Drei Betten, ein Fernseher und Spinde an der Wand – fertig
Zwei Schülerinnen des Oberrhein-Gymnasiums waren bei einem afghanischen Mädchen in der Notunterkunft zum Tee und berichten über ihre Eindrücke.
Leonie Fiebich, Anna Schiering, Klasse 8b, Oberrhein-Gymnasium & Weil am Rhein
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Wir, Anna und Leonie, halfen den Kindern im Flüchtlingsheim, Deutsch zu lernen und Hausaufgaben zu erledigen. Eine Zeit, in der Gespräche über die Vergangenheit meist vermieden wurden. Wir wussten, woher sie kamen, doch was sie vor und während der Zeit der Flucht erlebt hatten, blieb uns verborgen. Erst nach und nach ließ die Distanz zwischen den Kindern und uns nach. Plötzlich wurde vor Freude gekreischt, wenn wir "Camp A" betraten und mindestens fünf Kindern warfen sich einem an den Hals. Langsam wurde die Gruppe größer.
Im Februar begann dann die große Auszugswelle. An nur einem Tag zogen zwei Familien mit fünf Kindern, die von Anfang an dabei gewesen waren, nach Binzen. Um diese Zeit brach zwischen den Übriggebliebenen und uns endgültig das Eis. Wir durften Blicke in die Wohncontainer werfen, das einzige Private sehen, was sie wirklich hatten. Bei vielen Besuchen wurde uns Tee angeboten, und wir begannen Gespräche, die, vermutlich auch aufgrund der besseren Deutschkenntnisse, tiefgründiger wurden.
"Die Lehrerin war nicht da gewesen. Sie war wegen vieler Autos ganz langsam", wird uns erklärt. Wir sitzen auf einem Teppich am Boden des Wohncontainers A7. Im Hintergrund sehen sich die beiden jüngeren Schwestern von Yasmin A.*, einem afghanischen Mädchen, einen Film an. Die laute, arabische Tanzmusik schallt durch den ganzen Raum. Nun, groß ist dieser gerade nicht. Der Platz reicht gerade einmal für ein Stock- und ein Doppelbett, einige Spinde an der Wand, einen Fernseher auf dem Boden und eine kleine Sitzfläche. Es riecht nach Essen, die Sonne scheint von draußen herein. "Sie stand im Stau?", haken wir nach. "Ja, Stau", erwidert die Elfjährige. Die Afghanin erzählt, dass Deutsch ihr Lieblingsfach sei, Mathe hingegen würde ihr nicht gefallen.
Wir wollen wissen, ob sie Freunde in der Schule habe. Yasmin erklärt, dass sie meist alleine sei und nur mit einem anderen afghanischen Jungen befreundet wäre. Dies sei auch der Grund, weshalb sie sich vor der Gemeinschaftsschule fürchte, auf die sie im kommenden Schuljahr wechseln wird. Wir beruhigen sie und versichern ihr, dass sie dort ganz bestimmt nette Mädchen kennenlernen würde.
Nach der Schule sitzt sie meist am Laptop, abends isst sie mit ihrem älteren Bruder, ihren beiden jüngeren Schwestern und ihren Eltern. Ein weiterer sechsjähriger Bruder ist mit der Großmutter in Afghanistan geblieben. Die Elfjährige erzählt, dass sie sich auf den Sommer freut, zu dieser Jahreszeit würden sie draußen gemeinsam grillen.
Um 20 Uhr gehen bei ihr die Lichter aus. Sie, ihre Schwestern und Eltern schlafen im selben Raum, ihr Bruder im benachbarten. Im Hintergrund läuft inzwischen der Abspann des Filmes. Die Mädchen beginnen, zur Musik zu singen. Es ist ein so normales Bild, zwei Mädchen, drei und sechs Jahre, die kichernd über das Doppelbett rollen. Yasmin greift nach Leonies Handy, beginnt Subway Surf zu spielen. Was sie sich für die Zukunft wünscht? Endlich in ein großes Haus zu ziehen, weg aus der Notunterkunft. Wir werden abwarten und Tee trinken. Afghanischen Tee. *Name geändert
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