Reportage
Ein Nachmittag bei der Bahnhofsmission
Sie helfen beim Umsteigen oder tragen älteren Menschen das Gepäck – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Freiburger Bahnhofsmission. Aber sie sind noch viel mehr: Ansprechpartner für alle, die Hilfe suchen. Mirjam Großmann hat einen Nachmittag in der Mission miterlebt.
Mirjam Großmann, Goethe-Gymnasium Freiburg & Klasse 8c
Fr, 30. Mär 2012, 12:35 Uhr
Schülertexte
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Danach wird es wieder ruhiger in den Räumen der Bahnhofsmission am Ende von Gleis eins des Freiburger Hauptbahnhofes. Zwei ältere Männer sitzen an den Tischen und trinken Tee. Der eine liest Zeitung und diskutiert mit den Mitarbeitern der Bahnhofsmission über das Geschehen des Tages. Der andere Mann muss dringend ein Dokument an das Jobcenter faxen. Auch da ist die Bahnhofsmission behilflich. Der Raum, den sie von der Deutschen Bahn zu Verfügung gestellt bekommen haben, ist freundlich eingerichtet. Es stehen viele Tulpen da. Es gibt sogar ein Sofa am anderen Ende des Raums, reserviert für Frauen und Kinder.
Die beiden Frauen kommen wieder zurück. Sie haben den gesuchten Mann dabei. Er hat ganz kurze Haare und ist Mitte 20. Um Diskretion zu wahren, gehen sie ins Büro. Die Kollegin von Viola Aberle kommt kurz heraus und holt den Flyer mit den Vermittlungsstellen für Unterkünfte, Beratungsstellen und Essensausgaben. Wenige Minuten später stürzt der Mann heraus und eilt auf den Bahnsteig, kurz danach auch Viola Aberle. Sie hat die Polizei verständigt. Der Mann wird in die Obhut der Polizei gegeben, weil er nach eigenen Angaben suizidgefährdet ist. "Es gibt auch ruhigere Tage", sagt Viola Aberle, die seit fast fünf Jahren bei der Bahnhofsmission tätig ist.
Die Bahnhofsmission wird zusammen von der Evangelischen Stadtmission Freiburg und von "IN VIA", Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit in der Erzdiözese Freiburg ökumenisch betrieben. Zur Bahnhofsmission können alle kommen, die Hilfe brauchen, egal ob jung oder alt, Mann oder Frau.
Plötzlich kommt ein junges Paar italienischer Herkunft aufgebracht durch die Tür. Die Frau muss sehr dringend jemanden anrufen, aber ihr Handy-Guthaben ist aufgebracht. Sie darf vom Telefon der Bahnhofsmission anrufen.
Cornelia Reister, eine der beiden Leiterinnen, kennt zahlreiche Geschichten. "Ein Mann mit großem Redebedürfnis besuchte uns über mehr als ein Jahr lang fast täglich. Er erzählte, wie die vergangene Nacht auf der Straße war und was ihn sonst gerade bewegte. Er war schwer abhängig, sein Tagesrhythmus wurde ihm von Suchtdruck, Beschaffung und Rausch vorgegeben. Lange Zeit hielt er an seinem Entschluss fest, sich nie mehr in Behandlung zu begeben, auch wenn es ihn das Leben kosten würde. Die Mitarbeiter der Bahnhofsmission hörten zu, vermittelten Wertschätzung und gaben kleine Hilfestellungen. Nach fast zwei Jahren ging der Same auf. Er wollte sich wieder in Behandlung begeben und untergebracht werden und war bereit, die notwendigen Schritte zu tun. "Ohne Euch würde ich nicht mehr leben. Das sagte er öfter und meinte es sehr ernst", berichtet Cornelia Reister.
Auch Viola Aberle hat noch eine spannende Episode parat: "Ein Mann hat mit unserem Einverständnis sein Gepäck abgestellt. Als er dann weg war, kamen aus der Tasche komische Geräusche. Wir riefen die Polizei, die das Bombenentschärfungsteam aus Stuttgart verständigte. Der Bahnhof wurde abgesperrt und sehr vorsichtig wurde die Tasche geöffnet. Es stellte sich heraus, dass sich der Rasierapparat versehentlich eingeschaltet hatte."
Am Nachmittag wird es wieder ruhiger. Vereinzelt kommen Leute herein und trinken einen Tee. Ab und zu klingelt das Telefon. Heidi Richert, eine der über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahnhofsmission hebt ab und nimmt einen Gleisauftrag entgegen. Bei Gleisaufträgen hilft die Bahnhofsmission Behinderten, Blinden, Alten oder auch Kindern beim Umsteigen, Ein- und Aussteigen oder beim Gepäck tragen. Auf die Frage, ob es eine normale Schicht war, antwortet Viola Aberle: "Was ist schon normal!"
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