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Jobs im Handwerk sind uncool? Von wegen!

Deutschland geht es wirtschaftlich nicht gut, in vielen Branchen fehlen die Auszubildenden. Das ist auch die Folge einer falschen Schulpolitik.  

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Azubi-Stellen bleiben unbesetzt, während viele Jugendliche nicht wissen, was sie einmal werden wollen. Foto: Martin Schutt (dpa)
Deutschland wird von mehreren Krisen gebeutelt. Existenzängste, Wirtschaftskrise, Misstrauensvotum, Neuwahlen, Ukraine, USA, Syrien – der Spruch "Schlimmer geht immer" bekommt gerade eine ganz neue Dimension. Es gibt also viel zu tun für eine sorgenfreie Zukunft. Deutschland muss politisch und wirtschaftlich stabil werden. Die Neuwahlen bringen hoffentlich eine stabilere Basis, jetzt muss nur noch die Wirtschaft aus ihrem Loch heraus. Deutschland braucht neben qualifizierten Fachkräften motivierten, fähigen Nachwuchs. Genau hier aber liegt das Problem.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) berichtet, dass im vergangenen Jahr 49 Prozent der Ausbildungsbetriebe nicht alle Ausbildungsplätze besetzen konnten. 30.000 Betriebe haben sogar keine einzige Bewerbung erhalten. Seit 2013 verschlechtert sich diese Zahl kontinuierlich.

Wo liegen die Gründe? Was ist los? Wo sind die Jugendlichen hin – und wie reißt man das Ruder herum? Einer der Gründe für das Problem ist der demografische Wandel. Die Geburtenrate sinkt und es gibt immer weniger Jugendliche.

Man erkennt schnell, dass ein weiterer Grund die fehlende Berufsorientierung der Jugendlichen ist. Man ist verunsichert, weiß nicht, welche Berufe zukunftsfähig sind, und lässt sich beeinflussen von Traumberufen, wie zum Beispiel Influencer, die viel Geld ohne großen Aufwand versprechen.

Zu Hause und in der Gesellschaft wird gerne vermittelt, dass Abitur und Studium zu besseren Gehältern und viel Ansehen führen, anstrengende Jobs uncool sind und man versuchen sollte, mit wenig Einsatz viel Gehalt, Ansehen und eine gute Work-Life-Balance zu bekommen. Niemand ist jedoch so ehrlich und sagt die Wahrheit. Mancher Meister oder Arbeiter mit einer guten technischen Ausbildung verdient genauso gut wie ein studierter Angestellter und hat sogar mehr Spaß am Beruf.

Denn: Jeder Beruf ist wichtig. Wieso erlaubt man sich hier den Luxus, sich nicht an Schlagworte wie Gleichberechtigung zu halten und setzt das Studium einfach über das Handwerk?

Man muss sich ehrlich eingestehen, dass das Schulwesen gerade scheitert. Den Jugendlichen fehlt das notwendige Minimum an mathematischen und sprachlichen Grundkenntnissen, wie die jüngsten Pisa-Studien und Bildungsberichte gezeigt haben.

Die Corona-Zeit hat dies verschärft. Man verpasst gerade, die Lücken zu schließen, und lässt Jugendliche und Betriebe allein. Die "Kirsche on top", das Besondere, ist zudem, dass in der Schule Wissen vermittelt wird, das mit der heutigen Realität nicht viel zu tun hat. Heute wichtige Kenntnisse aus Wirtschaft, Finanzwesen und den MINT-Fächern werden vernachlässigt und zu spät gelehrt. Die Folgen sieht man überall. Jugendliche brechen ihr Studium oder ihre Ausbildung ab, die Motivation und das Selbstvertrauen gehen verloren. Ein fataler Teufelskreis, den man durchbrechen muss.

Die Jugendlichen, Firmen und Branchen müssen das Problem alleine ausbaden und schauen, wie man den Laden dennoch am Laufen hält. Viele Firmen locken mit tollen Angeboten, um Jugendliche anzusprechen.

Ein Kfz-Betrieb zum Beispiel wirbt damit, Azubis einen limitierten Mercedes zu schenken, wenn sie bei ihm einen Ausbildungsvertrag unterschreiben. Viele bieten Weihnachts- und Urlaubsgeld, Nachhilfeunterricht in Mathematik und Deutsch, Fitnessabos oder Prämien für bestandene Abschlüsse an. Der Beweis, wie verzweifelt man darum kämpft, den Nachwuchs anzusprechen.

Die Lebensmittelbranche, die durch den starken Vegetarier- und Vegan-Trend komplett unpopulär bei den Jugendlichen geworden ist, hat sich Nachschub aus dem Ausland geholt. Man fliegt motivierte Jugendliche aus zum Beispiel Indien ein, die hier in Deutschland eine Ausbildung zum Metzgermeister, Bäcker oder Koch machen. Die Resultate sind bisher sehr vielversprechend, dennoch kann das auf Dauer keine Lösung sein. Man muss das Problem an der Wurzel packen. Nicht der Status zählt, sondern die Qualität der Arbeit. Jeder sollte das machen, was ihm gut liegt, worin seine Stärken sind, ohne Angst zu haben, später seine Rechnungen nicht bezahlen zu können oder von anderen herablassend behandelt zu werden.
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