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Zischup-Interview mit F. Littschwager über Thailand

"Einer der schönsten Sonnenuntergänge der Welt"

Die beiden Zischup-Reporterinnen Anna-Marie Tarodi und Sara Wallner, beide aus der Klasse 8 der Freien Christlichen Schule in Freiburg, interviewten F. Littschwager, Saras Vater, über sein Leben in Thailand.  

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F. Littschwager mit Elefant   | Foto: privat
F. Littschwager mit Elefant Foto: privat
Zischup: Wie sind Sie darauf gekommen, nach Thailand zu ziehen?
Littschwager: Ich bekam ein Angebot von einem Tauchcenter in Khao-Lak für den Posten des F&B- Managers. Den Manager der Tauchbasis habe ich in München kennengelernt, als ich dort Chef-Gardemanger in einem Hotel war.
Zischup: Und was machen Sie jetzt?
Littschwager: Inzwischen bin ich Manager bei einem lokalen Reiseveranstalter und dort zuständig für die Produktentwicklung und das Marketing.
Zischup: Was haben Sie auf ihrem Weg zum Manager noch gemacht?
Littschwager: Das erste Jahr in Thailand war schwierig: Der neue Chef hatte binnen drei Monaten all seine Versprechen gebrochen. Mein Gehalt war nur die Hälfte von dem, was vereinbart war, das Dienstfahrzeug war ein alter klappriger Roller. Die Reserven, mit denen ich nach Thailand gekommen war, waren schnell aufgebraucht. Aber ich wollte noch nicht aufgeben. Daher hab ich mich dann bei einem Hotel in Khao-Lak in der Küche beworben. Die nahmen mich als Küchenchef an. Das Gehalt war sehr mickrig, aber es schien zumindest ein Schritt in die richtige Richtung zu sein. Im Hotel machte die Arbeit Spaß. Nach weiteren zwei Monaten - mein Flugticket zurück nach Deutschland war noch immer gültig - entschied ich mich, bis zum Datum meines Rückfluges, ein wenig Thailand kennenzulernen.

Zischup: Was haben Sie dann unternommen?
Littschwager: Da ich kein Geld mehr hatte, um zu reisen, heuerte ich bei einem Ausflugsunternehmen als deutschsprachiger Tourbegleiter an. Nach wenigen Wochen wurde der Geschäftsführer dort auf mich aufmerksam und machte mich zum Reiseleiter für ein großes deutsches Reiseunternehmen. Die Stelle war eine Herausforderung – im Team von vier Reiseleiterinnen waren wir quasi rund um die Uhr im Einsatz. Gäste beraten und im Hotel dafür sorgen, dass genügend Käse auf dem Buffet liegt. Wir übersetzten für Touristen bei der Polizei und stellten generell die Brücke zwischen den Erwartungen der deutschen und österreichischen Urlauber und der entspannten Lebensart der Thais dar. Das Ticket nach Deutschland ließ ich schließlich im Sommer 2012 verfallen. Der Job hatte mir eine neue Perspektive gegeben. Als Reiseleiter fühlte ich mich endlich angekommen. Er stellte eine Herausforderung dar, aber auch eine Chance, im Tourismus weiter Karriere zu machen. Während meiner Arbeit als Reiseleiter, bekam ich einen tiefen Einblick in die Arbeit von Reiseveranstaltern und Ausflugsunternehmen. Nach einiger Zeit eröffnete ich noch als Nebenverdienst ein kleines Café, um nicht ganz von der Küche wegzukommen. Allerdings waren dann 2015 alle Möglichkeiten zu einem weiteren Aufstieg in Khao-Lak ausgeschöpft. Eine weitere Chance tat sich im Herbst 2015 auf, als ich von einem norwegisch geführten Unternehmen in Krabi kontaktiert wurde. Dort bat man mir eine Stelle als Vertriebs- und Marketing-Chef an. Inzwischen leite ich, wie schon gesagt, dort auch die Produktentwicklung.

Zischup: Wie lange leben Sie schon in Thailand?
Littschwager: Inzwischen lebe ich seit fünfeinhalb Jahren in Thailand. Davon etwa eineinhalb Jahre in Krabi und den Rest davon in Khao-Lak.
Zischup: Wie verstehen Sie sich mit den Touristen und auch den Einwohnern?
Littschwager: Im Grunde genommen komme ich mit beiden Gruppen gut klar. Wir sind als Dienstleistungsunternehmen im Tourismus immer darauf bedacht, eine Verbindung zwischen Einheimischen und Urlaubern herzustellen.
Zischup: Was gefällt Ihnen besonders gut und was gar nicht an dem Leben und der Arbeit, die Sie dort haben?
Littschwager: Am besten gefällt mir die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Kulturen. Allein hier im Büro arbeiten wir mit Gästen in elf verschiedenen Sprachen. Jede Kultur hat unterschiedliche Lösungen für das selbe Problem. Manchmal ist das auch das, was mir am wenigsten gefällt, das kann manchmal auch ein wenig anstrengend sein.

