Zischup-Interview
"Die Politik muss jünger werden"
Johanna Ludwig kandidiert als 16-jährige Gymnasiastin bei der Kommunalwahl 2024 in ihrer Heimatgemeinde Teningen. Ihrer Schwester Katharina erzählt sie, wie sie zur Politik kam und was sie antreibt.
Katharina Ludwig, Klasse 8c, St. Ursula-Gymnasium (Freiburg)
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Zischup: Es ist ja noch recht neu, dass man mit 16 Jahren aktives und passives Wahlrecht bei der Kommunalwahl hat. Glaubst du, dass du mit deinen 16 Jahren ernst genommen wirst?
Johanna: Nein, ich glaube nicht, dass ich auf Anhieb ernst genommen werde und mich manche auch unterschätzen. Für mich heißt das, dass ich mir den Respekt erarbeiten und mich intensiv mit anstehenden Themen auseinandersetzen muss. Ich scheue keine inhaltlichen Diskussionen, auch nicht mit älteren Menschen. Ich glaube nicht, dass mein Alter das Problem ist, aber dass sich ältere Menschen erst an uns Junge gewöhnen müssen.
Zischup: Glaubst Du, dass das Wahlrecht ab 16 auch für die nächste Bundestagswahl kommt? Es gibt dieses zur Zeit ja nur auf Kommunalebene und bei der Europawahl.
Johanna: Ja, ich glaube das wäre der nächste Schritt in die richtige Richtung, um junge Leute politisch zu motivieren. Sollte es in dieser Legislaturperiode noch nicht der Fall sein, dann in naher Zukunft. Die jungen Stimmen sind wichtig, es handelt sich um die Zukunft dieser Menschen. Ich verstehe, dass die CDU und die AfD die Herabsetzung des Wahlrechts nicht möchten, da diese Altersschicht nicht ihre Wählerschaft ist. Aber mal ehrlich, aus welchem Grund sollte man auf Europa- und auf Kommunalebene wählen dürfen und für den Bundestag nicht? Das
entzieht sich jeder Logik.
Zischup: Wie bist du in die Politik gekommen?
Johanna: Mich hat Politik von klein auf fasziniert. Mit acht Jahren habe ich schon allen Menschen in meiner Umgebung erzählt, "eines Tages werde ich Bundeskanzlerin". Mein großes politisches Vorbild ist meine Oma, die jahrelang in der Politik aktiv war und auch im Hessischen Landtag saß. Zwar für eine andere Partei, aber da sie eine der wenigen Frau zu der damaligen Zeit war, motiviert und inspiriert sie mich sehr. Ich glaube, dass ich viel bewegen kann. Noch ist die Politik zu männlich, hetero und weiß dominiert. Es braucht mehr junge, queere, feministische FLINTA* Personen, damit sich in der Politik etwas zum Positiven verändert.
Zischup: Was siehst Du an der aktuellen Politik kritisch?
Johanna: Ich denke, dass der Rechtsschwung, den wir momentan in vielen Ländern der Erde und auch in Europa bemerken, auch in Deutschland spürbar ist. Aktuell sehe ich kritisch den Umgang mit
Rechts, besonders mit der AfD. Ich würde die gesamte AfD als rechtsradikal einstufen. Ich sehe momentan die größte Bedrohung unserer Demokratie von rechts. Die Bundesregierung sieht die Gefahr mittlerweile, geht aber noch falsch damit um. Die hohe Zahl der Bürger, die bereit sind, die AfD zu wählen, bereitet mir große Sorgen. Dass es AfD-Mitglieder gibt, die tatsächlich über Deportationsfantasien nachdenken ist eine Katastrophe – diese Menschen sind an irgendeiner Stelle in ihrem Leben wohl falsch abgebogen.
Zischup: Sollte die AfD aus Deiner Sicht verboten werden?
Johanna: Ja, ich denke ein AfD-Verbot ist längst überfällig. Meiner Meinung nach ist die AfD keine demokratische Partei mehr. Die Aussagen vieler AfD-Spitzenpolitiker und auch der AfD-Wahlprogramme ängstigen mich sehr. Mit einem AfD-Parteiverbot wäre zwar das problematische Gedankengut nicht verschwunden, aber vermutlich würde es viele Jahre dauern, wieder eine Partei dieser Art aufzubauen und im Idealfall haben wir Deutschen uns bis dahin wieder an unsere Vergangenheit erinnert und sorgen dafür, dass solche Zustände in Deutschland nicht mehr möglich sind. In der jetzigen Zeit geht es doch darum, unsere hart errungene Demokratie zu bewahren. Es ist Zeit zu handeln, auf die Straße zu gehen und sich klar öffentlich für die Demokratie zu positionieren.
Zischup: Du machst nächstes Jahr Abitur. Wie willst du dein politisches Engagement und deine mögliche Arbeit im Gemeinderat mit der Schule vereinbaren?
Johanna: Ich mache nicht nur Schule und Politik, eine weitere Leidenschaft von mir sind die Musik und der Fußball. Ich spiele Querflöte in verschiedenen Orchestern. Bisher läuft es in der Schule gut. Politik wird auch in meinem Abitur eine große Rolle spielen, da einer meiner Leistungskurse Politik ist. Es ist durchaus von Vorteil, dass ich politisch tätig bin und meine Erfahrungen im Unterricht einbringen kann. Ich habe das Glück, dass ich auch mit relativ wenig Lernen ganz gut durch die Klausuren komme. Ich bemühe mich, fokussiert zu bleiben und auch neben Schule und Politik Zeit für mich und meine Interessen zu haben.
Zischup: Hast Du schon Pläne, wie es nach dem Abitur weitergehen soll?
Johanna: Ich plane ein Freiwilliges Soziales Jahr. Mein Traum wäre, eine Abgeordnete der Grünen im Landtag von NRW zu unterstützen. Ich bin in der Nähe von Gelsenkirchen geboren und ein großer Fan vom FC Schalke 04. Von Düsseldorf aus könnte ich das ein oder andere Heimspiel des Vereins besuchen. Ein Jahr im Landtag würde mir helfen zu entscheiden, ob ich in Zukunft selber ein Landtags- oder Bundestagsmandat anstreben möchte. Zuerst möchte ich aber einen Beruf erlernen. Momentanen tendiere ich dazu Maschinenbau zu studieren, um später Autos mit alternativen Antrieben zu entwickeln.
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