Über Zöliakie aufklären hilft Betroffenen

Justus Arzt kann kein Gluten zu sich nehmen. Er schildert, was die Erkrankung Zöliakie bedeutet und wie sie sein Leben bestimmt.  

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Wer an Zöliakie erkrankt ist, kann kei...es kommt in vielen Getreidesorten vor.  | Foto: Johanna Mühlbauer - stock.adobe
Wer an Zöliakie erkrankt ist, kann kein Gluten zu sich nehmen. Dieses kommt in vielen Getreidesorten vor. Foto: Johanna Mühlbauer - stock.adobe
"Was kannst du denn überhaupt noch essen?" Diese Frage ist mir in Bezug auf meine Erkrankung Zöliakie schon oft gestellt worden. In diesem Artikel gehe ich der Frage nach, was Zöliakie überhaupt ist und wie es sich damit leben lässt. In Deutschland leidet ungefähr eine von 100 Personen an Zöliakie. Zöliakie ist eine vererbbare, nur mit einer Diät behandelbare Systemerkrankung, bei der Betroffene kein Gluten aufnehmen dürfen. Gluten ist ein Klebereiweiß, das vor allem in den Getreidesorten Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste und in handelsüblichem Hafer vorkommt. Wenn Betroffene Gluten zu sich nehmen, reagiert vor allem der Darm mit einer ausgeprägten Entzündung und der Körper kann nicht mehr seine notwendigen Nährstoffe aufnehmen. Häufige Symptome für Zöliakie sind Übelkeit, Erbrechen, Mangelerscheinungen bei verschiedenen Nährstoffen sowie im Kindesalter Wachstumsstörungen.

Ich leide selbst an Zöliakie und habe festgestellt, dass nur sehr wenige Menschen über die Erkrankung aufgeklärt sind und deshalb wenig Rücksicht auf Betroffene genommen wird. Aufgrund dessen möchte ich über das Leben mit Zöliakie berichten und aufklären. Für viele Zöliakie-Patienten ist vor allem der Beginn der Diät, also der Verzicht auf Gluten, am schwierigsten, da die Diagnose häufig erst nach ein paar Lebensjahren gestellt wird. Lorena Rademacher, eine seit zehn Jahren von Zöliakie Betroffene, sagt dazu: "Am Anfang war es sehr hart und ich habe sogar über die Diagnose manchmal geweint." Bis dahin haben viele Patienten nämlich uneingeschränkt gegessen und mussten dies dann umstellen. Als Zöliakie-Patient kann man ab der Diagnosestellung nicht mehr einfach in eine Bäckerei gehen und etwas kaufen oder in einem Restaurant alles Beliebige von der Speisekarte aussuchen, sondern muss vorsichtig sein, was man isst. Das ist für Neuerkrankte meistens sehr schwierig.

Auch beim Einkaufen kann man nicht mehr einfach alles aus den Regalen nehmen, was einen gerade anlacht, sondern man muss erst nachschauen, ob es für einen geeignet ist. Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft möchte Betroffenen beim Start und beim restlichen Leben mit Zöliakie unterstützen. Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft, auch kurz DZG, wurde 1974 von Eltern gegründet, deren Kinder an Zöliakie litten. Sie wollten das Leben für ihre Kinder erleichtern und die Verfügbarkeit von glutenfreien Lebensmitteln fördern. Aus dieser kleinen Organisation wurde eine große. Viele an Zöliakie erkrankte Menschen sind Mitglied bei der DZG. Für Neumitglieder stellt die DZG ein sogenanntes Startpaket aus, in dem zum Beispiel ein Buch mit der kompletten Aufstellung von glutenfreien Lebensmitteln sowie Arzneimitteln oder auch Rezeptvorschläge enthalten sind.

Mir hat dieses Startpaket bei Beginn meiner Diät sehr weitergeholfen, da ich sicher sein konnte, dass ich mich wirklich glutenfrei ernähre. Es zeigte mir aber auch, dass glutenfreie Sachen auf keinen Fall schlechter schmecken als glutenhaltige. Wenn man zunehmend positive Erfahrungen gesammelt hat, gewöhnt man sich an das Leben mit Zöliakie und es fällt einem nicht mehr so schwer. Lorena Rademacher sagt dazu: "Klar, manchmal ist es immer noch hart, aber ich kenne es einfach so und kann mir es auch nicht mehr anders vorstellen."

Seit ihrer Gründung ist ein erklärtes Ziel der DZG, dass es immer mehr glutenfreie Lebensmittel in Supermärkten geben sollte. Bei diesem Thema ist die Organisation auch schon echt weit gekommen, wenn man das mal mit früher vergleicht. Lorena Rademacher erklärt: "Vor zehn Jahren gab es lange noch nicht so viele Produkte wie heute und ich hoffe, dass noch mehr Produkte dazu kommen werden." Fast jeder größere Supermarkt hat mittlerweile ein Regal, in dem nur glutenfreie Lebensmittel stehen. Außerdem arbeitet die DZG gerade an einem "Herzensprojekt", wie Stefanie Keck und Judith Glöggler, zwei Teammitglieder der DZG, es bezeichnen. Bei diesem "Herzensprojekt" geht es darum, dass Zöliakie-Betroffene sorgenfrei außer Haus essen können. Sie schreiben in der Januar-Ausgabe der Zeitschrift DZG Aktuell: "Die DZG hat sich viel vorgenommen. Wir möchten erreichen, dass Zöliakie-Betroffene – ähnlich wie zum Beispiel in Italien – in jeder Ecke Deutschlands mindestens einen Betrieb finden, in dem glutenfreies Essen sicher möglich ist." Eine weitere Sache, an der die Deutsche-Zöliakie-Gesellschaft arbeitet: Möglichst viele Leute, vor allem Restaurant-Besitzer, über Zöliakie aufklären.

Diese beiden Ziele finde ich sehr wichtig, weswegen ich hoffe, dass sie bald umgesetzt werden können. Doch auch wenn diese Ziele schon sehr erfreulich sind, strebt jeder Zöliakie-Betroffene trotzdem nach einem Medikament gegen Zöliakie. Im Jahr 2021 hat Detlef Schuppan, Direktor des Instituts für Transnationale Immunologie und der Ambulanz für Zöliakie, Dünndarmerkrankungen und Autoimmunität der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, eine Studie durchgeführt, bei der ein Medikament gegen Zöliakie mit 160 Patienten getestet wurde. In einem Interview in der Apotheken-Umschau sagte er: "Die Ergebnisse unserer Studie geben allen Anlass zur Hoffnung, dass es in einigen Jahren eine medikamentöse Möglichkeit geben wird, die vor den Folgen der Zöliakie schützen kann." Es wird immer mehr für Zöliakie-Betroffenen getan.
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