Zischup-Interview

"Die große Dankbarkeit der Patienten ist eine zentrale Motivation"

Harald Behmel arbeitet als Gesundheits- und Krankenpfleger für Onkologie und Palliative Care in der ambulanten Palliativversorgung der Uniklinik Freiburg. Er erzählt, was seine Arbeit ausmacht. .  

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Harald Behmel  | Foto: Privat
Harald Behmel Foto: Privat
Zischup: Welche Aufgaben haben Sie als Palliativkrankenpfleger?
Behmel: Meine Hauptaufgabe ist, körperliches und seelisches Leid von unheilbar und schwer Erkrankten und deren Angehörigen zu lindern. Dazu gehört, die Medikamentendosis zu überwachen und anzupassen, die häusliche Versorgung zu organisieren und auf Notsituationen zu reagieren. Wichtig ist das vor allem im Hinblick darauf, Krankenhauseinweisungen zu verhindern und das Sterben zu Hause zu ermöglichen. Denn dies ist meist der vordringlichste Wunsch der Klienten.

Zischup: Seit wann sind Sie Palliativkrankenpfleger?
Behmel: Gesundheits- und Krankenpfleger (GKP) bin ich seit 20 Jahren, die Zusatzqualifikation Palliative Care habe ich seit 13 Jahren. Vorwiegend als Palliativpfleger arbeite ich seit etwa neun Jahren.

Zischup: Wie wird man Palliativkrankenpflegerin oder -pfleger?
Behmel: Das Arbeiten mit Sterbenden empfand ich schon immer als sehr interessant und herausfordernd. Deshalb habe ich mich 2009 entschieden, die zweijährige Weiterbildung zum Fachkrankenpfleger für Palliativ Care an der Akademie für medizinische Berufe am Uniklinikum Freiburg zu machen. Im Übrigen ist es eher ein allmähliches Hineinwachsen in diesen Bereich als eine bewusste Entscheidung.

Zischup: Welche Voraussetzungen sollte man in Ihrem Beruf erfüllen?
Behmel: Abgesehen von einer abgeschlossenen Berufsausbildung als GKP ist eine langjährige Berufserfahrung vorauszusetzen, ein eingehendes Beschäftigen mit Trauerprozessen und natürlich Erfahrung in der Pflege Sterbender – sowie nicht zuletzt in der Begleitung der Angehörigen. Wichtig zudem sind Fähigkeiten und Erfahrungen in den Bereichen Kommunikation, Schmerztherapie und so weiter. Die Zusatzqualifikation Palliative Care erwirbt man in der Regel im Verlauf dieses ganzen Prozesses.

Zischup: Wie sieht ein normaler Arbeitstag von Ihnen aus?
Behmel: Ich komme morgens um acht Uhr ins Büro, dann ist zunächst die Übergabe der Rufbereitschaft. Außerhalb der regulären Arbeitszeiten sind immer eine Ärztin oder ein Arzt und eine Palliativpflegerin oder ein -pfleger für Notfälle im Rufdienst, sodass wir 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr erreichbar sind. Wir sind ein Team aus Pflegenden, Ärzten und einer Sozialarbeiterin und gemeinsam wird der Arbeitstag geplant und die verschiedenen Aufgaben werden verteilt. Nach der Übergabe rufe ich meine Patienten an, um zu hören, wie es ihnen geht. Bei Bedarf fahre ich persönlich hin und regele alles Notwendige, beispielsweise lege ich einen Zugang und leite Angehörige an, Schmerz- und Beruhigungsmittel zu spritzen, wenn der Patient oder die Patientin zu schwach ist, um Tabletten zu schlucken. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Ärzten im Team. Ich organisiere notwendige Hilfsmittel und Medikamente und ziehe bei Bedarf andere externe Dienstleister wie Pflegedienste oder ambulante Hospizbegleiter hinzu. Wenn die Angehörigen Ängste oder Sorgen haben oder Probleme bei der Betreuung, können sie mich jederzeit anrufen und ich kümmere mich um Abhilfe.

Zischup: Was gefällt Ihnen an dem Beruf?
Behmel: Dass wir Menschen aus großer Not helfen können und die große Dankbarkeit der Patientinnen und Patienten und der Angehörigen ist natürlich eine zentrale Motivation. Die Arbeit ist extrem abwechslungsreich. Man muss stets wach sein, um den unterschiedlichsten Bedürfnissen sowie medizinischen Problemlagen zugleich individuell wie fachlich professionell begegnen zu können. Das Arbeiten im Team und zugleich sehr eigenverantwortlich ist nach all den Jahren unverändert reizvoll.

Zischup: Welche negativen Seiten hat Ihr Beruf?
Behmel: Eine Vollzeitstelle in diesem Beruf ist mit einer Familie oft schwer zu vereinbaren, da man oft viel Zeit braucht, um belastende Dinge, die man bei der Arbeit erlebt hat, zu verarbeiten. Deshalb arbeite ich auch nur in Teilzeit. Die meisten meiner pflegerischen Kollegen arbeiten daher auch in Teilzeit. Während der Rufbereitschaft, die zusätzlich zu der regulären Arbeitszeit nachts und an Wochenenden sowie an Feiertagen geleistet wird, muss natürlich im Falle meiner Abwesenheit die Kinderversorgung durch meine Frau gewährleistet sein. Daher hat sie dann auch nicht unbedingt frei. Wenn währenddessen an einem Wochenende viel Arbeit anfällt, kann es sein, dass man zwölf Tage am Stück arbeitet. Das ist dann sehr anstrengend.

Zischup: Kann man von Ihrem Gehalt eine Familie ernähren?
Behmel: Obwohl die Bezahlung in den letzten Jahren besser geworden ist, ist es nicht möglich, beispielsweise allein von meinem Gehalt eine fünfköpfige Familie zu ernähren. Dazu sind die Mieten und Lebenshaltungskosten hier in Freiburg zu hoch. Meine Frau arbeitet natürlich auch. Ohne ihr Gehalt würde es nicht gehen, unsere Familie zu unterhalten.

Zischup: Was war Ihr schönstes Erlebnis?
Behmel: Ein "schönstes Erlebnis" als solches gibt es eigentlich nicht, aber es ist sehr schön zu erleben, wenn Menschen, die am Anfang der Zusammenarbeit noch völlig verzweifelt waren, sich durch unsere Arbeit entspannen können und man dann im Kreise der Familie bei einem Kaffee zusammensitzt und sogar gemeinsam lachen kann, trotz der unverändert voranschreitenden Erkrankung.
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