"Die meisten sind dankbar"
ZISCHUP-INTERVIEW mit dem Notarzt Thorsten Simon über das, was er bei seinen Einsätzen erlebt.
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Die Zischup-Reporterinnen Jessica Remenji und Florentine Simon haben den Notarzt Thorsten Simon, Florentines Vater, interviewt. Sie wollten von ihm wissen, wie man auf die Idee kommt, Notarzt zu werden, wie ein Einsatz abläuft, welche Höhen und Tiefen es gibt und was seine spannendsten und extremsten Erfahrungen waren. Die beiden Schülerinnen gehen in die Klasse 8c der Staudinger Gesamtschule in Freiburg.
Simon: Ich hatte mir in der 12. oder 13. Klasse überlegt, Medizin oder Architektur studieren zu wollen. Da ich gleich beim ersten Versuch einen Medizinstudienplatz in Freiburg bekam, war der Architekt gestorben. Über einige Umwege bin ich schließlich in der Anästhesie gelandet. Und die meisten Anästhesisten arbeiten auch als Notarzt.
Zischup: Wie wird man Notarzt?
Simon: Man sollte sich nicht vor Körperflüssigkeiten ekeln. Früher oder später bekommt man alles zu sehen. Darüber hinaus sollte man einen gewissen Blick für die Patienten haben. Wenn das kein Problem ist, muss man zunächst Medizin studieren und eine Zeit als Arzt arbeiten. Dann muss man einige Einsätze unter der Leitung eines erfahrenen Kollegen oder einer erfahrenen Kollegin mitmachen und einen Kurs besuchen, bei dem etwas über die häufigsten Notarzteinsätze erklärt wird. Zum Schluss gibt es dann noch eine Prüfung.
Zischup: Würden sie diesen Beruf wieder ergreifen?
Dr. Simon: Ich denke ja. Es ist schon etwas Besonderes. Egal ob arm oder reich, Messie oder sonst was, die Allermeisten sind dankbar, wenn wir kommen, lassen uns in ihre Wohn- und Schlafzimmer. Und trotz aller Routine gibt es immer wieder komplett neue Situationen, in denen es gilt, mit einem Minimum an diagnostischen Mitteln herauszufinden, was ursächlich für die aktuellen Probleme des Patienten ist und eine passende Behandlung zu beginnen. Das ist manchmal wirklich spannend.
Zischup: Was gefällt Ihnen nicht?
Simon: Ein ereignisloser Dienst mit einem Einsatz unmittelbar vor Dienstende.
Zischup: Was war ihr schlimmster Einsatz?
Simon: Ein siebenjähriges Mädchen, das bei einem eigentlich unproblematischen Verkehrsunfall starb, weil es zwar angeschnallt war, aber nicht in einem geeigneten Kindersitz saß. Die einzige Patientin, deren Namen ich nach Einsatzende nicht vergessen habe.
Zischup: Was war Ihr schönster Einsatz?
Simon: Eine Wasserleiche, die schon einige Tage im Rhein trieb, ehe sie entdeckt wurde. Die Feuerwehr mühte sich an einem wunderschönen Sommertag mit Schlauchbooten fast zwei Stunden ab, ehe es ihr gelang, den Körper aus dem Uferdickicht zu befreien. Zwischenzeitlich sonnten wir uns am Rheinufer. Als die Leiche endlich geborgen war, stellte ich den Tod fest und bin gegangen.
Zischup: Wie viele Einsätze haben Sie pro Tag?
Simon: Das ist von Notarztstandort zu Standort unterschiedlich. Die Notärzte sind so postiert, dass sie nach Möglichkeit innerhalb gesetzlicher Fristen bei den Patienten sind. Es gibt Standorte mit nur ein, zwei Einsätzen in 24 Stunden, bei uns sind es im selben Zeitraum rund sechs. Wie lange ein Einsatz dauert, hängt mit davon ab, wie weit es zum nächsten geeigneten Krankenhaus ist. Im Durchschnitt dauert ein Einsatz bei uns ziemlich genau eine Stunde.
Zischup: Was macht ein Notarzt, wenn er keinen Einsatz hat?
Dr. Simon: Tagsüber arbeiten die meisten in einem Krankenhaus, manche in einer Praxis und rücken nur aus, wenn ein Alarm kommt. Abends, nachts und am Wochenende haben sie kaum etwas zu tun. Sie können surfen, lesen, schlafen oder fernsehen. Daher verdienen sie aber auch deutlich weniger als andere Ärzte.
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