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Zischup-Interview

"Die Kinder geben einem viel zurück"

Erzieherinnen und Erzieher werden händeringend gesucht. Alexander Liedtke hat diesen Beruf gewählt. Er arbeitet in der Kita Rieselfeld in Freiburg. .  

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Spielzeug braucht es im Kindergarten – aber noch wichtiger sind Erzieherinnen und Erzieher, die sich um die Kinder kümmern, ihnen Dinge beibringen, mit ihnen Quatsch machen und sie trösten, wenn sie traurig sind. Foto: Uwe Anspach (dpa)
Zischup: Was sind die Hauptaufgaben in Ihrem Beruf als Erzieher?

Liedtke: Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Eingewöhnung der Kinder und Eltern in die Kindertagesstätte. Denn auch für die meisten Eltern sind die Kita und die Situation neu. Wenn das geschafft ist, geht es darum, die Kinder dabei zu unterstützen, bestmöglich groß zu werden, ihnen beizubringen, eigenständige Entscheidungen treffen zu können, und sie in der verbalen Ausdrucksweise zu stärken.

Zischup: Ist es wichtig, bei Kindern eine Routine einzuhalten?

Liedtke: Ja, das ist sehr wichtig! Auch Erwachsenen kann Routine Halt geben. Bei Kindern, die auch noch nicht die Uhr lesen können, ist dies wichtig, damit ein Gefühl für Zeit entsteht und die Kinder wissen, was als Nächstes ansteht. Struktur gibt Sicherheit.

Zischup: Wie läuft es bei Ihnen mit der Umsetzung des Plans, kein Fleisch mehr in den Freiburger Kitas anzubieten?

Liedtke: Seit September 2023 wird kein Fleisch mehr angeboten. Trotz Aufschrei in den Medien läuft es mit der Umsetzung bei uns gut. Wir haben die Eltern mit einbezogen und ihnen bei einem Elternabend gezeigt, was es stattdessen gibt. Für die Kinder war nur wichtig, dass es warmes Essen in Gemeinschaft gibt.

Zischup: Auf was achten Sie beim Spielzeug?

Liedtke: Bei uns wird auf alltagsnahes Spielzeug geachtet. Wir benutzen außerdem kein Baukastensystemspielzeug, sondern Spielzeug, womit Kinder kreativ werden können. Die Kreativität und Fantasie zu fördern ist pädagogisch sinnvoll.

Zischup: Was macht Ihnen Spaß an der Arbeit mit Kindern?

Liedtke: Ich finde besonders schön, gemeinsame Momente mit den Kindern zu erleben und zu gestalten. Schön finde ich auch, wenn man schon länger im Beruf ist, zu sehen, was aus den Kindern geworden ist, die man begleitet hatte.

Zischup: Wie viel verdienen Sie?

Liedtke: Bei der Stadt Freiburg gibt es strikte Lohntabellen nach dem Tarif im öffentlichen Dienst, die im Internet unter Tarifvertrag Sozial- und Erziehungsdienst nachzuschauen sind. Diese beruhen auf der Berufserfahrung und auf der Steuerklasse, zum Beispiel bei vier Jahren Berufserfahrung und Steuerklasse 1 sind es 2200 Euro netto.

Zischup: Was sind Voraussetzungen, um Erzieher zu werden?

Liedtke: Man benötigt mindestens die Mittlere Reife, also Realschule. Dann gibt es verschiedene Arten von Ausbildungen, zum Beispiel die PIA-Ausbildung, die dauert drei Jahre. Dann gibt es noch die Möglichkeit, ein Jahr in den Kindergarten zu gehen, als Vorpraktikum, zwei Jahre Erzieherschule zu machen, und dann muss man noch ein Anerkennungsjahr absolvieren mit Begleitung und dann noch eine Abschlussprüfung bestehen. Das geht dann insgesamt vier Jahre. Es gibt auch noch andere Ausbildungsmöglichkeiten.

Zischup: Mit steigenden Arbeitszeiten der Eltern müssen Kinder auch länger in die Kitas. Wie handhaben Sie das?

Liedtke: Wir hier in der Kindertagesstätte haben vier verschiedene Zeitmodelle, 7 bis 14 Uhr, 8 bis 14 Uhr, 7 bis 17 Uhr und 8 bis 17 Uhr. Die Eltern melden ihren Bedarf an, wir vergeben dann die Plätze. Die aktuelle Situation ermöglicht leider nicht, dass jede Familie die gewünschte Betreuungszeit bekommen kann. Die Bedarfe der Familien sind unterschiedlich und verändern sich immer mal wieder, sodass auch die Plätze mit hohem Stundenumfang getauscht werden können.

Zischup: Können die Kinder nicht in eine Stresssituation kommen, wenn sie so wenig zu Hause sind?

Liedtke: Ja, es kann passieren, wenn das Kind zu lange von den primären Bezugspersonen getrennt ist. Daher ist die Eingewöhnung auch ganz wichtig dafür, dass sich das Kind nicht unwohl fühlt. Die Eingewöhnungszeit wird von uns im Team immer wieder überdacht, reflektiert und angepasst. Eine Eingewöhnung ist für uns dann gelungen, wenn das Kind ohne Ängste und mit all seinen Bedürfnissen und Gefühlen gut in der Kita sein kann. Die Forschung spricht vom Stresshormon Cortisol. Für eine stressfreie Zeit braucht es viel Bedürfnisorientierung, Struktur im Tag und Möglichkeiten für Aktivitäten und Entspannung. Wir als Erzieher sind mit den Eltern im Gespräch, wie sich der Kita-Tag auf den restlichen Tag zuhause auswirkt und anders herum. Diese Zusammenarbeit mit den Eltern ist Grundlage für das Wohlbefinden des Kindes.

Zischup: Wie sehr beeinträchtigt der Personalmangel die Kita?

Liedtke: Derzeit sind bei uns in der Kita zwei Stellen unbesetzt. Was hinzukommt, ist, dass gerade jetzt im Herbst der Personalausfall auf Grund von Krankheiten besonders stark ist und den Betrieb in der Kita beeinträchtigt. Wir müssen mehr zusammenrücken und trotzdem versuchen, die Routine einzuhalten. Das ist dann schon stressig. Es gibt zum Glück immer ein paar Wochen, in denen es nicht ganz so schlimm ist und dann gibt es auch wieder gute Momente, in denen man wieder durchatmen kann und stolz ist, dass man es geschafft hat.

Zischup: Haben Sie viele Kinder mit Migrationshintergrund?

Liedtke: Ja, wir haben viele Kinder und Familien mit unterschiedlichen Herkünften und Kulturen in unserer Kita. Es ist für uns wunderbar vielfältig und macht Spaß, gemeinsam unterschiedliche Sprachen zu erforschen und auch andere Kommunikationsmöglichkeiten zu finden.

Zischup: Wie handhaben Sie es mit Kindern, die kein Deutsch können?

Liedtke: Man kann vieles mit Körpersprache, Gegenständen und Symbolen regeln. Gerne zeigen wir auf Dinge, setzen Symbole von MetaCom ein oder haben Fotos zur Hand. Durch das Kennenlernen des Kindes und durch den Austausch mit den Eltern kann ich als Erzieher die Signale des Kindes verstehen und deuten lernen, zum Beispiel, ob es Hunger hat oder neugierig ist. Meine Erfahrung ist auch, dass die Gemeinschaft in der Gruppe es den Kindern erleichtert, schnell zu lernen.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 15. Dezember 2023: PDF-Version herunterladen

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