Zischup-Interview
"Erwarte das Unerwartete"
Martin Lamss ist Flugbegleiter bei Swiss. Im Interview spricht er mit Alisha Wafir über Flugangst, Flugscham und die Schönheit der Nordlichter. .
Alisha Wafir, Klasse 8b, Kreisgymnasium (Neuenburg)
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Zischup: Was sind die Nachteile und Vorteile an diesem Job?
Lamss: Nachteile sind für viele die unregelmäßigen Arbeitszeiten, vor allem nachts, und die verschiedenen Zeitzonen, in denen man arbeiten muss. Mir geht es da nicht so, ich brauche nicht viel Schlaf und kann mich schnell an eine Zeitzone gewöhnen: Wenn ich in Asien bin, lebe ich nach asiatischer Zeit, wenn ich in Amerika bin, nach amerikanischer. Außerdem kann es passieren, dass man nicht zu Hause ist, obwohl man das so geplant hat, weil beispielsweise der Flieger kaputt ist oder man nicht starten kann, weil schlechtes Wetter herrscht. In der Luftfahrt sagen wir immer: Erwarte das Unerwartete.
Zischup: Soviel zu den Nachteilen. Was sind die Vorteile?
Lamss: Ich verdiene Geld, während ich die Schönheit der Nordlichter über Grönland bewundere oder den Taj Mahal besuche. Außerdem liebe ich an meinem Beruf, Leuten oft mit Kleinigkeiten wirklich große Freude zu bereiten.
Zischup: Und das wäre?
Lamss: Das beginnt beim extra Stück Schokolade neben der Kaffeetasse und endet bei der Dankbarkeit von Fluggästen, denen man bei einem medizinischen Notfall helfen konnte.
Zischup: Hatten Sie schon so einen Vorfall an Bord?
Lamss: Ja, mehrere, das kann immer mal wieder vorkommen. Zu den verhältnismäßig harmloseren Fällen gehören Gäste, die mit Übelkeit oder Schwächeanfällen zu kämpfen haben. Ich hatte auch schon eine Passagierin, die ohnmächtig wurde, zum Glück aber schnell wieder zu sich kam.
Zischup: Alle reden über den Klimawandel. Sie arbeiten in einer Branche, die extrem viel CO2 ausstößt. Schämen Sie sich deswegen nicht manchmal?
Lamss: Darüber denke ich wirklich viel nach. Es ist mir deswegen auch manchmal unangenehm, wenn ich gefragt werde, was ich beruflich mache. Fakt ist aber auch, dass die Luftfahrt je nach Berechnung für nur zwei bis drei Prozent des gesamten CO2-Ausstosses verantwortlich ist. Die Firma Swiss hat sich ambitionierte CO2-Reduktionsziele gesetzt, es gibt eine Vielzahl an entsprechenden Maßnahmen. Schon jetzt wird zum Beispiel nachhaltiger Treibstoff eingesetzt, an Bord gibt es vor allem regionale Produkte und einige unserer Flugzeuge haben als erste weltweit eine spezielle Folie aufgeklebt, welche die strömungsgünstigen Eigenschaften der Haifischhaut imitiert und den Kerosinverbrauch reduziert.
Zischup: Würden Sie Ihren Job in der Zukunft wechseln?
Lamss: Wenn’s nach mir ginge, würde ich diesen Job bis zur Rente ausüben, nichts hat mir bisher so viel Spaß gemacht. Obwohl ich zuvor als gelernter Journalist eine Menge spannende Berufe hatte, unter anderem als Pressesprecher bei einem Fraunhofer-Institut. (Fraunhofer ist die größte Organisation für angewandte Forschung in Europa, Anm. der Redaktion) Ich hoffe, ich bleibe so lange "fit to fly".