Zischup-Interview
"Barack Obama hat Respekt vor Deutschland"
Kaum jemand in Deutschland kennt Barack Obama so gut wie Christoph von Marschall. Er ist der einzige Journalist, der ständig Zutritt ins Weiße Haus hat. Seine Nichte Stephana von Marschall hat ihn interviewt.
Stephana von Marschall, Klasse 8 a & Goethe-Gymnasium Freiburg
Fr, 9. Dez 2011, 7:53 Uhr
Schülertexte
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Zischup: Sie haben 2007 ein Buch über Barack Obama geschrieben, was haben Sie gefühlt, als er 2008 mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt worden war?
Christoph von Marschall: Es war ein außerordentlicher Moment in Amerikas Geschichte: Der erste schwarze Präsident. Damals war die ganze Nation stolz, dass dies möglich war, inzwischen hat sich die Stimmung etwas geändert.
Zischup: Wie beurteilen Sie die Chancen für Obamas Wiederwahl im Jahr 2012?
von Marschall: Die Chancen sind nicht sehr gut, aber es ist auch nicht aussichtslos. Wirtschaftlich geht es Amerika schlecht, viele Menschen haben keine Arbeit. Die Bürger sind unzufrieden. Die Schuld geben sie dem Mann, der jetzt an der Macht ist, also Obama. Die Chancen, dass er wiedergewählt wird, stehen 50 zu 50.
Zischup: Sie haben auch ein Buch über die First Lady, Michelle Obama geschrieben. Welchen persönlichen Eindruck haben Sie von ihr?
von Marschall: Sie ist eine herzliche Frau, die offen auf Menschen zugeht. Sie mischt sich nicht in die tägliche Politik ein, sondern unterstützt viele soziale Projekte. Sie fördert auch die gesunde Ernährung und den Sport.
Zischup: Wie beurteilen Sie Obamas augenblickliche Stellung in den Vereinigten Staaten?
von Marschall: Die Zustimmung zu Obamas Politik ist auf 43 Prozent gefallen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung findet den Kurs nicht gut. Das ist die schlechte Seite für ihn, aber von den Republikanern sind die Wähler auch nicht begeistert. Es herrscht eine ganz andere Stimmung als 2008. Damals gab es viel Euphorie, die Mehrheit hoffte auf Wandel. Heute sind die Menschen zornig wegen der schlechten Wirtschaftslage. Die Wahl gewinnen wird derjenige, der weniger Ablehnung hervorruft.
Zischup: Wie ist das Verhältnis von Obama zu Deutschland?
von Marschall: Barack Obama hat Respekt vor Deutschland, er lobt zum Beispiel die Energiepolitik, Wind- und Sonnenenergie. Er hat auch ein gutes Verhältnis zu Kanzlerin Merkel, aber manches an Deutschland sehen die Amerikaner auch kritisch. Sie hoffen zum Beispiel, dass Deutschland die Eurokrise rasch beendet und dass Deutschland mehr Geld für das Militär ausgibt.
Zischup: Was denken Sie über Obamas Familienleben?
von Marschall: Obama ist ein liebevoller Vater, der zum Beispiel zu den Fußballspielen seiner Töchter geht und ihnen aus Büchern vorliest. Aber er erwartet auch, dass sie ihre Hausaufgaben machen und sich selbst den Wecker stellen, damit sie rechtzeitig für die Schule aufstehen.
Zischup: Kann Barack Obama seine Töchter vor den Medien schützen?
von Marschall: Ja. Michelle und Barack Obama erlauben keine Interviews mit Malia und Sasha und verhindern auch, dass andere Kinder in der Schule über sie reden.
Zischup: Barack Obama hat seinen Vater kaum gekannt, hat diese Tatsache Einfluss auf sein Leben?
von Marschall: Ja, das ist ein Grund mehr dafür, dass er ein guter Vater sein will und sich Zeit für seine Familie nimmt, denn er hat darunter gelitten, dass sein Vater sich so wenig um ihn gekümmert hat.
Zischup: Wie war sein Verhältnis zu der Familie seines Vaters?
von Marschall: Als er jünger war und studiert hat, hat er die Familie seines Vaters in Afrika besucht, aber in den letzten Jahren hatte er nach meiner Kenntnis keinen engen Kontakt mehr zu Auma und den anderen Obamas in Kenia.
Zischup: Wie populär oder nicht populär ist Obama in USA heute?
von Marschall: Die Zustimmung zu seiner Politik ist, wie gesagt, nicht mehr hoch. Aber den Menschen Barack Obama mögen rund 60 Prozent der Amerikaner immer noch.
Zischup: Wie akzeptiert die Amerikanische Bevölkerung einen halbschwarzen Präsidenten?
von Marschall: Die Amerikaner waren 2008 stolz darauf, dass seine Hautfarbe keine Rolle bei der Wahl gespielt hat, und auch heute ist das kein messbarer Nachteil für ihn. Es gibt natürlich in jedem Land Bürger, die Vorurteile gegen Menschen haben, die anders aussehen, aber das ist eine relativ kleine Minderheit in Amerika und nicht wahlentscheidend.
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