"Aggressive Kinder werden ruhiger"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Ulrich Trosowski über das sehr erfolgreiche Gewaltpräventionsprojekt des Ringervereins Lahr.
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Der Ringerverein Lahr, kurz RV Lahr, engagiert sich seit Jahren in der Gewaltprävention für Jugendliche. Patrick Allgeier, Schüler der Klasse 9b des Max-Planck-Gymnasiums in Lahr, hat bei dem Projektverantwortlichen Ulrich Trosowski nachgefragt, warum es jungen Menschen mitunter gut tun kann, zu ringen.
Trosowski: Im Jahr 2005 gab es ein allgemeines Gewaltpräventionsprojekt an der Otto-Hahn-Realschule. In diesem Zusammenhang wurde ich gebeten, das Projekt zu unterstützen. Wir hatten damit viel Erfolg und waren überzeugt, dass Ringen der richtige Weg ist. Also starteten wir unser Projekt "Gib Gewalt keine Chance, ring’ mit mir!" und nahmen Kontakt mit Schulen und Kindergärten auf, wo wir Ringerstunden anboten. Dieses Projekt schlug wie eine Bombe ein und wurde auch vielfach ausgezeichnet. Wir haben seither rund 2000 Kinder und Jugendliche betreut. Wir haben uns auch theoretisch mit dem Thema befasst und Kontakt zu Professor Gunter A. Pilz aus Hannover aufgenommen. Er gilt als Papst der Gewaltprävention.
Zischup: Welche Auszeichnungen bekam das Projekt?
Trosowski: 2012 bekamen wir den Fair-Ways-Preis des SC Freiburg verliehen. Das war der Höhepunkt. Danach kam ein Schnitt, da wir das Projekt umgestaltet haben. Vorher haben wir viel Gymnastik und turnerische Übungen gemacht. Das Einüben der Griffe braucht aber Zeit und fachlich ausgebildete Trainer. Diese gibt es an Schulen und Kindergärten häufig nicht. Also haben wir uns gefragt, was für das Ringen grundlegend ist. Wir haben festgestellt, dass Ringen eigentlich ein Kampfspiel ist, bei dem das Gleichgewicht des Partners gebrochen werden soll. Die Grundelemente sind Schieben, Drehen, Wenden, Tragen. Lehrer und Erzieherinnen wollten wir so unterweisen, dass sie selber Hilfestellung geben können. Es hat allen einen Riesenspaß gemacht. Vor allem aber haben Lehrer und Erziehende schnell gemerkt, dass sie das auch selber können. Im Kindergarten am Kanadaring wurde zum Beispiel ein richtiges Ringerturnier veranstaltet. So hat sich das dann in den letzten zwei Jahren entwickelt. Mit großem Erfolg machen wir die Arbeit in den Kindergärten und Schulen. Es kostet die Kindergärten und Schulen auch etwas, aber ich denke, dass das Geld auch gerne bezahlt wird.
Zischup: Und wie lässt sich mit Ringen Gewalt vorbeugen?
Trosowski: Beim Ringen wird Körperkontakt aufgenommen. Durch diese Kontaktsportart werden mehr soziale Fähigkeiten entwickelt als bei anderen Sportarten wie zum Beispiel Tennis. Man lernt den Partner kennen und muss Rücksicht nehmen auf seine körperliche Unversehrtheit. Das ist ein Lernprozess. Gewaltprävention ist übrigens längst auch ein Thema beim Deutschen Ringerverbund. Wichtig ist auch die Autorität den Kindern gegenüber. Durch das Elementarringen können auch Trainer, die keine Fachleute im Ringen sind, das Projekt betreuen.
ZIschup: Welche weiteren Schwerpunkte setzen Sie im Projekt?
Trosowski: Wir führen beispielsweise Erzieherinnenausbildung und Trainerfortbildung durch. Wichtig ist uns auch, das Projekt in die Öffentlichkeit zu bringen.
Zischup: Welche Kindergärten und welche Schulen haben Sie bislang betreut?
Trosowski: Fast alle Kindergärten und Grundschulen in Lahr werden von uns betreut.
Zischup: Was haben Sie für die Zukunft geplant?
Trosowski: Unser Ziel ist es, Ringen als Bewegungslehre in den Bildungsinstitutionen fest zu verankern. Wichtig ist, dass die Lehrer auch die Fähigkeit haben, Ringen zu unterrichten. Auf der anderen Seite soll in den Vereinen das Elementarringen besser verankert werden. In Lahr ist das schon beim Bambini-Ringen der Fall, aber das soll auch in anderen Vereinen besser verbreitet werden. Auch im Erwachsenentraining kann Elementarringen eine wichtige Rolle spielen. Wenn man vom Gefühl her ringt, dann macht man instinktiv vieles besser. Der Gleichgewichtssinn wird von den Beinen gesteuert, und man hat nur Erfolg, wenn man den Partner auf dem falschen Bein erwischt.
Zischup: Wie bewerten Sie den Erfolg des Projektes?
Trosowski: Der größte Erfolg ist es, die Kinder zu beobachten und zu sehen, wie sie Spaß haben und sich durch das Ringen positiv verändern. Aggressive Kinder werden ruhiger, ängstliche Kinder werden mutiger, Kinder verändern sich positiv.
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