Zischup: Was für Unterschiede merken Sie zwischen der deutschen und der thailändischen Kultur?
Littschwager: Da gibt es so viele, dass ich sie wahrscheinlich gar nicht alle aufzählen kann. Religion ist wichtig, aber Toleranz auch: Die Thais sind tiefreligiöse Menschen. Die Mehrheit sind Buddhisten, es gibt aber - besonders hier im Süden - eine Menge Muslime, Hindus und ein paar vereinzelte Christen. Religion ist hier überall offensichtlich. Manche Restaurants verkaufen kein Schweinefleisch, manche kein Rind, manche nur vegetarisches Essen. Im Büro zieht man sich vor der Tür die Schuhe aus, selbst in manchen Läden im Ort und auf Booten wird das so gemacht, um kein Unglück mit ins Haus zu bringen. Trotzdem gibt es hier keine Auseinandersetzungen, denn alle Religionen können hier seit vielen hundert Jahren friedlich zusammenleben. Für Touristen ist die ruhige, entspannte Art der Einheimischen oft erst noch gewöhnungsbedürftig. Es reicht halt hierzulande, wenn nicht alles immer perfekt ist. Wenn eine Wand nur ein bisschen gerade ist oder die Straße nicht ganz eben ist. Daher stellen wir hier viele Einwanderer ein, damit jeder in seiner eigenen Kultur angesprochen werden kann. Das ist dann die Aufgabe der Reiseleiter, die Brücke zwischen den Kulturen herzustellen. Es gibt viele kleinere kulturelle Unterschiede, Dinge die man besser nicht tun sollte, um niemanden zu beleidigen: Man schüttelt sich hier nicht die Hände, man faltet sie vor der Brust oder vor dem Kinn und verneigt sich ganz leicht. Man sollte auf keinem Fall mit dem Finger auf andere Leute zeigen und auch nicht die Füße hochlegen, sodass die Sohlen sichtbar werden. Die Thailänder sind ausgesprochen tolerant uns Ausländern gegenüber. Allerdings sollte man sie trotzdem nicht beleidigen.

Zischup: Wie läuft Ihr Alltag ab?
Littschwager: Der Alltag ist fast wie in Europa auch. Wir arbeiten hier im Büro sechs Tage die Woche, immer von neun Uhr morgens bis circa sechs Uhr abends. Meistens versuche ich morgens die ersten wichtigen Projekte auf den Weg zu bringen: So müssen Preisanfragen von Reiseveranstaltern, die wegen der Zeitverschiebung oft über Nacht hereingekommen sind, verteilt werden. Dafür habe ich ein Team von vier Mitarbeitern, die Preise vor Ort einholen, neue Routen auskundschaften oder Verträge mit Fahrern und Bootskapitänen aushandeln. Dann gibt es meistens ein paar Notfälle zu lösen, und der Tag ist schon halb vorbei. Zum Mittagessen habe ich meistens eine Verabredung hier im Ort mit Hotelchefs oder Reiseleiter-Teams. Dann kommen auch manchmal Reiseveranstalter zu Besuch, etwa zu einer Inspektion. Die Reisebüros schicken dafür einen Mitarbeiter ins Zielgebiet, also in diesem Fall nach Krabi, und wir zeigen ihnen dann die Gegend, inspizieren zusammen Hotels, Ausflüge oder Transfers. Nachmittags kümmere ich mich dann um unsere Social-Media-Auftritte. Instagram, Facebook, Youtube und unsere Webseite muss auf Vordermann sein. Danach gehe ich eine Runde durch die Hotels, wo mein Team von inzwischen insgesamt 18 Tour-Verkäufern in den Lobbys sitzt und Ausflüge direkt an die Gäste verkauft. Dazwischen gibt es noch Buchhaltung zu erledigen und so weiter. So ein Arbeitstag ist schnell zu Ende. Ich versuche immer vor halb sieben Feierabend zu machen. Denn wir haben hier einen der schönsten Sonnenuntergänge der Welt.

Zischup: Wie ist es für Sie, so weit weg von Zuhause zu leben?
Littschwager: Das ist eine schwierige Frage. Inzwischen lebe ich seit insgesamt elf Jahren auf Achse. Mal mehr, mal weniger weit weg von zu Hause. Ich habe auch einige Zeit in Australien gelebt. Die Distanz kann man heute ganz gut überbrücken. Es gibt Skype, Whatsapp und Mails. Klar habe ich manchmal Heimweh. Und manchmal wünsche ich mir auch, einen vergleichbaren Job in Deutschland finden zu können. Doch inzwischen habe ich mir meinen Karrierepfad aufgebaut, der mich auch eines Tages wieder zurück nach Deutschland bringen wird. Dazu braucht es aber noch viel Arbeit. Ein internationales Netzwerk im Tourismus ist aber sehr hilfreich für meine zukünftigen Pläne. Und was das Heimweh anbelangt: So lange Asien mich beherbergt, fühle ich mich hier auch zu Hause. Thailand ist, wenn man sich an die Regeln hält und mit Respekt den Einheimischen gegenüber auftritt, ein ausgesprochen gastliches Land. Auch für Einwanderer.

Ressort: Schülertexte

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