Die Verwirrung bleibt
"Freiburg und Kolonialismus: Gestern? Heute!" ist der Titel einer Ausstellung im Freiburger Augustinermuseum. Die Klasse 8c des Goethe-Gymnasiums Freiburg durfte sich die Ausstellung mit Kuratorin Angelika Zinsmaier ansehen.
Klasse 8c, Goethe Gymnasium (Freiburg)
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Irritierend sind in dem Hauptraum der Ausstellung eigentlich alle ausgestellten Gegenstände, oft Masken, aber auch Kleidungsstücke oder Fotos, Gebrauchsgegenstände aus den ehemaligen kolonisierten Ursprungsländern. So zeigt sich bei einer Station, an der mit einem Tablet bestimmte Redewendungen oder Ausdrücke aufgerufen und auf ihre Aussage überprüft werden können, dass selbst ein Wort wie "exotisch" im Zusammenhang mit der Geschichte des Kolonialismus eine rassistische Bedeutung hat – obwohl es bis in die Gegenwart zum Beispiel in Werbung für Reisen, Getränke und anderes mehr Verwendung findet.
Im Raum der Stille kann man, wenn man leise ist und gut zuhört, Geräusche der Savanne hören. Eigentlich zeigt aber das Panoramabild an der Wand die Heimat vieler Tausender ermordeter OvaHerero.
Fotos der Menschen in den ehemaligen Kolonien zeigen diese Menschen in europäischer Kleidung oder in ihrer traditionellen, eigenen Kleidung, oft nur einem Lendentuch – der Unterschied sollte zeigen, wie gut es angeblich war, dass Europäer Fortschritt in das kolonisierte Land brachten.
Eine gewöhnliche Versandschachtel aus Pappe wird ausgestellt. In ihr wurde tatsächlich ein Schädel vor dem Informationszentrum Dritte Welt in Freiburg abgelegt. Solche Hinterlassenschaften wurden untersucht und mittlerweile restituiert. Das ist der Fachbegriff für die Rückgabe menschlicher Überreste, die einst für Untersuchungszwecke im rassistisch-nationalistischen Kontext nach Deutschland kamen – zum Beispiel für Vermessungen am Menschen.
Auch die ausgestellten Masken und Alltagsgegenstände haben einmal jemandem gehört, oft wurden sie einfach mitgenommen, geraubt oder gegen einen kleinen Betrag oder ein symbolisches Geschenk erworben. Sie und die Schädel, auch von Tieren wir Nashörnern, gehören, so erfahren wir, zu den schwierigen Ausstellungsstücken: Wie soll das Museum damit umgehen?
Dass unser Leben bis in die aktuelle Zeit von Überbleibseln kolonialer Machtstrukturen und Handlungsbeziehungen beeinflusst wird, zeigt eine Kiste mit Lebensmitteln wie Kakao oder Bananen, aber auch Kleidung; wenn man den Code auf den Gegenständen wie an der Supermarktkasse einscannt, erfährt man vieles über ihre Herkunft – und den kolonialen Kontext, in dem sie einst nach Europa und nach Freiburg kamen. Auch von der Bedeutung der Abkürzung "EDEKA": Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin, die seit 1889 besteht, erfuhren wir, ebenso wie von den vielen Orten in Freiburg mit Bezug zum Kolonialismus.
Dazu gehörten zum Beispiel der Stühlinger und der Karlsplatz, auf denen früher sogenannte Völkerschauen stattfanden. Es gab zahlreiche Kolonialwarengeschäfte, an der Universität gab es Veranstaltungen, die für den Kolonialismus warben. Wir erfuhren von Eugen Fischer, der bis 1927 die anthropologische Sammlung der Uni Freiburg betreute und zu den führenden Rassenideologen des Dritten Reiches zählte.
Doch zurück zum "Nickenden Mann". Emeka Udemba will mit seiner Skulptur an sogenannte Spendenkästchen erinnern, die der finanziellen Unterstützung von Missionarinnen und Missionaren dienten, erklärt Angelika Zinsmaier in ihrer Einführung zur Ausstellung. Auf den Kästchen waren häufig rassistische Darstellungen kolonialisierter Menschen zu sehen, bei Einwurf einer Münze nickten diese unterwürfig. Sie wurden bis in die 1980er Jahre an Weihnachtskrippen in Freiburg aufgestellt. So wird am Ende aus dem knienden "Nickenden Mann" ein kopfschüttelnder, verwunderter Ausstellungsbesucher, in unserem Fall wir Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasiums Freiburg. Das Thema und unsere Verwunderung werden uns sicherlich noch eine Weile beschäftigen.
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