Account/Login

Politik

Die Südbadenerin Franziska Brantner ist neue Co-Vorsitzende der Grünen

Franziska Brantner ist in Lörrach geboren, in Neuenburg aufgewachsen und in Freiburg aufs Gymnasium gegangen. Bei den Grünen ist sie seit fast 30 Jahren, am vergangenen Wochenende wurde sie Co-Vorsitzende.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Franziska Brantner auf dem Grünen-Part...(l.) und Kanzlerkandidat Robert Habeck  | Foto: Michael Kappeler (dpa)
Franziska Brantner auf dem Grünen-Parteitag in Wiesbaden mit dem Co-Vorsitzenden Felix Banaszak (l.) und Kanzlerkandidat Robert Habeck Foto: Michael Kappeler (dpa)

In ihrer Lebensplanung war es nicht vorgesehen. Eigentlich wollte Franziska Brantner im Sommer 2025 den Bundestagswahlkampf der Grünen leiten. Doch dann kam es anders: Die Parteispitze von Bündnis 90/Grüne trat nach den katastrophalen Ergebnissen bei den letzten Landtagswahlen in Ostdeutschland geschlossen zurück, dann zerbrach in Berlin die Ampelkoalition vorzeitig. Und die Staatssekretärin Brantner sah sich in die Pflicht genommen und kandidierte als Co-Parteivorsitzende. Am vergangenen Wochenende ist sie auf einem Parteitag gewählt worden. Der zweite Vorsitzende an der Doppelspitze ist Felix Banaszak.

Brantner ist in Lörrach geboren, in Neuenburg aufgewachsen und in Freiburg aufs deutsch-französische Gymnasium gegangen. Dann zog es die Südbadenerin in die weite Welt: Sie hat in Paris und New York Politikwissenschaften studiert und in Mannheim ihre Doktorarbeit geschrieben. 2009 zog sie für Bündnis 90/Die Grünen ins Europaparlament ein, 2013 wurde sie im Wahlkreis Heidelberg in den Bundestag gewählt. Seit 2021 ist sie Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium. Privat war sie mit dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer liiert, ihre Tochter lebt heute bei ihr. Politisch gilt die 45-Jährige als eine Vertraute von Robert Habeck, der seit dem Parteitag der Kanzlerkandidat der Grünen ist. Als neue Parteivorsitzende will sie denselben politischen Kurs steuern wie er. In einem Interview mit der Badischen Zeitung Ende Oktober beschrieb sie die Wähler, die sie im Auge hat: "Ich bin überzeugt, dass es in diesem Land zahlreiche Menschen gibt, die keine Lust haben, permanent in Schwarz und Weiß zu denken, die sagen: Ich will, dass man sich um die Wirtschaft kümmert, aber ich will nicht, dass deshalb Klimaschutz als vorgestrig gilt, im Gegenteil, beides gehört zusammen. Oder: Ich will, dass wir ein Land sind, das in Geflüchteten Menschen sieht, nicht Zahlen, das Schutz gewährt vor politischer Verfolgung, aber ich will, dass es besser gesteuert ist, damit unsere Kommunen das stemmen können."

Die Grünen sind für sie eine Partei progressiver Kräfte

Ihre Grünen sieht sie als "eine Partei, die nicht den Kopf in den Sand steckt und die Lösungen von gestern vorschlägt, sondern eine Partei, die bereit ist, sich den komplexen Problemen zu stellen und gemeinsam wirksame Lösungen zu erarbeiten", auf eine Kurzformel gebracht: eine "Partei, wo sich die progressiven Kräfte dieser Gesellschaft sammeln" und "eine politische Heimat für all die Menschen, die jeden Tag hart daran arbeiten, dieses Land voranzubringen."

