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"Es braucht eine Vogelperspektive"

ZISCHUP-INTERVIEW mit der Dolmetscherin Nilofar Nabi über das richtige Maß von Nähe, Distanz und Empathie.  

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Vögel schauen von oben auf die Welt – diese Sicht kann auch Dolmetschern bei ihrer Arbeit helfen. Foto: adobe.com

Die Dolmetscherin Nilofar Nabi arbeitet seit drei Jahren mit persisch sprechenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zusammen. Sie übersetzt auch im Rahmen von Psychotherapien. Rubine Nabi, ihre Tochter, aus der Klasse 8b des Freiburger Goethe-Gymnasiums hat sie zu ihrer Arbeit befragt.

Zischup: Wie sind Sie zum Dolmetschen mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gekommen?
Nabi : Die Aufgabe ist an mich herangetragen worden, als ich damals mit 14 Jahren floh. Ich bin also selber ein Flüchtling. Damals wurde ganz spezifisch nach einer weiblichen Dolmetscherin im Raum Freiburg gesucht, um mit unbegleiteten minderjährigen Mädchen Gespräche zu führen.
Zischup: Sie übersetzen in psychotherapeutischen Situationen. Dabei hören Sie von den Geflüchteten häufig von Geschehnissen, die auch sehr belasten können. Von Krieg, Terror, Tod. Wie gehen Sie damit um?
Nabi: Man muss lernen, eine Art Vogelperspektive zu entwickeln, um mit den Grenzen der eigenen Rolle flexibel umzugehen – auch für die eigene Psychohygiene. Man hört Dinge, die einem sehr nahe gehen. Die Empathiefähigkeit, also das Vermögen, sich in andere hineinzufühlen, gehört auf jeden Fall zur Dolmetschertätigkeit dazu. Aber es darf nicht in übermäßiges Mitgefühl übergehen, damit
ist niemandem geholfen. Dolmetschen in einer Psychotherapie erfordert eine gewisse Selbstsicherheit und eine Reife in der Tätigkeit. Es ist trotzdem sehr wichtig, Rücksprache mit dem Therapeuten zu halten und auch Pausen einzufordern, wenn es einem zu viel wird. Manchmal ist auch ein Nachgespräch nötig, um das Gehörte aufzuarbeiten.
Zischup: Also eine Art Supervision. Sind die Therapeuten darauf vorbereitet?
Nabi: Die meisten schon. Die wenigsten Psychotherapeuten kommen zwar mit dem Thema Dolmetschen in ihrer Ausbildung in Berührung, aber wenn beide Seiten sich auf diese Kommunikation zu dritt einlassen und sich ein Vertrauensverhältnis etabliert hat, dann funktioniert das meiner Erfahrung nach sehr gut. Nichtsdestotrotz könnten Fortbildungen sicher eine noch konstruktivere Zusammenarbeit zwischen Dolmetschern und Therapeuten ermöglichen und auch eine weitere Annäherung. Der Bedarf an einer Kommunikation zu dritt wird ja eher zunehmen.
Zischup: Wie gehen Sie damit um, wenn Sie merken, dass religiöse oder kulturelle Hintergründe die Kommunikation erschweren?
Nabi: Wenn ich das Gefühl habe, dass kulturelle Erklärungen oder Ähnliches notwendig sind, dann muss ich als Dolmetscherin abwägen können, ob das so wichtig ist, dass man den Gesprächsfluss dafür unterbricht, oder ob man es später anspricht. Gerade im therapeutischen Gespräch braucht es dafür ein Gefühl. Meistens thematisieren die Therapeuten das aber von sich aus – entweder in einem Nachgespräch oder auch vorher.
Zischup: Neben Dolmetschern gibt es auch Sprach- und Integrationsmittler. Diese vermitteln zwischen Menschen mit Migrationshintergrund und dem Fachpersonal im Bildungs- Gesundheits- und Sozialwesen. Wie ist das Verhältnis zwischen diesen beiden Berufsgruppen?
Nabi: Wir stehen nicht in Konkurrenz. Für die Sprachen, die durch Sprach- und Integrationsmittler abgedeckt werden, gibt es meist kaum universitär ausgebildete Dolmetscher. Für Dari und Paschtu zum Beispiel, die in Afghanistan gesprochen werden, oder auch für Persisch.

Nilofar Nabi (35) arbeitet seit knapp vier Jahren für das Deutsche Rote Kreuz als Dolmetscherin.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 27. April 2018: PDF-Version herunterladen

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