Wie ein Apfelbaum und ein Kochgeschirr zu Lebensrettern wurden
Bernhard Hermann muss im Zweiten Weltkrieg einen starken Schutzengel gehabt haben / Der Soldat überlebte mehrfach Bombenangriffe und schwere Krankheiten.
Julia Hermann, SG9B &
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Seine Einheit wurde kurz nach der Invasion der Alliierten in die Normandie verlegt. Als sie auf dem Weg dorthin Avranches hinter sich gelassen hatten, erfolgte ein Bombenangriff auf den Ort. Die Invasionstruppen näherten sich seiner Wagenkolonne. Diese befand sich gerade vor Vire, als die Doppelrumpfjagdflugzeuge auf sie stießen. Hermann blieb alleine auf der Straße zurück.
Vor ihm war die zerbombte Stadt Vire, und über ihm kreisten die Jagdbomber. Also lief er schnell zu einem nahegelegenen Obstgarten. Er konnte sich gerade noch unter einem Apfelbaum verstecken, als die MG-Salven rechts und links an ihm vorbeisausten. Später besuchte er den Apfelbaum, der sein Leben gerettet hatte, mit seiner Familie.
Nach weiteren gefährlichen Luftangriffen wurde Hermann krank. Der Arzt stellte eine starke Diphterie fest. Auch davon konnte er sich erholen und hatte hier wieder Glück im Unglück, da während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit seine Einheit schwer getroffen wurde und es Tote und Verwundete gab. Nach seiner Genesung kam seine Einheit nach Pommern und wenig später nach Berlin.
Nach dem Bekanntwerden von Hitlers Tod machten sich alle zum Aufbruch in die Heimat bereit. Doch sie wurden von russischen Soldaten aufgehalten. Hermann suchte Schutz in einem der Häuser, aber diese waren alle mit Brettern verriegelt. Schließlich wurde er von einem deutschen Panzer mitgenommen. Auf der Fahrt wurde er zwei Mal angeschossen, doch die Kugeln wurden von seinem Kochgeschirr abgewehrt.
Später ging es zu Fuß weiter durch das umkämpfte Berlin. Als sie eine Weile gelaufen waren, entdeckten sie russische Soldaten, die ihnen zuwinkten. Einige deutsche Soldaten schossen sofort auf die Russen. Plötzlich kam eine russische Motorradkolonne mit einem Panzerspähwagen auf sie zu. Es gab keine andere Möglichkeit, als sich zu ergeben. Hermann musste sich an einen Baum stellen, ein Soldat zielte mit seinem Gewehr auf ihn. Hermann erwartete, dass er in der nächsten Sekunde tot sein würde. Doch plötzlich nahm einer der anderen russischen Soldaten dem Kameraden das Gewehr weg und gab Hermann die Hand. Dieser Soldat hat ihm das Leben gerettet. "Damals sind in Berlin über eine halbe Million Soldaten gefallen. Das hätte ja auch ich sein können", erzählt er.
Später wurde Hermann in ein Gefangenenlager gebracht. Dort waren rund 20 000 Gefangene eingesperrt. Als die Ruhr ausbrach, traf es auch Hermann. Es gab keine Medikamente, also aß und trank er drei Tage nichts, um dann die wenig aufgesparte Nahrung auf einmal zu essen. Nach drei Tagen ging es ihm besser. Mit dem Zug wurden die Gefangenen in ein weiteres Lager in der Ukraine, nach Lugansk, gebracht, wo jeder hart arbeiten musste. "Wenn du Gefangener bist, gibt es keine Freiheit mehr", erinnert sich Hermann. Er erkrankte wieder an Diphterie und bekam im Lazarett zum ersten Mal richtige Aufbauverpflegung. Doch bevor er ganz gesund war, schickte der Arzt ihn zurück ins Lager. Nach weiteren grausamen Wochen dort brachten die Russen ihre Gefangenen mit dem Zug nach Frankfurt an der Oder und entließen sie dort. Mit dem Kohlenzug fuhr Hermann mit einigen Kameraden über die Zonengrenze, vom russischen ins englische Gebiet. Die Russen ließen sie passieren. Als die Grenze überschritten war, stimmten alle erleichtert in das Lied "Großer Gott, wir loben dich" ein. In Wolfsburg wurde Hermann von einem Arzt untersucht, der ihm sagte, dass er nicht glaube, dass er ohne starke Willensanstrengung noch lange existiere. Doch er kam lebend zu Hause an, wenn auch schwach und unterernährt. Seine Mutter half ihm, zu Kräften zu kommen.
Trotz der schrecklichen Erlebnisse im Krieg und zwei Schlaganfällen ist Hermann heute für sein Alter noch gut auf den Beinen, auch sein Gedächtnis hat nicht nachgelassen. Obwohl er in Russland fast nur negative Erfahrungen machte, hat er sich intensiv mit Russland beschäftigt. Das war seine Art der Versöhnung mit den Kriegserlebnissen.
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