England als neue Heimat
"Ich lebe gern in einem manchmal chaotischen Land"
Christine Furnell, 45 Jahre, ist vor 25 Jahren der Liebe wegen nach England gezogen. Heute lebt sie mit ihrem Mann und drei Kindern in Christchurch an der englischen Südküste. Per E-Mail antwortete sie auf die Fragen von Zischup-Reporterin Alisa Haller.
Alisa Haller, Klasse 8c & Kepler-Gymnasium Freiburg
Do, 16. Mai 2013, 11:59 Uhr
Schülertexte
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Zischup:Woran haben sie sich am schwersten bzw. am leichtesten gewöhnt?
Furnell: Am schwersten war wohl, so gut Englisch zu sprechen, dass meine Persönlichkeit zur Geltung kommen konnte. Für lange Zeit war ich einfach eine Person im Ausland, die versucht hat, sich zu verständigen. Mittlerweile – nach 25 Jahren in England – ist es wohl fast umgekehrt, ich kann mich besser in der englischen Sprache ausdrücken.
Am leichtesten fand ich, statt in den bayerischen Alpen, am Meer zu leben. Als ich mit 21 Jahren nach England kam, war das für mich das erste Mal, dass ich das Meer sah. Da ich in Bayern an der österreichischen Grenze aufgewachsen bin, war das Meer für mich etwas, wovon ich als Kind immer geträumt hatte.
Zischup:Was vermissten Sie am meisten?
Furnell: Am meisten vermisste ich Familie und Freunde. Was ich bis heute noch vermisse, ist deutsches Brot, obwohl man zwar mittlerweile gutes Brot in den richtigen Supermärkten kaufen kann, backe ich inzwischen auch mal ganz gerne selber leckeres Brot. Letztens unterhielt ich mich mit einer Tierärztin aus Deutschland, die erst seit drei Jahren in England lebt. Sie hat mir eine lange Liste aufgezählt, was sie alles vermisst, dabei ist mir wieder einmal klar geworden, dass ich mich hier wirklich sehr gut akklimatisiert habe.
Zischup: Ist das englische Essen wirklich so schlecht? Wenn ja, warum?
Furnell: Das englische Essen ist nur dann schlecht, wenn es von einer Person gekocht wird, die nicht kochen kann. Im Ernst: Die Engländer legen viel Wert auf frisches Gemüse, sie essen häufig Kartoffeln in verschiedener Art und Weise, sowie geröstetes Rinder-, Schweine- oder Lammfleisch.
Ich gehe gerne in ein altes traditionelles Pub und esse dort mit Leidenschaft ein "Sunday Roast", aber nur wenn dieses mit viel verschiedenen knackigen Gemüsesorten, perfekt gerösteten Kartoffeln, Yorkshire-Pudding (Mehl, Eier und Milch)
und einem zarten gerösteten Braten (Rind, Lamm oder Truthahnfleisch) in ganz dünnen Scheiben geschnitten mit einer "real gravy" also einer hausgemachten Soße serviert wird und dazu ein Glas Shandy (britisches Bier und Limonade gemischt).
Zischup:Welche Eigenschaften sind typisch für Engländer bzw. für Deutsche?
Furnell: Die Engländer sind auf jeden Fall zurückhaltender als die Deutschen. Der englische Humor ist sehr amüsant, auch wenn man die Witze oft erst ein paar Sekunden später begreift. Ich glaube, die Briten sind leichter zufrieden zu stellen, ihre Erwartungen sind einfach nicht so hoch wie die der Deutschen, sie sind nicht so anspruchsvoll, was die Qualität in vielen Bereichen anbelangt.
Zischup:Würden Sie lieber in Deutschland oder in England leben, und warum?
Furnell: Ich lebe sehr gerne in England, das Leben ist hier lockerer als in Deutschland. Es gibt viel weniger Regeln und Gesetze. Das hat natürlich nicht immer nur positive Auswirkungen, aber das nehme ich in Kauf. Ich habe das Gefühl, junge Leute werden in Deutschland irgendwie programmiert, jeder verhält sich gleich vernünftig. Das trägt natürlich zu einer geordneten Gesellschaft bei, was natürlich ein großer Vorteil ist. Trotzdem lebe ich gerne in einem manchmal chaotischen Land.
Kommentare
Kommentarbereich ist geschlossen.