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Mit englischem Wohnzimmer zum Kursbesten

  • Fr, 20. September 2024
    Glottertal

     

Den Meister in der Tasche: Der Glottertäler Kilian Strecker ist nun ein meisterlicher Raumausstatter. Das alte Handwerk liegt in der Familie.

Kursbester von 15 Meisterprüflingen im... gestaltete ein englisches Wohnzimmer.  | Foto: Andrea Steinhart
Kursbester von 15 Meisterprüflingen im Raumausstatter-Handwerk: Kilian Strecker aus Glottertal gestaltete ein englisches Wohnzimmer. Foto: Andrea Steinhart
Kilian Strecker aus dem Glottertal hat als Kursbester die Meisterprüfung im Raumausstatter-Handwerk in Bad Saulgau im Kammerbezirk Reutlingen abgelegt. Seine Ausgestaltung eines englischen Wohnzimmers kam bei der Jury besonders gut an.

Mit einem edlen Stoff hat Kilian Strecker das antike Sofa bezogen. Ein Schmuckstück. Dann fehlt nur noch der schwarze Spannstoff im Unterboden, den er mit einer Maschine befestigt. Viele Stunden Arbeit hat er schon in das vornehme Möbelstück investiert. Zuerst kam der Aufbau: Polstergurte, auf denen er die Sprungfedern mit Schnürfaden schnürte, dann die Polsterwatte, das Rosshaar und der Weißbezug. Erst dann spannte er den hellgelben Möbelstoff über das Sofa. Eine farblich passende Borte verdeckt die Nähte. Wenn er ein derart antikes Sofa oder einen Sessel neu aufrichten kann, schlägt das Herz des 25-Jährigen höher.

Kilian Strecker wollte schon immer Raumausstatter werden. "Schon in der Grundschule war klar, dass ich das werde." Das kann er beweisen: Im Schulfreunde-Buch hat er mit zehn Jahren schon als Berufswunsch Raumausstatter eingetragen. Nach seinem Abitur begann er eine Lehre als Raumausstatter bei einer Freiburger Firma. Er beendete seine Ausbildung 2021 als Kammersieger im Kammerbezirk Freiburg und als dritter Landessieger. Seit drei Jahren arbeitet er jetzt im elterlichen Betrieb im Glottertal.

"Der Beruf ist einfach toll", schwärmt Strecker, der in seiner Freizeit Tenorhorn bei der Trachtenkapelle spielt. "Meine Tätigkeit ist riesig und mein Berufsalltag ist abwechslungsreich – kein Tag gleicht dem anderen." Leider gibt es immer weniger Raumausstatter, die das klassische Handwerk noch ausüben können. Als Raumausstatter kann er die Wünsche der Kunden umsetzen, gestaltet die Einrichtung, Wände, Böden oder die Dekorationen. An seinem Arbeitsplatz ist er umgeben von schönen Dingen, dekorativen Stoffen für Gardinen oder Polster, Ausstellungsstücken und antiken Möbeln. In der Werkstatt stehen große Holztische und spezielle Maschinen. In den Regalen liegen Garne, Knöpfe und Nieten. An einer Werkzeugwand hängen Polsterzangen, Hämmer, Tacker und scharfe Messer. Es gibt Stoffrollen und im Kundenraum stehen im Schrank dicke Ordner mit feinen Stoffen und Lederkollektionen.

Für die Meisterprüfung durfte sich Kilian Strecker frei entscheiden, was er für ein Meisterstück gestaltet. Er entschied sich für ein englisches Zimmer, im klassischen Stil. "Meine Tante lebt in England – das war der Grund." Zuerst musste er sein Projekt der Jury vorstellen und Materialien sowie Kosten erklären – wie bei einem Kundengespräch. Dann begann er die Polsterung für zwei Ohrenbackensessel aufzubauen, die er zum Schluss mit einem robusten Tweed bezog. Die Gardinen nähte er aus einem original englischen blau-weißen Leinenstoff. Die Fransenborten an den Gardinen haben die Farbe der Ohrenbackensessel. Die Stehlampe bezog er ebenfalls mit dem hübschen Gardinenstoff. Dann bespannte er noch die Wände der Meisterkoje, die Fläche, die zur Fertigstellung des Meisterstücks benutzt wird, mit Stoff und belegte den Fußboden mit Teppich. Zur Präsentation kleidete er sich passend im englischen Stil. Rund 4.000 Euro kosteten die Materialien für das Meisterstück.

Kilian Strecker will seine Ausbildung verfeinern. Ab Oktober wird er eine zweijährige Restauratoren-Ausbildung beginnen, um zu lernen, wie man historische Möbel mit historischen Materialien restauriert. Seine Freundin ist damit einverstanden: "Das Jahr Meisterschule war lang – für diese Weiterbildung muss ich nur einmal im Monat in die Akademie ins Schloss Raesfeld fahren." Außerdem wird er künftig seine Kenntnisse an der Gewerbeschule an Auszubildende weitergeben. "Da werde ich dann praktische Übungen im Polsterbereich anbieten", sagt der Meister.

Kilian Streckers Liebe zum Handwerk liegt in der Familie: Sein Vater und Großvater haben bereits in der Glottertäler Werkstatt gearbeitet. Der Großvater Julius Strecker war Sattler und hat Pferdegeschirre hergestellt und repariert. Als das Sanatorium Glotterbad errichtet wurde, arbeitete er eine halbe Woche in der Einrichtung und stellte Polstermöbel her. Der Vater Markus Strecker schloss 1985 als Innungsbester die Ausbildung ab. Er ging auf die Meisterschule in Stuttgart und beendete sie mit einem Preis für seine Leistungen. Auch Brigitte Strecker, die Mutter von Kilian, ist gelernte Raumausstatterin.

Die Qualität der Arbeit der Familie Strecker, die ihren Betrieb in dritter Generation im Glottertal führt, spricht sich herum. In vielen Gastronomiebetrieben, Hotels, Praxen und Privathaushalten in Glottertal, Denzlingen, Gundelfingen und der Umgebung von Freiburg hat die Familie Strecker stilvolle Spuren hinterlassen.

Ressort: Glottertal

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 20. September 2024: PDF-Version herunterladen

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