Interview mit Profikoch Horst Lichter
"Ich fühle mich im Markgräflerland wie zuhause"
Die Klasse 8a der Alemannen-Realschule Müllheim sprach mit dem TV-Koch Horst Lichter über sein Leben, seine neue Show und seiner Wahlheimat – das Markgräflerland.
Klasse 8a & Alemannen-Realschule Müllheim
Fr, 16. Nov 2012, 8:17 Uhr
Schülertexte
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Zischup: Was gefällt ihnen am Markgräflerland besonders gut?
Lichter: Ich finde die Landschaft wunderschön. Ich finde hier die Gasthäuser, die es früher überall in Deutschland gab. Ich mag die Menschen sehr gerne. In Köln bist du sofort mit allen befreundet. Und man glaubt, dass man Freunde gefunden hätte. Am nächsten Tag fängt man aber wieder von vorne an. Hier sind die Leute so, die beobachten dich erst mal. Wenn man dann sicher ist, erst dann beschäftigt man sich richtig mit dir. Wenn man aber hier Freunde hat, dann hat man sie auch.
Zischup: Sie vermissen doch bestimmt etwas aus ihrer Heimat. Was hat Köln, was das Markgräflerland nicht hat?
Lichter: Ich vermisse von der Region nichts. Was ich vermisse, sind die einen oder anderen Menschen. Ein Jahr lang habe ich mein Restaurant abgeschlossen und gemerkt, dass ich es nicht vermisse und dann verkauft. Seitdem ich nun hier lebe, treffe ich meine alten Schulkameraden, Freunde und Familie intensiver. Ich hatte zum Beispiel drei Kumpels mit den Motorrädern hier. Die zwei Tage waren so, als wenn ich wieder 16 wäre. So intensiv habe ich sie die zehn Jahre davor nie gesehen. Aber du lernst auch die Menschen kennen, von denen du dachtest, sie wären Freunde und jetzt wo du weg bist, stellt sich heraus es sind keine. Und das tut auch schon mal weh.
Zischup: Für uns sind zum Beispiel Cro, Justin Bieber und so weiter Idole. Für viele Leute sind Sie selber ein Idol, haben sie auch ein Vorbild?
Lichter: Das sind eher Dinge, die Menschen gesagt oder getan haben. Das ist kein Koch. Ein berühmter Schauspieler hat gesagt, denn ich bin ja erst spät mit über 40 entdeckt worden: "Hätte ich den Erfolg, als junger Mensch gehabt, wäre ich zu einem A... geworden." Heute erkenne ich, was er meint. Wenn du einen starken Charakter hast oder tolle Freunde, die dich durch den Erfolg begleiten, dann hast du Demut und Dankbarkeit und sorgst dafür, dass es den Menschen in deinem Umfeld gut geht.
Zischup: Später führt bestimmt jeder von uns einen Haushalt, haben sie ganz wichtige Küchentipps für Hobbyköche und Hausfrauen?
Lichter: Das wichtigste ist die Organisation, die Logistik. Je logischer die Organisation, desto leichter fällt das Kochen. Küche ist ja ein Teil Haushalt. Jeder sollte während des Kochens schon sofort alles aufräumen. Außerdem überlege ich vorher jeden Arbeitsschritt und bereite alle Zutaten vor und erst dann stelle ich den Topf auf.
Horst Lichter
Zischup: Ihr Bart ist ja ihr Markenzeichen, wie bekommen sie den so hin?
Lichter: Ich hab den schon seit 30 Jahren so. Früher habe ich mal Kraftsport gemacht. Ich hatte immer ein Bild im Kopf. Die Jahrmarktgewichtheber aus dem vergangenen Jahrhundert. Geringelter Anzug, Eisenkugel und so ein Schnurrbart. Ich brauche nur zwei bis drei Minuten für meinen Bart. Fönen, Haarlack- fertig.
Zischup: Wir haben gesehen Sie kochen mit einem extra großen Stück Butter, warum so viel davon? Lichter: Ich hab in der Kindheit den Spruch gehört: "Gute Butter". Fett ist nun mal ein Geschmacksträger – ich liebe Butter und ich mag Kühe. In Wirklichkeit verbrauche ich nicht mehr als die Sterneköche mit einem Unterschied: Ich sage auch, dass ich es mag.
Zischup: Sie haben bei "Vorstadtkrokodile 3" mitgespielt, den wir sehr toll fanden. Was war am Set anders als im Kochstudio?
Lichter: Es ist ein krasser Unterschied. Wir sind erst um ein Uhr nachts wieder nach Hause gekommen. Man musste alles so oft drehen, bis es perfekt war. Für den einen Satz, den die Jungs mich fragen sollten, haben die drei Stunden gebraucht. Es hat Spaß gemacht. Die Kids sind cool drauf. Aber auch hier gilt, manchmal ist es besser, wenn der Erfolg später kommt ...
