"An einem Ort zu sein, wäre langweilig"

ZISCHUP-INTERVIEW mit dem 15-jährigen Leandro Zinnecker vom Zirkus Lamberti über das Leben im Wohnwagen.  

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Leandro bei der  Handstandpyramide.  | Foto: Ilona Seifermann/privat
Leandro bei der Handstandpyramide. Foto: Ilona Seifermann/privat

Der 15-Jährige Leandro Zinnecker vom Zirkus Lamberti war schon viel unterwegs. Seit seiner Geburt reist er von Ort zu Ort und tritt mit seiner Familie auf. Ein Leben in einem Haus mit festem Standort ist für ihn nur schwer vorstellbar. Bevor er mit seinem Zirkus weiter gezogen ist, hat Anna Rogge, Schülerin der Klasse 8c am Kolleg St. Sebastian in Stegen, ihn getroffen und mit ihm über all diese Dinge gesprochen.

Zischup: Ihr zieht ja heute weiter. Wie ist das so, von Ort zu Ort zu reisen?
Leandro Zinnecker: Das kann ich schwer sagen, für mich ist das ja ganz normal. Manchmal ist es gut, manchmal aber auch schlecht.
Zischup: Was ist für dich das Faszinierende am Zirkus?
Leandro: Ich finde toll, dass ich dadurch vieles gelernt habe: Handstand, Messerwerfen, Salto ...
Zischup: Du bist ja erst 15, wie machst du das mit der Schule?
Leandro: Ich habe letztes Jahr meinen Abschluss gemacht, aber früher war ich fast jede Woche an einer anderen Schule. Das fand ich manchmal echt cool. Denn wenn es einen Lehrer gab, den ich nicht mochte, war ich in der nächsten Woche schon wieder weg.
Zischup: Wie machst du das mit Freunden?
Leandro: Mit denen bleibe ich über Facebook in Kontakt. Ich habe Freunde, die ich seit über zehn Jahren kenne, obwohl ich sie nicht täglich sehe. Häufig treffe ich sie nur einmal im Jahr, wir kommen oft an die gleichen Plätze zurück. Das ist dann auch immer schön. Außerdem lernt man ja auch immer neue Menschen kennen.
Zischup: Lebst du schon immer im Zirkus?
Leandro: Ja, ich wurde hier geboren.
Zischup: Und seit wann trittst du auch auf?
Leandro: Eigentlich schon immer, als Baby stand ich auch schon auf der Bühne. Ich habe mit einem Bein auf der Hand eines Artisten gestanden. Das hat bei uns eigentlich jedes Baby gemacht, außer meine kleine Nichte, die es jetzt eigentlich müsste. Sie kann es noch nicht.

Zischup: Bist du vor Vorstellungen aufgeregt? Wenn ja, was machst du dagegen?
Leandro: Nein, aufgeregt bin ich nicht mehr, nur wenn ich etwas Neues mache, aber das legt sich dann. Wenn ich genug trainiere, fühle ich mich auch sicher.
Zischup: Du machst ja auch Handstandakrobatik und Messerwerfen, was nicht immer ganz ungefährlich ist. Hast du da manchmal Angst und ist schon mal etwas schief gelaufen?
Leandro: Nein, schief gelaufen ist noch nie etwas und im Notfall bin ich beim Handstand gesichert, wenn es gefährlich wird. Ich habe ganz selten Angst, das ist ja alles Gewohnheit. Wenn ich schlechte Laune habe, fühle ich mich aber nicht so sicher, wie wenn ich gut drauf bin.
Zischup: Wie oft musst du trainieren?
Leandro: Nicht jeden Tag. Sobald das Zelt aufgebaut ist, wird trainiert, drei bis
vier Mal in der Woche, für jeweils ein bis zwei Stunden. Wir haben aber auch einen extra Trainingswagen, der ist wie ein Kraftraum, dort trainieren wir auch.
Zischup: Bringst du dir die Nummern selber bei?
Leandro: Die Nummern habe ich von meinem Vater gelernt, der sie von anderen Artisten hat.
Zischup: Wo lebt ihr denn im Winter, wenn ihr nicht auftretet?
Leandro: Im Winter leben wir auch im Wagen, immer hier in dieser Region rund um Freiburg. Wir bleiben aber an einem Ort. Die Winterpause geht etwa vier Monate.
Zischup: Wie ist es, im Wohnwagen zu leben?
Leandro: Eigentlich gut, ich habe meinen eigenen Wagen.
Zischup: Würdest du manchmal lieber in einem Haus wohnen?
Leandro: Nein, eigentlich nicht, so habe ich mehr Privatsphäre.
Zischup: Wie jetzt?
Leandro: Der Wohnwagen ist zwar kleiner als ein Haus, aber dafür ist es toll einen eigenen zu haben. Da habe ich dann sozusagen fast mein eigenes Haus.

Zischup: Ihr habt ja auch Tiere, welche?
Leandro: Wir haben Esel, Ziegen, Ponys, Hunde und Tauben. Es machen aber nicht alle Tiere bei den Vorstellungen mit.
Zischup: Wieso habt ihr keine Löwen oder Tiger?
Leandro: Ich finde, Löwen und Tiger gehören nicht in den Zirkus, sondern in die Wildnis. Einmal hatten wir einen Löwen, als ein Artist bei uns war, der eine Stelle gesucht hat. Der Löwe ist aber nicht aufgetreten.
Zischup: Wie viele Menschen arbeiten im Zirkus oder wirken mit?
Leandro: Meine zwei Schwestern, meine beiden Schwager, meine Eltern, mein Neffe, meine Nichte… Das sind neun Leute, die auftreten, dann gibt es aber noch meine kleine Nichte und einen Arbeiter aus Rumänien.

Zischup: Könntest du dir ein anderes Leben überhaupt vorstellen?
Leandro: Ja, schon, aber ich kann mir nicht vorstellen, an einem Ort zu bleiben. Ich glaube, das wird mit der Zeit langweilig.
Zischup: Was stellst du dir für die Zukunft vor? Willst du beim Zirkus bleiben?
Leandro: Ja, auf jeden Fall bleibe ich beim Zirkus, ich werde ihn nämlich später übernehmen.

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