"Danach zeigen Jugendliche oft Reue"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Willi Ernst, der sich bei der Emmendinger Polizei um klauende und schlägernde Jugendliche kümmert.
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Willi Ernst ist Jugendsachbearbeiter bei der Polizei in Emmendingen. Wenn Jugendliche kriminell werden, ist er zuständig. Zischup-Reporterin Sophia Kopfmann aus der Klasse 8a der Theodor-Frank-Realschule in Teningen hat ihn interviewt.
Ernst: Nein, ich habe keine Straftaten begangen. Natürlich habe ich mit meinen Freunden mal Streiche gespielt, zum Beispiel am ersten Mai, aber sonst war da nichts. Wer sich bei der Polizei bewirbt, sollte keine kriminelle Vergangenheit haben.
Zischup: Denken Sie, wenn Sie mit Jugendlichen in Kontakt treten, auch mal an Ihre eigene Jugend zurück?
Ernst: Natürlich denke ich an meine Jugend zurück und versetze mich in die Denkweise von Jugendlichen hinein. Die heutige Jugend ist mit der Jugend von damals aber nicht zu vergleichen. Die familiären Verhältnisse haben sich verändert, aber ich denke, als Jugendsachbearbeiter kann ich mich besser in die Jugendlichen hinein versetzten als ein normaler Polizeibeamter.
Zischup: Was stört Sie, wenn sie mit Jugendlichen in Kontakt treten?
Ernst: Ich beziehe mich auf das Verhalten in Einzelfällen. Oft ist es die Respektlosigkeit Jugendlicher der Polizei aber auch anderen Erwachsenen gegenüber. Manche versuchen zu provozieren, oder sie werden frech. Das stört mich.
Zischup: Was sind häufige Taten von Jugendlichen?
Ernst: Meistens Ladendiebstahl, Sachbeschädigung oder Körperverletzung. Bei Mädchen ist es meist der Ladendiebstahl. Viele klauen Kosmetikartikel. Bei Jungs sind es häufiger Körperverletzung und Sachbeschädigung, zum Beispiel bei einer Schlägerei. Meist werden Dinge geklaut, die sie selber gut gebrauchen können, wie zum Beispiel Zigaretten oder Alkohol. Das sind auch Dinge, die sie sich nicht kaufen können, weil sie zu jung sind. Was auch immer wieder vorkommt, sind frisierte Mofas.
Zischup: Verhalten sich jugendliche Täter anders als erwachsene Täter?
Ernst: Ja, da muss man klar differenzieren. Jugendliche begehen häufig die gleichen Taten, eben Ladendiebstahl oder Sachbeschädigung. Danach zeigen sie oft Reue. Erwachsene Täter sind hingegen sehr viel abgebrühter. Außerdem treten Jugendliche meistens nur einmal als Täter in Erscheinung.
Zischup: Hat sich die Kriminalität unter Jugendlichen über die Jahre verändert?
Ernst: Ja, denn bis vor zwei Jahren ist die Rate von jugendlichen Tätern immer mehr angestiegen, doch seit zwei Jahren sinkt sie wieder. Das kann auch daran liegen, dass die Polizei verstärkt auf Prävention setzt.
Zischup: Sehen Sie eine Verbindung zwischen den Taten von Jugendlichen und deren sozialem Umfeld?
Ernst: Ja, häufig spielt die familiäre Situation eine große Rolle oder deren Peergroup. Es besteht immer ein gewisser Gruppenzwang in Freundeskreisen.
Zischup: Was halten Sie vom Umgang mit Alkohol bei Jugendlichen?
Ernst: Ich finde es gut, dass Jugendliche harten Alkohol erst bekommen, wenn sie volljährig sind. Grundsätzlich sollte man aber zum Beispiel Bier ab 16 Jahren nicht verbieten, denn sonst besteht wieder ein Anreiz, es sich zu beschaffen. Und das, obwohl es verboten ist. An Fastnacht hat man beispielsweise oft Jugendliche unter 18 Jahren mit Alkohol erwischt, den sie noch nicht konsumieren sollten. Wenn wir im Dienst so etwas mitbekommen, wird der Alkohol beschlagnahmt und die Eltern werden verständigt.
Zischup: Werden eher Mädchen oder eher Jungs zu Tätern?
Ernst: Das sind eher die Jungs, vor allem aber wegen Körperverletzung, wie zum Beispiel Schlägereien. Langsam holen die Mädchen aber auf. Das ist natürlich im negativen Sinne gemeint.
Zischup: Sind Drogen bei Jugendlichen auch schon ein Problem?
Ernst: Ja, dazu zähle ich auch den Alkohol, aber vor allem Haschisch oder Tabletten. Auch diese Arten von Drogen sind bei Jugendlichen zu einem großen Problem geworden. Wenn sie beispielsweise beim Konsumieren von Haschisch erwischt werden, wird, wenn es das erste Mal ist, das Verfahren in der Regel eingestellt. Alkoholkonsum ist für Jugendliche selbst nicht strafbar, sondern für denjenigen, der den Jugendlichen den Alkohol besorgt hat.
Zischup: Was können Sie zu den Strafen im Allgemeinen sagen?
Ernst: Das Jugendstrafgesetz ist bei weitem nicht so streng wie das der Erwachsenen. Wenn Jugendliche zum ersten Mal als Täter in Erscheinung treten, etwa weil sie irgendwo eine Tafel Schokolade geklaut haben, wird das Verfahren eingestellt. Zuerst werden die Jugendlichen vernommen, dann werden die Eltern informiert, dann gibt es eine Strafanzeige, und dann wird das Verfahren eingestellt. Wenn die Taten eines Jugendlichen sich wiederholen, wird er Arbeitsstufen ableisten müssen. Das ist die nächste Stufe. Und die dritte Stufe ist der Jugendarrest, der zwischen einem Tag und vier Wochen andauern kann. Wenn Jugendliche unter 14 Jahre alt sind, werden sie nicht nach dem Strafrecht zur Rechenschaft gezogen, es kann aber andere Konsequenzen geben. Bei Jugendlichen gilt das sogenannte Diversionsverfahren, was so viel bedeutet wie Erziehung statt Strafe. Doch je älter die Jugendlichen werden, desto mehr Einsicht wird erwartet.