In ihrer Bewerbungsrede auf dem Wiesbadener Parteitag stieß sie in dasselbe Horn. Es gehe darum, Wirtschaft und Klimaschutz zusammenzubringen: "Wir vertrauen unseren Unternehmen und unseren klugen Köpfen." In Anspielung auf die Protestbewegung der Letzten Generation sagte sie: "Wir wollen später unseren Enkeln sagen: Wir waren Teil der ersten Generation, die den Wohlstand nachhaltig aufgebaut hat." Ihr Rezept dafür: "Investieren, investieren und nochmal investieren". Einem Sparkurs, wie ihn die FDP in der Ampel gefahren hatte, erteilte sie eine klare Absage: "Den Gürtel enger schnallen bringt halt nichts, wenn die Hose schon fehlt." Sie kündigte an, für die weitere Förderung klimafreundlicher Heizungen wie Wärmepumpen zu kämpfen. Der Applaus in Wiesbaden war groß.

Bereits im Wahlkampfmodus teilte Brantner gegen die Konkurrenz aus. Dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz warf sie ein "Dinosaurier-Denken" in Bezug auf Frauen vor. Er hatte gesagt, als die SPD Christine Lambrecht zur Verteidigungsministerin gemacht habe, habe sie den Frauen keinen Gefallen getan. "Herr Merz, hat man den Männern einen Gefallen getan, als man Dobrindt zum Verkehrsminister gemacht hat, als man Scheuer zum Verkehrsminister gemacht hat?", rief Brantner aus. Den aktuellen Verkehrsminister, den aus der FDP ausgetretenen und im Amt verbliebenen Volker Wissing ließ sie dabei aus, auch wenn die Grünen mit dessen Bilanz keineswegs zufrieden sind.

Sarah Wagenknecht nennt sie eine "pseudosozialistische Spitzenverdienerin"

Mit Blick auf eine weitere Konkurrentin sagte Brantner, die Grünen ließen sich nicht sagen, "wir seien die Partei der Besserverdiener, schon gar nicht von einer pseudosozialistischen Spitzenverdienerin Sahra Wagenknecht".

Auch auf die Außenpolitik kam Brantner zu sprechen und in dem Zusammenhang auf ihre südbadische Herkunft, auch wenn viele Delegierte in Wiesbaden dies nicht mitbekommen haben dürften. Denn Brantner schilderte, dass sie ein Gefühl für den Frieden schon entwickelt habe, als sie als Kind in Neuenburg auf der Panzerplatte gespielt habe. Sie habe großen Respekt vor der Generation der Großeltern, die sich nach dem Krieg getraut habe, auf die Franzosen zuzugehen. Dem russischen Machthaber Wladimir Putin versicherte sie: "Wir werden noch viel mehr investieren in unsere Sicherheit."

Als Parteivorsitzende der Grünen wird Franziska Brantner künftig im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Bislang schon ist sie in den sozialen Medien sehr aktiv. Auf Instagram, Tiktok und Youtube veröffentlicht sie schnell geschnittene Videos, oft mit KI bearbeitet. Da steht dann Robert Habeck mit Krone triumphierend über Markus Söder, der auf einem Bett liegt. Die Überschrift: "Habeck legt Söder schlafen". Und AfD-Politiker werden mit Clownsmasken versehen.

Auf die Frage, ob politische Kommunikation heute so aussehen müsse, sagt Brantner: "Warum soll das nur die AfD machen dürfen?" Sie möchte Junge erreichen, die gerade auf diese Art kommunizieren. Damit scheint sie erfolgreich zu sein: Knapp 10.000 Menschen folgen ihr auf Tiktok, auf Instagram 23.000, ihre Videos werden nicht selten hunderttausendfach abgespielt. Auf der Straße werde sie immer häufiger von jungen Menschen erkannt und angesprochen, sagt sie. "Die fragen: ‚Sind Sie die Brantner von Tiktok?‘ Nicht ‚von den Grünen‘." Das könnte sich jetzt ändern.

Ressort: Deutschland

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
die Kommentarfunktion ist aktuell geschlossen, es können keine neuen Kommentare veröffentlicht werden.

Öffnungszeiten der Kommentarfunktion:
Montag bis Sonntag 6:00 Uhr - 00:00 Uhr


Weitere Artikel