"Den Leistungssport in ein vielfältiges Leben integrieren"
Vom Weltmeistertitel zur Mentorinnenrolle: Wie die frühere Weltmeisterin im Trampolinturnen, Susanne Schöffler, junge Talente fördert. Ein Interview.
Grischa Keetman, Klasse 9b, Rotteck-Gymnasium (Freiburg)
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BZ: Wie sind Sie zum Sport gekommen und welchen Stellenwert hat der Sport für Sie?
Ja, das war tatsächlich Zufall, dass ich zum Trampolinturnen gekommen bin. Mit sechs Jahren sollten meine Geschwister und ich uns eine Sportart aussuchen. Dann sind wir zur FT, der Freiburger Turnerschaft, gegangen und da stand ein Trampolin in der Halle – das fand ich super. Ja, und da bin ich dabeigeblieben. Bis heute spielt das Trampolin eine Rolle in meinem Leben. Ich arbeite mit dem Trampolin in verschiedenen Trainingsgruppen und habe auch aus der damaligen Zeit viele internationale Freundschaften geschlossen. So bleibt das Trampolin auch jetzt, mit über 60 Jahren, ein wichtiger Teil meines Lebens.
BZ: Welche Werte und Erfahrungen können Sie vom Sport auf Ihr Leben übertragen?
Es macht Spaß, sich anzustrengen, Dinge auszuprobieren, und das, was man mit Freude macht, gelingt einem meist auch ziemlich gut. Beim Trampolin ist es zum Beispiel so, dass man abspringt, in der Luft dann wirklich spektakuläre Salto- und Schrauben-Drehungen macht – und dann kommt das Wichtigste: wieder stabil auf dem Trampolin zu landen. Dafür braucht man viel Vertrauen in die eigene Bewegung und das eigene Können. Dieses Gefühl ist durch meine Erfahrungen heute noch da – dass ich etwas ausprobieren kann, dass ich etwas machen kann, und irgendwie gelingt es mir. Und wenn es mal nicht so gut gelingt, dann findet man trotzdem einen Weg, wieder auf die Beine zu kommen. Das kann ich auf mein ganzes Leben übertragen.
BZ: Was hat Sie dazu bewogen, nach der aktiven Karriere als Betreuerin von Leistungssportlern im Freiburger Sportinternat zu arbeiten?
Es ist sehr spannend, Jugendliche zu begleiten, die ähnliche Lebenssituationen haben wie ich damals – nämlich Schule, Sport, Freunde, Familie und Freizeit unter einen Hut zu bringen. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Es macht mir richtig Freude, im Sportinternat mitzuerleben, mit welcher Leidenschaft und welchem Engagement die jungen Sportler ihren Sport ausüben. Da fühle ich mich doch auch ein bisschen in meine eigene Zeit zurückversetzt – nur dass ich dieses Mal nur zuschauen und zuhören kann. Und dass ich mich jetzt nicht mehr so anstrengen muss – das machen jetzt die jungen Sportler.
BZ: Welche Erfahrungen helfen Ihnen heute bei der Arbeit mit den jungen Athleten, und was wollen Sie den Jugendlichen in ihrer Zeit im Internat mitgeben?
Ich versuche, den Jugendlichen mitzugeben, dass der Sport natürlich ein ganz wichtiger Teil ihres Lebens ist – dass sie aber auch Jugendliche sind und dass es sich lohnt, Erlebnisse und Erfahrungen außerhalb des Sports zu sammeln. Dass es sich auch lohnt, gelassen und motiviert zu bleiben, wenn es mal nicht so läuft.
Dazu habe ich auch eine eigene Erfahrung aus meiner Karriere: Als ich mit 19 Jahren Weltmeisterin und Vizeweltmeisterin wurde, war das natürlich ein überwältigender Erfolg. Doch ein Jahr später hatte ich einen schweren Motorradunfall, seitdem habe ich einen gelähmten Arm. Trotzdem habe ich zwei Jahre später mit dieser Behinderung wieder in der Nationalmannschaft an Welt- und Europameisterschaften teilgenommen.
Die Erfahrung, dass man auch nach unvorhergesehenen oder dramatischen Ereignissen trotzdem noch die Möglichkeit hat, weiterzumachen und etwas zu erreichen, mit dem man zufrieden ist, prägt mich bis heute. Vielleicht kann ich für die eine oder den anderen damit auch ein Vorbild sein.
BZ: Welche Herausforderungen haben junge Leistungssportler und -sportlerinnen heute? Wie lässt sich das meistern?
Definitiv sind die Trainingsumfänge größer geworden. Der Zeitaufwand ist enorm, was die jungen Athleten und Athletinnen heute leisten. Auch die Professionalisierung im Sport hat sich stark weiterentwickelt. Das ist einerseits gut und wichtig, bedeutet aber auch weniger Freiheit darin, wie die Jugendlichen ihre Sportart ausüben.
Dann finde ich auch die sozialen Medien eine zusätzliche Herausforderung. Die Jugendlichen wollen und müssen präsent sein – das ist zeit- und ressourcenintensiv. Gleichzeitig macht es sie auch angreifbar, bis hin zu übergriffigen Erlebnissen oder sogar Hass-Posts. Das ist etwas, das ich in meiner Zeit so nicht erlebt habe. Um all das zu meistern, halte ich es für wichtig, dass die jungen Athletinnen ein stabiles Umfeld haben – Menschen, denen sie vertrauen, die sie unterstützen und die sie aber auch schützen. Da sind Familie, Freunde und Trainer gefragt – aber ganz besonders auch wir Pädagoginnen und Pädagogen im Sportinternat.
BZ: Was macht für Sie eine erfolgreiche Sportlerin, einen erfolgreichen Sportler aus?
Erfolg bedeutet für mich nicht nur Medaillen und Ergebnisse, sondern dass man den Leistungssport als einen Teil eines vielfältigen und zufriedenen Lebens integriert.