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"Ich halte nichts von der Massentierhaltung"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Erwin Paulus, der 50 Jahre lang in seiner eigenen Metzgerei in Bernau gearbeitet hat.  

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Erwin Paulus  | Foto: privat
Erwin Paulus Foto: privat

Erwin Paulus aus Bernau ist von Beruf Metzger. Er hat diesen einen Beruf rund 50 Jahre lang ausgeübt. Und das gerne, wie er sagt. Die Schüler Georg Varady, Dogan Cicek und Xaver Frommherz der Klasse R8b der Fürstabt-Gerbert-Schule in St. Blasien haben dem 71-Jährigen jede Menge Fragen zu seinem Berufsleben gestellt. Persönliche, aber auch kritische Fragen wie zum Beispiel, was er denn eigentlich als Metzger von der modernen Massentierhaltung hält. Erwin Paulus ist der Großvater von Schüler Xaver Frommherz.

Zischup: Wie war Ihre Zeit als Metzger? War sie anstrengend oder war sie leicht zu bewältigen?
Paulus: Damals war es viel anstrengender als heute, da man alles von Hand machen musste. Heutzutage ist es nicht mehr so schwer, weil man nur noch Maschinen benutzt, die die Arbeit viel einfacher machen. Im Jahre 1950 hatten wir noch nicht einmal ein Auto und mussten das Vieh zu Fuß holen. Und da wir in einem Dorf wohnten, war der Weg noch weiter. Erst ab 1954, nach dem Krieg, hatte man Autos, wodurch die Arbeit natürlich viel einfacher wurde. Heute gibt es Schlachthöfe, in denen die Tiere von Kopfschlächtern geschlachtet werden. Das Fleisch wird dann meistens direkt in die Metzgereien geliefert. Man muss es gar nicht mehr abholen.
Zischup: Wie lang haben Sie jeden Tag gearbeitet, und wie viel Urlaub hatten Sie im Jahr?
Paulus: Ich habe am Tag von fünf Uhr morgens bis Ladenschluss und noch später arbeiten müssen. Und um die 14 Tage im Jahr hatten wir Urlaub. Als selbstständiger Metzger musste man noch mehr arbeiten, zum Beispiel musste ich diverse Dinge schon für den nächsten Tag vorbereiten. Auch am Wochenende musste ich arbeiten, weil ich meistens nach unseren Schwarzwälder Spezialitäten in der Rauchkammer schauen musste oder nach anderen Dingen.
Zischup: Wieso haben Sie den Beruf des Metzgers ergriffen? Und würden Sie diesen Beruf heute nochmal wählen?
Paulus: Metzger bin ich tatsächlich aus Freude am Beruf geworden. Mir hat es gefallen, Lebensmittel herzustellen, welche anderen Menschen Genuss beim Essen bereiten. Und ja, wenn ich mir nochmals einen Beruf aussuchen dürfte, dann würde ich wieder Metzger werden. Mein Beruf hat mir immer sehr viel Freude bereitet. Mir gefällt es einfach, anderen Menschen etwas Schönes, etwas Gutes zu bieten.
Zischup: Worin unterscheiden sich die Metzger früher von den Metzgern heute? Also welches sind die größten Unterschiede im Metzgerwesen, wenn sie früher und heute vergleichen?
Paulus: Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die meisten Metzger heute nicht mehr selber schlachten und auch fast gar nichts mehr von Hand machen. Heute gibt es entweder die schlachtbetonten oder die produktionsbetonten Metzger.
"Mir hat es gefallen,

Lebensmittel herzustellen, die Menschen Genuss bereiten."
Zischup: Wie stehen Sie als Metzger zur Massentierhaltung?
Paulus: Ich sehe es so, dass dadurch weniger auf Qualität geachtet wird, sondern nur noch darauf, so viel wie möglich zu produzieren und immer billigere Produkte als die Wettbewerber anbieten zu können. Es geht nur noch um den Profit, und es wird weniger darauf geschaut, dass es den Leuten die es kaufen, auch schmecken sollte. Nein, ich halte nichts von der Massentierhaltung. Zum Glück kann man ein natürliches Tier wie Reh und Hirsch, also Tiere, die wild im Wald leben, nicht mästen.
Zischup: Und wie hat die Massentierhaltung das Arbeiten in den Metzgereien über die Jahre verändert?
Paulus: Ein handwerklicher Metzger sollte unbedingt auf Qualität achten und sicherstellen, dass der Transportweg zwischen dem Vieh und ihm nicht zu weit ist. Wir zum Beispiel haben immer sehr darauf geachtet, dass das Fleisch, das wir in unserer Metzgerei verkauft haben, aus der näheren Umgebung kommt und eben nicht von weit her. Kommt das Tier von weit her, dann ist nicht sicher, ob das Fleisch vielleicht nicht doch aus einer Massentierhaltung kommt. Außerdem haben wir auch darauf geachtet, dass das Vieh naturell und von etwas kleineren Betrieben kommt.
Zischup: Wie war es für Sie, als Sie nach 50 Jahren aufgehört haben?
Paulus: Es ist mir ehrlich gesagt sehr, sehr schwer gefallen, mit meinem Beruf aufzuhören. Die Umstellung war gewöhnungsbedürftig für mich. Es ist einfach so, wenn man rund 50 Jahre ein und denselben Beruf ausübt und jeden Tag ganz selbstverständlich in seiner Metzgerei steht, dann ist es wirklich nicht einfach, sich daran zu gewöhnen, dass plötzlich alles anders ist. Und man eben nicht mehr arbeitet.
Zischup: Was werden Sie nun in Ihrer Zukunft mit ihrer Zeit anfangen?
Paulus: Ich werde das Leben einfach genießen und für meine Familie und natürlich auch für meine Enkelkinder da sein.

Ressort: Schülertexte

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