein gemeinsames Mittagessen. Danach beginnen die Einzeltherapien. Jeder Patient hat normalerweise zwei Mal 50 Minuten Einzeltherapie in der Woche. Im Anschluss gibt es verschiedene Gruppentherapien. Und 17 Uhr ist die Abschlussrunde bis 17.30 Uhr.

Zischup: Gefällt es den Kindern und Jugendlichen hier?
Hildebrandt: Vielen erstmal nicht, weil ja die meisten herkommen und am liebsten keine Hilfe notwendig haben würden. Sie würden das eigentlich lieber alleine schaffen. Es ist ein Prozess, zu verstehen, was passiert hier überhaupt genau? Wie sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Ich glaube, dass es den meisten im Verlauf der Behandlung dann doch ganz gut gefällt. Aber es gibt sicher auch immer wieder welche, die es durchgängig doof finden, die da sind, weil die Eltern es wollten, und die selbst gar keine Unterstützung annehmen wollen.
Zischup: Was ist am anstrengendsten an Ihrem Job?
Hildebrandt: Ich bin ja auch noch Chefarzt. Tatsächlich finde ich das Anstrengendste, das, was nicht mit dem Patienten zu tun hat. Das heißt, immer wieder darüber nachzudenken, wie sich die Klinik trägt, wie wir sie finanzieren, wie wir gute Mitarbeiter bekommen. Und natürlich ist es auch anstrengend, wenn wir einen Patienten haben, dem es richtig schlecht geht, der akut Hilfe braucht. Da spielen oft Sorgen mit und wir müssen überlegen, ist er oder sie sicher genug, wird ihm oder ihr auch nichts passieren. Aber das ist eine positive Form von Anstrengung, weil ganz klar ist, dass wir es möglichst gut machen wollen und das Ziel auch gut ist.

Zischup: Für welche Menschen empfehlen Sie diese Klinik?
Hildebrandt: Ich würde sie denjenigen empfehlen, die schon mal bei einem ambulanten Therapeuten waren und merken, dass das nicht ausreicht. Wenn jemand wirklich lange Zeit schlecht drauf ist, viel traurig ist, viel in ganz, ganz negativen Gedanken versunken ist. Wenn es Leuten schwerfällt, Dinge, die sie eigentlich jeden Tag machen wollen, zu erledigen. Also wenn jemand nicht mehr in die Schule gehen kann. Wenn jemand keinen guten Kontakt mehr mit seiner Familie hat, mit seinen Freunden hat und merkt, er verändert sich und distanziert sich oder geht immer weiter weg von den Dingen, die ihm eigentlich wichtig sind. Eben weil er traurig ist oder vor irgendetwas Angst hat oder weil er merkt, dass das Essen zu einem zu großen Thema wird.

Zischup: Welche Ausbildung braucht man für Ihren Beruf?
Hildebrandt: Um Kinder- und Jugendpsychiater zu werden, muss man sechseinhalb Jahre Medizin studieren. Danach kann man ins Berufsleben starten, ist aber dann noch fünf Jahre Assistenzarzt. Das heißt, man muss unter Anleitung arbeiten. Man hat einen Oberarzt, der die Arbeit beaufsichtigt. Nach fünf Jahren kann man die Facharztprüfung machen und dann darf man formal selbstständig arbeiten. Psychologen haben ein etwas kürzeres Studium.

Zischup: Bereuen Sie manchmal, sich für diesen Beruf entschieden zu haben?
Hildebrandt: Selten, würde ich sagen. Manchmal wenn ich so einen richtig schlimmen Tag hatte und abends nach Hause komme, denke ich auch: Warum machst du das eigentlich? Aber insgesamt finde ich es echt einen coolen Job und ich bin froh, dass ich den habe.

Zischup: Schaffen Sie es, abzuschalten, nach dem Feierabend?
Hildebrandt: Meist kann ich ganz gut abschalten. Ich glaube, das ist auch eine Eigenschaft, die es mir möglich macht, den Job auszuüben. Aber es gibt auch Tage, an denen ich abends noch mal überlege: Was kann man da machen?

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 26. April 2024: PDF-Version herunterladen

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