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Zischup-Interview

"The Show Must Go On"

Julian Wejwar, 27 Jahre, aus Stuttgart, ist Musicaldarsteller und unterrichtet an der Freiburger Musical- und Schauspielschule. Wie er den Weg zum Musical eingeschlagen hat, und wie es so ist, im Alltag auf der Bühne zu stehen - darüber sprach er mit Zischup-Reporterin Ann-Marie Najderek.  

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Zischup: Wann haben Sie mit dem Musical angefangen?
Wejwar: Richtig professionell zu studieren habe ich nach meinem Zivildienst, mit 21 Jahren, in Leipzig begonnen, davor habe ich aber bereits Theater gespielt. Da das Musical ja eher in Amerika und Großbritannien als Kunstform sehr verbreitet ist, stieß ich erst spät auf diesen Studiengang, bei dem man alle drei Disziplinen – Gesang, Schauspiel und Tanz – miteinander verbindet. Also angefangen mit Musical so richtig habe ich wohl mit 21.

Zischup: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich fürs Musical entschieden haben?
Wejwar: Das war durch ein Musical, das wir in der Schule aufgeführt haben, "Der kleine Horrorladen", und irgendwie wurde ich dort mit dem Musicalvirus infiziert.

Zischup: Ist es schön, das eigene Hobby als Beruf zu haben, oder hat das auch seine Nachteile?
Wejwar: Wenn man viel am Gesang, Tanz oder Schauspiel arbeitet, verliert man manchmal die Verbindung zu den Gründen, warum man es gemacht hat. Die Bühne im Allgemeinen ist eine Plattform, auf der man sich immer neu beweisen muss. Es gibt kein Ausruhen, man muss immer und überall seine beste Leistung geben. Dadurch verliert man manchmal das Spielerische und auch die Kreativität. Da hilft es auf jeden Fall, wieder zu sich zurückzugehen und die Gründe aufzuzählen, die den Wunsch für das Musical entfacht haben. Auch ist es sinnvoll, sich ein Hobby zu suchen, das nur Hobby bleibt, und bei dem man keinen Leistungsdruck verspürt. Aber wenn ich auf der Bühne stehe, weiß ich, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe, und dass dies auch gut so ist.

Zischup: Welche Eigenschaften braucht man, um in der Branche standzuhalten oder damit anzufangen?
Wejwar: Zum ersten: Man ist nie fertig. Man wächst immer weiter und das ist das Wichtigste, das man sich jeden Tag sagen muss. Man sollte immer das Interesse zeigen, sich über neue Musicals und Stile zu informieren. Man muss fit bleiben, immer tanzen, Gesangsunterricht nehmen, Schauspiel üben und jede Rolle zu seinem eigenen machen. Man sollte sich gut ernähren, Sport treiben, verrauchte Orte vermeiden und auf seinen Körper hören. Zum Zweiten: Wie fängt man an? Da Musical ein Markt ist, der voller sehr guter Darsteller ist, ist es wichtig, bereits vor der Ausbildung Ballett und Jazztanz zu machen, Gesangsunterricht und Schauspielunterricht zu nehmen.

Zischup: In welchen Musicals waren Sie bereits dabei und für welche Rollen haben Sie vorgesungen?
Wejwar: Ich habe bei zahlreichen Musicals mitgemacht wie "Ein Sommernachtstraum" oder "Tommy". Da es sehr viele gute Darsteller gibt und manchmal bis zu 3000 Bewerbungen für die Rollen, werden nicht alle zu den Auditions eingeladen, aber ich war nun schon in der letzten Runde bei "Shrek – the Musical". Zudem haben ein Studienkollege und ich ein eigenes Musical geschrieben, das wir auch in Glasgow aufführen konnten mit großem Erfolg.