Zischup: Wir sind zwischen 13 und 14 Jahren alt, was würden Sie uns für ein 5-Gänge-Menü zaubern?
Lichter: Ich würde aus Dingen, die man kennt, etwas kochen, das Spaß macht, worauf ihr Bock habt, das man aber so noch nie gegessen hat, das lecker und nebenbei auch noch gesund ist. Ich gehe auch alle zwei drei Monate mal zu dem schicken amerikanischen Restaurant. Da habe ich richtig Lust drauf. Nur mit einem Unterschied. Ich mache es nicht regelmäßig. Alles in Maßen.
Zischup: Wir beschäftigen uns jetzt ab Klasse 8 mit unserer Berufsorientierung. Können Sie uns empfehlen Koch zu werden?
Lichter: Wenn du das wirklich möchtest, muss dir klar sein, du arbeitest, wenn andere frei haben, du darfst nicht kreativ sein, nur wenn du einen Betrieb leitest. Dir muss auch klar sein: Das Lob bekommt der Kellner. Und du verdienst sehr wenig Geld am Anfang, aber wenn dir das alles Spaß macht, dann kannst du es auch ganz nach oben schaffen. Aber alle Berufe sind hart. Dem Elektriker sagst auch keiner: "Mein Gott, die Steckdose hast du aber toll angebracht, guck mal die Lampe brennt!" Es liegt dann an dir, ob du daraus was anderes machst.
Zischup: Sie sind ja ein Autoliebhaber. Was war Ihr erstes Auto?
Lichter: Ich bekam ein ganz winziges Auto mit 18, ein Simca-Rallye 2, aber mit 100 PS, dat Ding ging wie die Sau. Ich habe den auch direkt in der ersten Wochen komplett zerlegt. Ich wollte den dann mit dem Hammer nachts reparieren und dachte meine Eltern merken nix.
Zischup: Haben Sie ein Traumauto?
Lichter: Als ich, nachdem ich lange arm war, plötzlich viel Geld verdiente, habe ich als erstes die Schulden bezahlt und mir dann alle meine Kinderträume erfüllt. Dadurch, dass ich alles hatte, habe ich gelernt, dass ich es nicht brauche. Das weiß man aber erst, wenn man es hatte. Was nützt dir, wenn du einen Ferrari hast, aber niemand mit dir spielen will, weil sie keinen haben und neidisch sind. Du kannst nicht sagen, dann fahr doch mit deinem Opel Astra mit... Es gibt wenige, die dir das gönnen.
Zischup: Sie haben immer viel Stress mit Interviews und Fernsehshows. Hätten sie manchmal lieber ein ruhigeres, normaleres Leben?
Lichter: Ich hatte viel Glück in meinem Leben. Ich darf in den letzten Jahren tun, was mir Spaß macht. Das "normale Leben" hat viele Vor- und Nachteile genauso wie dieses Leben. Vergangenes Jahr hab ich zu viel gemacht. Da war ich 260 Tage in Hotels. Wochenende kenne ich nicht. Jetzt mit 50 habe ich längere Pausen.
Horst Lichter
Zischup: Sie haben viel Stress. Wie schaffen sie es unter dem ganzen Druck so humorvoll zu bleiben?
Lichter: Weil ich auch durch meine Krankheiten gelernt habe: Stress macht sich jeder nur selber. Ich mach mir keinen Stress. Ich habe viel Arbeit, aber keinen Stress. Man will heute auf allen Gebieten – Karriere, Hobbys, Partnerschaft – perfekt sein. Wenn du nirgendwo mehr du selbst sein kannst, hast du keinen Rückzug mehr. Dann stresst du dich dermaßen, dass du irgendwann ein Burnout bekommst. Ich war lange sehr krank und kenne beide Seiten. Ich habe gelernt, nicht über die Dinge zu maulen, die ich nicht habe und nicht kann, sondern mich über die zu freuen, die ich habe und die ich kann – Zufriedenheit. Dann ist es einfacher.
Zischup: Ihre dritte Livetournee ist angelaufen. "Jetzt kocht er auch noch" wird auch in Freiburg zu sehen sein. Was erwartet das Publikum?
Lichter: Wer wegen mir kommt, wegen meiner Person, wie man mich kennt, der wird sehr überrascht sein, aber er bekommt pur Horst Lichter. Er wird sehr viel lachen, er wird aber auch nachdenken, und vielleicht sogar weinen, aber ich lasse sie wieder mit einem Lachen nachhause gehen. Es wird auch gekocht, aber es ist keine Koch-Show.
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