Wenn das Essen zum Problem wird
Die Overeaters Anonymous sind eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Essstörungen / Besuch bei einem Treffen.
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Am 29. Oktober trafen sich Menschen mit Essstörungen im Freiburger Heinrich-Hansjakob-Haus. Organisiert wurde das öffentliche Treffen von der Selbsthilfegruppe Overeaters Anonymous. Marlene Muth und Lejla Pllana aus der Klasse 9d des Freiburger Rotteck-Gymnasiums wollten mehr über die Arbeit der Gruppe und das Warum von Essstörungen erfahren.
"Wenn ich schlank bin, bin ich glücklich. Es liegt alles nur daran, dass ich dick bin." Voller Emotionen erzählt eine 50-jährige ehemalige Bulimikerin, wie alles begann. Schon in ihrer Kindheit empfand sie Essen als sehr wohltuend und aß so gut wie in jeder Situation, in der es möglich war. Obwohl sie zur Therapie ging, zahlreiche Diätbücher und Magazine las und schon einmal bei Overeaters Anonymous, kurz OA, war, half ihr nichts und somit lebte sie zwanzig Jahre lang mit dieser Sucht. Dann hat sie es mit OA noch einmal probiert. "Es hat mir so gut getan", sagt sie erleichtert. Voller Stolz erzählt sie, dass der 5. März 2002 der erste Tag war, an dem sie nicht "gefressen und alles wieder ausgekotzt" hat, und sie es seitdem auch nie wieder getan hat.
Bei der Gemeinschaft OA kommen Männer und Frauen mit Essstörungen zusammen und tauschen ihre Erfahrungen, Hoffnungen und Wünsche aus. "Wir wollen unser gemeinsames Problem lösen und denen, die noch leiden müssen, so gut wie möglich helfen. Aber wir versprechen keine schnellen Lösungen!", sagt uns die Leiterin der Gruppe. Sie alle kennen sich nur mit Vornamen, da ihnen der Nachname, Familienstand und Beruf egal ist. Wer ein Essproblem hat und seine Einstellung zum Leben und Essen ändern möchte, darf kommen. "Manchmal kommen Mütter zu uns, deren Kinder Essprobleme haben, doch wir sind eine Gruppe von Menschen, die wirklich eine Störung haben", erzählt uns eine Frau nach dem Treffen. Die Menschen dort erzählen offen und machen oftmals sogar Witze über ihre Sucht. Sie alle arbeiten mit dem sogenannten Zwölf-Schritte-Programm, einer Art spirituellem Programm, das die OAs von den Anonymen Alkoholikern (AA) übernommen haben. Sie glauben, so erklärt ein Mann, an eine "liebende, fürsorgende, höhere Macht", die in den zwölf Schritten als Gott auch immer wieder auftaucht.
Das Licht wird ausgemacht, im Raum wird es dunkel. Ein Beamer strahlt das Bild eines Sees an die Wand und darunter steht: "Es ist sonniger geworden in meinem Leben!" In dem Film erzählen Personen mit zensierten Gesichtern über ihre Essstörungen. Eine der Personen im Film ist ein Mann, der seine Sucht mit Hilfe von OA bekämpft hat. Er gehe immer noch zu den Treffen, erzählt er, weil er jedem anderen Betroffenen Mut machen wolle: "Wenn ich das schaffe, dann schaffst du das auch!"
"Es gibt auch negative Meinungen zu uns", so ein Mann. "Doch eines muss man wissen: OA ist keine Sekte!", stellt er bestimmt fest. Er meint: "Es gibt viele Essgestörte, aber es sind mehr Frauen als Männer." Weiter erläutert er, dass es sichtbare Essstörungen wie zum Beispiel Magersucht und Übergewicht gebe, aber auch viele nicht wahrnehmbare, wie Bulimie. Er selbst hat schon einen weiten Weg hinter sich, denn er ist übergewichtig. Aber er gibt selbst lachend zu, dass er schon mal über 40 Kilo mehr auf den Rippen hatte.
Wenn er Leute trifft und diese ihn fragen, wie er es schafft, abzunehmen, meint er immer: "Ich habe meine Einstellung zum Leben wie auch zum Essen geändert." Obwohl er weiß, dass sie etwas anderes hören wollen – wie "Ich ernähre mich besser" oder "Ich esse kein Abendessen mehr". "Ich hoffe", so führt er weiter aus, "ich war trotz meiner Esssucht ein guter Ehemann und für meine Kinder ein guter Vater und werde es auch weiterhin sein."
Nein, man wolle kein Einfluss auf das Leben anderer nehmen, meinen die 13 OAs, die im Heinrich-Hansjakob-Haus zusammengekommen sind. Insgesamt ist die Stimmung sehr entspannt. Sie hören sich gegenseitig zu und man kann erkennen, dass alle sich gegenseitig unterstützen wollen. "Wenn ich zehn Kilo abnehme, kommen halt 20 wieder drauf", erzählt eine Frau schmunzelnd in dem Film. Dem stimmen nahezu alle lachend zu. Viele Menschen, die wir dort kennenlernen, sagen Dinge wie: "Ich werde bei OA nicht verurteilt", "Das Meeting hat mir Kraft gegeben" oder "Das war so ermutigend".
Sie sind glücklich. Und das trotz all der Dinge, die sie durchmachen. Die meisten Personen dort haben eine Sucht überwunden oder versuchen sie zu überwinden. Zusammen mit Menschen, die sie darin unterstützen.
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