"Ich habe das Gefühl, dass sie sich hier wohlfühlen"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Ursula Krieger aus Mannheim, die fünf ukrainische Geflüchtete aufgenommen hat, über deren Ankunft und das Zusammenleben.
Magdalena Quay, Klasse 8a, St.-Ursula-Gymnasium (Freiburg)
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Zischup-Reporterin Magdalena Quay aus der Klasse 8a des St.-Ursula-Gymnasiums in Freiburg hat ihre Oma Ursula Krieger in Mannheim interviewt, die fünf ukrainische Geflüchtete aufgenommen hatte.
Oma: Ich habe eine sehr nette Mieterin aus der Ukraine, die mich gefragt hat, ob sie ihre Mutter und Schwester bei sich aufnehmen dürfe. Ich habe ihr das natürlich erlaubt, und kurz darauf rief sie an und sagte, dass nun auch eine enge Verwandte mit ihrem siebenjährigen Sohn kämen und sie nicht wisse, wie sie die noch unterbringen kann. Da ich im Dachgeschoss Platz habe, bot ich ihr an, sie aufzunehmen. Und dann überschlugen sich die Ereignisse, denn diese Verwandte machte sich Hals über Kopf auf den Weg und nahm auch ihre erwachsene Tochter mit zwei Enkelkindern mit. Da musste ich also noch Platz für weitere drei Personen schaffen. Erst habe ich ein bisschen Angst vor der eigenen Courage bekommen. Aber es ist ja eine Familie, die in einem fremden Land zusammenbleiben will und unser Haus ist zum Glück groß genug.
Zischup: Weißt du etwas über ihre Flucht?
Oma: Sie sind nach abenteuerlicher Reise völlig erschöpft angekommen. Zuerst waren sie zwei Tage in der Ukraine unterwegs, haben einmal bei Bekannten übernachtet. An der polnischen Grenze mussten sie sieben Stunden warten, und das mit kleinen Kindern. Mark ist sieben, Sofia ebenso und der kleine Matwi ist fünf. Sie sind dann noch bis Wroklaw, das ehemalige Breslau, gefahren und haben im Auto übernachtet. Um vier Uhr morgens sind sie gestartet und ohne große Pausen bis Mannheim durchgefahren. Das sind über 800 Kilometer, und nur eine der Frauen hat einen Führerschein. Und sie waren schon drei Tage ununterbrochen im Auto.
Zischup: Wo kommt die Familie her?
Oma: Natascha mit dem siebenjährigen Mark kommt aus Beresan, das ist eine kleinere Stadt, etwa 60 Kilometer südöstlich von Kiew. Die jüngere Mutter wohnt mit ihrer Familie in Kiew und dort waren sie auch mehrere Tage nachts im Keller.
Zischup: Wie verständigst du dich mit ihnen?
Oma: Das ist nicht einfach. Ich dachte, sie könnten ein wenig Englisch, aber das ist leider nicht der Fall. Wir haben auf unseren Handys eine Übersetzungs-App. Da spricht man rein und die Übersetzung kommt geschrieben und gesprochen. Allerdings haben sie ja die kyrillische Schrift, aber es steht sogar in lateinischer Schrift darunter. Man kann eben nur kurze Sätze eingeben, aber immerhin kann man sich so verständigen, wenn auch nicht wirklich unterhalten. Aber sie lernen schnell, alle sagen schon "guten Morgen", guten Abend", "das ist gut". Also, es geht mit Händen und Füßen. Natascha will nun einen Online-Sprachkurs machen, und die beiden Siebenjährigen sollen so bald wie möglich in die Schule. Aber das ist alles noch nicht geregelt.
Zischup: Wie geht es ihnen und vor allem den Kindern jetzt?
Oma: Ich habe das Gefühl, dass sie sich hier wohlfühlen. Im Haus sind sie recht unbefangen. Sie gehen bei schönem Wetter viel nach draußen, auf Spielplätze, zum Luisenpark hier in Mannheim und an den Rhein. Die Kinder bauen begeistert mit euren Legosteinen, sie haben mein früheres Arbeitszimmer jetzt als Spielzimmer. Allerdings kann Sofia unten im ausgebauten Keller spielen, aber nicht schlafen. Zu stark sind noch die Erinnerungen an die Nächte mit Bombenalarm in Kiew.
Zischup: Wie funktioniert das Zusammenleben?
Oma: Natürlich ist es für mich eine Umstellung, denn ich bin ja nun nach Opas Tod alleine. Aber die Gäste haben ihren eigenen Bereich, jede Familie hat ein Bad und zusammen haben sie eine kleine Küche, so dass sie sich auch zurückziehen können. Ich glaube, das ist wichtig für sie, und auch für mich. Wir sind auf der Suche nach einer Wohnung, wo sie auf die Dauer auch mehr Platz haben und ihr eigenes Leben führen können. Aber für den Anfang geht es besser, als ich gedacht habe. Natürlich haben sie die Hoffnung, dass sie bald wieder zu ihren Männern und Vätern zurückkehren können, denn die Papas fehlen den Kindern sehr.
Nachtrag: Inzwischen wohnen die fünf ukrainischen Gäste in einer eigenen Dreizimmerwohnung, die Ursula Krieger ihnen über die Kirchengemeinde St. Jakobus Mannheim vermittelt hat.