Geschlechterrollen in der Berufswelt
Frauen in technischen Berufen: "Jede kann werden, was sie möchte"
Corina Apachite kletterte als Informatikerin die Karriereleiter rauf, trotz einer männerdominierten Berufswelt. Im Interview erklärt sie, welchen Herausforderungen sich Frauen stellen müssen.
Eric Barliba, Klasse 9a, Deutsch-Französischen Gymnasiums (Freiburg)
Do, 28. Apr 2022, 16:21 Uhr
Schülertexte
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Frauen sind in technischen Studiengängen und Berufen immer noch die Ausnahme. Deswegen versucht die Technische Fakultät in Freiburg mit einer neuen Kampagne Schülerinnen von technischen Berufen zu begeistern. Für diese Kampagne, genannt "Technik, Frauen, Freiburg" (TFF) wurde auch die ehemalige Promovendin Corina Apachite, die mittlerweile in einer Führungsrolle in der Wirtschaft tätig ist. Ich, Eric Barliba aus der Klasse 9a des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Freiburg, habe sie zum Thema Geschlechterrollen in der Berufswelt befragt.
Zischup: Stellen Sie sich bitte kurz vor.
Apachite: Ich bin Dr. Corina Apachite und leite bei Continental Automotive in Frankfurt die Abteilung für Künstliche Intelligenz. Mein Team von über 100 KI-Expertinnen und -experten ist über fünf Standorte verteilt: Frankfurt, Regensburg und Berlin in Deutschland, Bangalore in Indien und Singapur. Gemeinsam entwickeln wir Lösungen für die Mobilität der Zukunft. Ich bin Informatikerin, habe an der Universität in Freiburg meinen Master in angewandter Informatik gemacht und promoviert. Ich bin 43 Jahre alt, komme ursprünglich aus Rumänien und bin alleinerziehende Mutter von drei Kindern.
Zischup: Was war Ihr Berufswunsch als Kind?
Apachite: Als Kind träumte ich lange davon, Lkw-Fahrerin zu werden. Während Nicolae Ceausescu in Rumänien an der Macht war, konnten wir nur sehr erschwert reisen, die Lkw-Fahrer durften aber das Land normal verlassen und auch wieder zu ihren Familien kommen. Meine Eltern kannten einen solchen Fahrer, der uns immer wieder Nimm-2-Bonbons schenkte. Der Geschmack der Bonbons war für mich lange der Geschmack der Freiheit, des Fernwehs, der Sehnsucht nach der weiten Welt. Und so wünschte ich mir eben, Lkw-Fahrerin zu werden. Später, also mit ungefähr 14 Jahren, wünschte ich mir schon, Informatikerin zu werden, um Maschinen programmieren zu können.
Apachite: Zum Glück habe ich erst spät erfahren, dass Informatik ein männerdominierter Beruf ist – und daran glaube ich auch nicht. In Rumänien gab es diese Kategorisierung nicht. Wem soll die helfen?! Was haben wir davon, wenn wir Berufe so klassifizieren?! Jede und jeder soll den Weg gehen, den sie oder er gehen will. Mein Weg bis hierher war von Neugierde, Entdeckerlust, Anstrengung und auch Dranbleiben geprägt. Bestimmt auch von vielen Hürden – wie eben alle Berufs- und Lebenswege welche haben. Mit meinen männlichen Kollegen – wie auch mit den weiblichen – habe ich stets sehr konstruktiv gearbeitet und viel Freude am Austausch und am gemeinsamen Interesse gehabt. Uns vereint die Leidenschaft für Rechner und deren Wirkung in der Welt. Und übrigens, in der Informatik haben wir viele weibliche Vorbilder. In meinem Studium war ich von der Mathematikerin Emmy Noether sehr fasziniert. Es liegt auch im Auge des Betrachters, ob er oder sie eine Informatikerin sieht, oder einen weiblichen Informatiker.
Zischup: Was sind die größten Stolpersteine für eine Frau auf der Karriereleiter?
Apachite: Stolpersteine mag ich nicht – Herausforderungen klingt besser und die gibt es sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Ich empfinde es jedoch als Anmaßung, dass uns Menschen vorgegeben wird, welchen Weg wir ins Leben einzuschlagen haben. Und das schließt auch die Berufswahl für Frauen mit ein. Warum klingt für uns Bauingenieurin, Vorständin, Informatikerin fremd?! Ich denke, dies hat mit dem gesellschaftlichen Kontext, unserem Rollenverständnis und – zum Glück – auch mit der eigenen Einstellung und Weltanschauung zu tun. Ich bin davon überzeugt, dass jede und jeder das werden kann, was er oder sie sich wünscht.
Zischup: Finden Sie, dass Frauen in Ihrem Beruf unterrepräsentiert sind?
Apachite: Das belegen verschiedene Studien, ja.
Apachite: Ich halte sie für notwendig – bis Frauen paritätisch repräsentiert werden.
Zischup: Glauben Sie, dass Sie als Frau einen anderen Führungsstil haben als Männer?
Apachite: Es gibt in der Tat Untersuchungen, die belegen, dass Frauen unterschiedlich zu Männern führen: integrativer, empathischer, dem Großen folgend. Ich bin überzeugt, dass ich einen eigenen Führungsstil habe und mich dadurch von allen anderen unterscheide.
Zischup: Was können Ihre Kinder von Ihnen lernen?
Apachite: Dass alles möglich ist – und dass Kindheitsträume wahr werden.
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