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Zischup-Interview

"Es ist so, wie es ist"

Der 30-jährige Kevin Eikmeyer sitzt im Rollstuhl und lebt in einer Mietwohnung. Yola Schwarz aus der Klasse 9c des Wentzinger-Gymnasiums in Freiburg hat sich mit ihm über seinen Alltag unterhalten. Yola Schwarz, Klasse 9c, Wentzinger-Gymnasuim Freiburg  

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Kevin Eikmeyer   | Foto: Yola Schwarz
Kevin Eikmeyer Foto: Yola Schwarz
Zischup: Aus welchem Grund sind Sie auf den Rollstuhl angewiesen?
Eikmeyer: Ich hatte Pech bei der Geburt und eine infantile Cerebralparese, also einen Sauerstoffmangel. Die Folge ist eine spastische Lähmung in den Beinen, sodass ich meine Beine nicht so steuern kann wie du jetzt zum Beispiel. Ich kann nicht einfach einen Schritt nach vorne machen. Das geht nur, wenn ich mich sehr anstrenge und mit Hilfe. Dadurch bin ich auf den Rollstuhl angewiesen.
Zischup: In welchen Situationen im Alltag benötigen Sie Hilfe?
Eikmeyer: Morgens ist die Spastik am stärksten, da machen die Muskeln noch weniger das, was sie sollen. Ich bin darauf angewiesen, dass mich jemand aus dem Bett holt. Auch beim Toilettengang brauche ich Hilfe, ganz einfach aus Sicherheitsgründen, dass ich nicht umfliege oder mich neben das Klo setzte. Ansonsten kann ich meinen Alltag ganz gut selber bewältigen, mein Essen bereite ich mir zum Beispiel selber zu.

Zischup: Sind sie direkt von ihrem Elternhaus in diese Wohnung gezogen?
Eikmeyer: Nein, ich habe erst zwei Jahre in einem Trainingswohnen gewohnt. Da sind junge Erwachsene, die das Ziel haben, selbstständig zu wohnen. Mir wurde gezeigt, wie ich, trotz meines Handicaps, am besten meinen Alltag bewältigen kann. Danach bin ich in eine ambulant betreute Wohngemeinschaft gezogen. Das erste halbe Jahr war in Ordnung, dann gab’s Reibereien zwischen den Mitbewohnern. Das war keine so einfache Zeit. Aber viele gute Freunde und meine Eltern haben mir darüber hinweg geholfen. Innerhalb der Einrichtung konnte ich dann in eine eigene Wohnung ziehen und seit dem geht’s bergauf!
Zischup: Was ist besonders an der Wohnung?
Eikmeyer: Hier in dieser Einrichtung gibt es einen 24-Stunden-Assistenzdienst, das heißt ich kann auf einen Knopf drücken und dann kommt jemand. Das verleiht mir, trotz meiner Einschränkung, eine gewisse Form von Freiheit und Eigenständigkeit. Vorher in der Wohngemeinschaft war ich auf den Pflegedienst angewiesen, morgens und abends. Je nachdem, ob man einen Termin hatte, konnte das eng werden. Jetzt kann ich entscheiden, wann ich aufstehen und ins Bett gehen möchte und brauche ihn nur noch zum Duschen.

Zischup: Haben Sie eine Berufsausbildung gemacht?
Eikmeyer: Ich habe zwischen 2010 und 2013 im Berufsförderungswerk in Ludwigsburg die Ausbildung als Bürokraft durchlaufen. Wenn es aus behinderungsbedingten Gründen nicht zum Bürokaufmann reicht, kann man diese Ausbildung machen und das ist dann die Bürokraft. Vor kurzem erst habe ich noch die Maßnahmen zur Förderung der Jobsuche beendet. Vom Jobcenter werde ich nicht mehr unterstützt, deren Alternative wäre die Werkstatt für Menschen mit Behinderung.
Zischup: Wie ist das mit der Unterstützung bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel?
Eikmeyer: Bei Fernzügen ist, je nachdem, wo ich hin fahren möchte, eine Voranmeldung gewünscht. Sonst gibt es keine Garantie, dass sie einen mitnehmen. Bei der Straßenbahn kann man den Fahrer ansprechen und ihn bitten, die Rampe heraus zu klappen. Da ich vor ein paar Jahren, trotz Rampe, rückwärts aus der Straßenbahn geflogen bin, bitte ich grundsätzlich immer Passanten um Hilfe. Man entwickelt mit der Zeit ein Auge, wen man ansprechen kann.
Zischup: Welche Pläne oder Ziele haben sie für ihre Zukunft?
Eikmeyer: Ich möchte so lange wie möglich gesund bleiben und in meiner eigenen Wohnung leben können.
Mein Fazit nach sieben Jahren Jobsuche und nahezu 250 Bewerbungen ist, dass meine Ausbildung nur auf dem Papier existiert. Aber während der Maßnahme habe ich ein Praktikum bei der Hospizgruppe Freiburg gemacht und kann dort jetzt auf Honorarbasis als Teilzeitkraft beginnen. Ich lasse jetzt mal alles auf mich zukommen und genieße, dass es so ist, wie es ist.

Ressort: Schülertexte

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