Zischup: Was ist eine Audition?
Wejwar: Das Vorsingen, Vortanzen und Vorspielen für ein Musical. Viele denken, dass es so wie bei "Deutschland sucht den Superstar" abläuft, jedoch ist es viel härter. Meistens muss man ein, zwei Songs singen, einen Monolog vorsprechen und dann noch tanzen, das heißt, man bekommt in der Gruppe eine Choreografie gezeigt, die man dann lernt und in Kleingruppen vortanzt. Die Reihenfolge dabei ist jedoch immer anders, manchmal darf man auch schon nach dem Tanzen nach Hause gehen.

Zischup: Was war das Schlimmste oder Peinlichste, was Ihnen je auf der Bühne passiert ist?
Wejwar: Das Schlimmste war, als ich in einer Produktion am Anfang meines Studiums in Altenburg spielte. Da fing es auf der Bühne an zu brennen, da ein Scheinwerfer vor einem Vorhang stand. Das Feuer konnte schnell gelöscht werden, aber Rauch auf der Bühne zu bemerken, ist wirklich schlimm. Das Peinlichste war, als in einer Produktion der Sound Designer, der am Mischpult sitzt und unsere Mikros regelt, vergessen hat, mein Headset auszuschalten und man konnte immer noch hören, wie ich mit einer Kollegin sprach hinter der Bühne.

Zischup: Und wie kommt man mit solchen Situationen klar?
Wejwar: Da heißt es: "The show must go on."- Man versucht, zu improvisieren und professionell zu sein, macht weiter. Bei Gefahr muss die Vorstellung natürlich unterbrochen werden.

Zischup: Sie leiten ja seit kurzem einen Musical-Club in der Tanzschule Dance-Emotion Freiburg. Macht Ihnen die Arbeit mit Jugendlichen Spaß und machen Sie nebenbei noch bei anderen Musicals mit?
Wejwar: Der Musical Club macht mir sehr viel Spaß, da ich sehe, dass ich mit motivierten jungen Menschen arbeite, die Interesse am Musical zeigen und die viele Talente aufweisen, die wir in der Gruppe herauskristallisieren und formen können. Es macht mir Spaß, mein Wissen und meine Passion für mein Fach weitergeben zu können. Dabei versuche ich, den Bezug zur Bühne niemals zu verlieren, und spiele weiterhin bei Musicals mit. Die Erfahrungen, die ich dort sammle, bringe ich dann in meinem Unterricht ein, so dass er lebendig und aktuell bleibt.

Zischup: Haben Sie Tipps für neue Einsteiger und was für Fähigkeiten sollten sie bereits haben?
Wejwar: Ich sage allen Einsteigern: Fang lieber heute an als morgen mit den drei Disziplinen. Ihr müsst für dieses Fach brennen, ihr solltet mit Herz und Seele dabei sein.

Zischup: Hätten Sie eine Vision, wie das Musical in Deutschland populärer werden könnte?
Wejwar: In Deutschland haben wir eine große Tradition von Oper, Operette, Schauspiel und Ballett. Oftmals fällt es dem Musical schwer, hier Fuß zu fassen, da es eine recht neue Gattung ist, die sich nicht klar definieren lässt. Meine Vision ist, dass wir Musicals in Stadttheatern verstärkt ins Repertoire aufnehmen. Viele wertvolle Musicals sind in Deutschland nicht bekannt, jedoch in den USA sehr respektierte Werke. Große Musicalunternehmen können sich bei Großproduktionen keine Risiken leisten und unbekanntere Stücke inszenieren, die eventuell beim deutschen Publikum nicht ankommen, da sie nicht staatlich subventioniert werden. Somit müssen solche großen Unternehmen wirtschaftlich denken und auch hohe Eintrittspreise verlangen, während ein Stadttheater einen großen Teil seiner Ausgaben nicht durch Zuschauer wieder einnimmt, sondern diese vom Staat bekommt. Ich denke, wenn wir es schaffen, dass auch das Musical staatlich subventioniert und in Deutschland eine Kunstform wird, die respektiert ist, dann haben wir einen Meilenstein gesetzt.

Ressort: Schülertexte

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