"Ich bin stabil auf den Beinen"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Juri Kuhn, der nur einen Arm hat und trotzdem erfolgreich Fußball spielt.
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Der 24-jährige Juri Kuhn spielt in der ersten Mannschaft des VFR Hausen. Und das, obwohl er nur einen Arm hat. Robin Selz, Schüler der Klasse 8i der Staudinger-Gesamtschule Freiburg, hat mit ihm über seine Laufbahn ihm Fußball gesprochen. Außerdem wollte er wissen, was das Handicap für sein Leben bedeutet.
Juri Kuhn: Im Fußball bemerke ich mein Handicap nicht wirklich. Viele Leute fragen mich, ob ich Gleichgewichtsprobleme aufgrund des fehlenden Unterarmes habe. Aber nein, ich bin ziemlich stabil auf den Beinen. Ich habe mehr Probleme mit meinem schwächeren rechten Fuß. Es hat auch Vorteile, ja. Manchmal kann ich mich mit meinem linken Arm beim Gegenspieler einhaken, dass es so aussieht, als ob ich gehalten werde und der Freistoß dann für mich gepfiffen wird.Wenn es schnell gehen muss, kann auch ich die Einwürfe machen, dann schauen die Gegner manchmal verwirrt, ist aber alles regelkonform. Aber in der Regel macht die mein Vordermann, und wir tauschen die Positionen kurzzeitig.
Zischup: Wie kommst du mit deinen Mannschaftskameraden zurecht? Behandeln sie dich anders als die anderen?
Kuhn: Mit meinen Mannschaftskameraden komme ich super zurecht. Ich wurde von Anfang an als vollwertiges Mitglied aufgenommen und werde von ihnen auch nicht anders behandelt als andere, auch nicht im Zweikampftraining. Ich will aber auch nicht anders von meinen Mitmenschen behandelt werden, sei es im Fußball, im Studium oder im Beruf. Und merke ich doch mal, dass ich anders behandelt werde, spreche ich die Leute gezielt darauf an und erkläre ihnen, dass sie das nicht tun müssen.
Zischup: Hast du mal Abneigung von Gegenspieler gespürt wegen deines Handicaps und wenn ja, wie hat sich das geäußert?
Kuhn: Klar, mit Abneigung werde ich fast täglich konfrontiert. Manchmal sind es nur verachtende Blicke, aber manchmal auch üble Beleidigungen. Ich sag mal, vor allem im Fußball kommt es öfter zu Beleidigungen, da die Gemüter bei Spielern und Zuschauern bei einem Fußballspiel generell angeheizter sind als auf der offenen Straße. Es ist zwar traurig, dass sich heutzutage manche Menschen immer noch auf diese Weise profilieren müssen. Aber mit solchen Situationen bin ich schon seit der Kindheit konfrontiert und man lernt damit zurecht zu kommen und muss es auch.
Juri Kuhn
Kuhn: Da ich das Handicap bereits von Geburt an habe, habe ich mir alles, was ich im und fürs Leben brauche, auf meine eigene Weise beigebracht. Als Kind habe ich es auch mit einer Prothese versucht, aber ich habe schnell festgestellt, dass ich ohne besser zurecht komme. Und auch für meine Freunde war die Prothese ungewohnter als mein Handicap selbst. Fakt ist, dass ich jeden Tag vor neue Herausforderungen gestellt werde, die ich meistern muss, mal mit mehr und mal mit weniger Aufwand verbunden. Aufgrund dieser Tatsache würde ich sagen, dass ich keinerlei Einschränkungen im Alltag habe. Ich bewältige die Alltagsschwierigkeiten nur auf meine eigene Weise.
Zischup: Seit wann spielst du Fußball und warum hast du dich für Fußball entschieden?
Kuhn: Eigentlich spiele ich schon Fußball, seitdem ich denken kann. Aber im Verein spiele ich, seit ich sechs Jahre alt bin, praktisch mit der Einschulung. Heute bin ich 24, was bedeutet, dass ich seit 18 Jahren durchgehend Fußball spiele.
Zischup: Hast du schon mal dran gedacht, die Sportart zu wechseln und wenn ja, warum?
Kuhn: Klar, mir machen auch andere Sportarten Spaß, wie zum Beispiel Leichtathletik oder Tennis. Aber ehrlich gesagt, hab ich nie darüber nachgedacht, etwas anderes als Fußball zu spielen. Heute wäre es auch zeitlich gar nicht möglich, noch eine Sportart auszuüben.
Zischup: Nun zu etwas anderem, was machst du beruflich?
Kuhn: Ich befinde mich in meinem letzten Semester an der Dualen Hochschule Lörrach. Ich mache ein Duales Studium bei der Dachser GmbH in Richtung BWL, Spedition, Transport und Logistik. Ich hab mich für diesen Weg entschieden, weil das Studium ziemlich abwechselungsreich ist und man das erlernte, theoretische Wissen in der nächsten Praxisphase in seinem Ausbildungsunternehmen einbringen kann. An dieser Fachrichtung hat mich vor allem die sehr internationale Ausrichtung interessiert. Ich habe während des Studiums viel mit anderen Länder und Kulturen zu tun gehabt und diese dadurch besser kennen gelernt.
Kommentare
Kommentarbereich ist geschlossen.