Zischup-Interview
"Ich weiß nicht, ob ich noch leben würde"
Nach dem Vietnamkrieg sind 1975 durch die "Operation Babylift" etwa 3000 Kriegswaisen aus Südvietnam gerettet worden. Paul Hacker hat mit seinem Vater Tobias Hacker gesprochen, der eins dieser Kinder war.
Paul Hacker, Klasse 8b, Goethe-Gymnasium (Freiburg)
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Hacker: Ich war sechs Monate alt, als ich in einer Provinz in Südvietnam in einem Waisenheim abgegeben wurde. Mein Geburtstagsdatum wurde von den Nonnen vor Ort geschätzt, da man nicht genau wusste, wann ich geboren wurde. Meine Adoptiveltern waren damals bei Amnesty International und Terre des Hommes aktiv und entschieden sich, zu ihren zwei leiblichen Kindern noch ein drittes Kind aus Vietnam zu adoptieren. Das war ich. Also wurde ich mit vielen anderen Waisenkindern mit Hilfe der Organisation Terre des Hommes aus Vietnam ausgeflogen. Aufgrund eines technischen Defekts am Flugzeug ist das Flugzeug kurz nach dem Start abgestürzt. Viele Kinder und Betreuende sind bei dem Absturz ums Leben gekommen. Mit einem zweiten Flugzeug wurden anschließend alle überlebenden Kinder ausgeflogen. Erst nach Amerika und von dort weiter nach Deutschland, wo ich dann schließlich zu meinen Eltern kam.
Zischup: Wo bist du aufgewachsen?
Hacker: Anfangs haben wir noch in Freiburg gewohnt. Als ich drei oder vier Jahre alt war, übernahm mein Vater eine Praxis im Hochschwarzwald in Eisenbach. Wir zogen dorthin und ich wuchs in Bubenbach, einem kleinen Dorf im Schwarzwald nahe Titisee-Neustadt, auf.
Zischup: Wie war es, der einzige Vietnamese in der Familie zu sein?
Hacker: Das war nie ein Problem für mich, da mir meine Eltern von klein auf erklärten, warum ich bei ihnen bin. Auch meine Geschwister haben mich seit Tag eins geliebt und akzeptiert. Inklusive aller Schwierigkeiten, die es eben bei Geschwistern gibt. Schwieriger war es für mich als Kind und Jugendlicher, wenn ich auf Menschen traf, die mich nicht kannten. Da mein Aussehen immer wieder ein Anlass für andere Menschen war, mit dem Finger auf mich zu zeigen, zu tuscheln oder hinter meinem Rücken zu lästern. Man hört sich zeitlebens dieselben Kommentare an. Aber ich habe eine sehr schöne Kindheit und Jugendzeit in Bubenbach verbracht, mit allen dazugehörigen Faktoren. Inklusive Fußballverein, Skiverein und vielen Freunden.
Zischup: Wurdest du oft rassistisch angegangen?
Hacker: Ja das kam schon vor. Als Kind und Jugendlicher ist es schwer, damit umzugehen. Als Erwachsener geht das dann schon besser.
Zischup: Hast du das Verlangen, mal nach Vietnam zu reisen?
Hacker: Im Moment habe ich keine Ambitionen, nach Vietnam zu reisen. Da ich aber weiß, dass meine Kinder gerne Vietnam besuchen wollen, wird das in den nächsten Jahren auf der Agenda stehen.
Zischup: Wie stehst du zum Thema Auslandsadoptionen?
Hacker: Das ist ein schwieriges Thema. Sicher sollte man immer erst einmal schauen, ob man die Kinder im eigenen Land belassen kann. Ist dies aber aus verschieden Gründen nicht möglich, ist eine Adoption ins Ausland sicher eine Option. Auch das Alter des zu adoptierenden Kindes ist ein wichtiger Faktor. Ich war zum Beispiel sechs Monate alt, quasi ein Baby, deshalb fiel es mir leichter, meine Eltern und Geschwister zu akzeptieren. Ob das bei älteren Kindern auch so reibungslos verläuft, ist sicherlich nicht so leicht zu beantworten.
Zischup: Bist du deinen Eltern dankbar, dass sie dich adoptiert haben?
Hacker: Ja, auf jeden Fall. Ich weiß nicht, ob ich noch leben würde, hätten sie sich nicht zu diesem Schritt entschlossen. Sie haben mir eine sehr schöne Kindheit und Jugendzeit ermöglicht.
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