Jugend und Politik
Jugendliche in Breisach diskutieren in Eigenregie wichtige Zukunftsthemen am Martin-Schongauer-Gymnasium
Das Kultusministerium in Stuttgart will wissen, wie Schülerinnen und Schüler über wichtige Themen denken. Am Martin-Schongauer-Gymnasium (MSG) in Breisach gab es dazu am Donnerstag eine offizielle Jugendkonferenz.
Do, 20. Mär 2025, 17:08 Uhr
Breisach
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Eine Menschentraube sammelt sich am Donnerstagmorgen kurz vor neun Uhr am Eingang der Stadthalle. Die Schülerinnen und Schüler ab 14 Jahren haben sich zur Jugendkonferenz am Martin-Schongauer-Gymnasium (MSG) angemeldet, die an dem Morgen stattfinden soll. Es gibt einen kleinen Stau, denn jeder Name muss zuerst in einer Liste gefunden werden. Dann braucht es noch Namensschilder– ein blauer Aufkleber zeigt an, dass jemand einverstanden ist, fotografiert und gefilmt zu werden, ein cremefarbenes das Gegenteil. Daran muss sich auch Felix Zimmermann aus der 10c halten; der Schüler wird an dem Morgen die rund dreistündige Konferenz filmen. Der Streifen soll später auf der MSG-Internetseite veröffentlicht werden. Mit seiner Kamera fährt er über die Köpfe der Ankömmlinge. Die Halle füllt sich immer mehr, auch Schülerinnen und Schüler der Hugo-Höfler-Realschule sowie der Julius-Leber-Gemeinschaftsschule strömen herein. "Auch von der Gewerbeschule in Breisach wird ein Schüler kommen", freut sich Gemeinschaftskundelehrer Markus Ohler. Er hat die Konferenz im Vorfeld zusammen mit seinem Kollegen Felix Göttler organisiert. Aufgerufen zu der Veranstaltung hat Kultusministerin Theresa Schopper; das MSG ist eine von 40 Schulen im Land, die bei diesem neuen Beteiligungsformat mitmachen dürfen. Das Besondere: Die Erwachsenen halten sich fast komplett im Hintergrund und überlassen den Schülerinnen und Schülern die Bühne und die Diskussionen.
Bevor die Jugendlichen die Diskussionen zu Themen wie "Krieg und Frieden", "Schule und Bildung" beginnen, gibt es einen "Energizer". Damit ist keine aufputschende Limonade gemeint, sondern ein kurzes Bewegungsspiel als Muntermacher. Janice Wieland und David Kelp (beide 15) machen es vor, die Schülerinnen und Schüler aus den vier Schulen verteilen sich in der Stadthalle und klatschen sich ab. Die Lautstärke steigt, es wird gelacht und geredet. Dann erklären Janice und David am Mikrofon, wie es weitergeht. Gegen 9.30 Uhr suchen sich die Mädchen und Jungen Tische aus, an denen sie über ein Thema sprechen können. Bei "Drogen und Sucht" macht Hicham Quadrougo (15) den Anfang und fragt seine Klassenkameraden, wie sie das Thema wahrnehmen. So oder ähnlich nehmen an jedem der elf Tische die Gespräche an Fahrt auf. Ziel ist es nicht, verbal aufeinander loszugehen. Vielmehr sollen sie Gründe für Argumente finden und respektvoll miteinander sprechen. Viele haben das im Unterricht bereits kennengelernt oder in der SMV (Schülermitverantwortung) eingeübt – so wie etwa die 15-jährigen Schülersprecherinnen der Realschule Riona und Xenia. "Jugendliche wollen und können etwas sagen", ist Riona überzeugt. Das tun sie ruhig und diszipliniert, während dann an jedem Tisch einer die wichtigsten Zitate aufschreibt. Denn später sollen die Gruppenergebnisse allen präsentiert und der Kultusministerin in Stuttgart geschickt werden.
Wer viel denkt, redet und diskutiert, braucht irgendwann Hirnnahrung. Auch dafür haben die jungen Leute selbst gesorgt und in dem Nebenraum, der bei Abendveranstaltungen als Bar dient, Süßigkeiten, Chips und Getränke aufgebaut. Nach zwei Stunden stehen die Ergebnisse fest. Magdalena Rinklin und Felix Tschirpig wünschen zum Beispiel, dass Lehrer mehr Fortbildungen besuchen, um in Sachen Digitalisierung kompetenter zu werden. Die Klassenbücher sollten zukünftig digital geführt werden, nicht mehr auf Papier. Auch die Debatten für mentale Gesundheit lassen aufhorchen: "Mentale Gesundheit soll kein Tabuthema sein", sagt Julia Eich zu der Versammlung. Gespräche sollten auf Augenhöhe geführt werden, gegebenenfalls auch mit externen Beratern. Und Lehrer mögen bitte mehr Zuversicht verbreiten. Dann übernimmt Sarah Heller aus Niederrimsingen und trägt die nächsten Ergebnisse vor. Nach jedem Vortrag spenden die Schülerinnen und Schüler höflichen Applaus. Erlaubt ist bei den Debatten jede Meinung, wenn es dafür Argumente gibt. Freilich müsse sich alles im Rahmen des Grundgesetzes bewegen, betont MSG-Lehrer Ohler.
SMV-Lehrerin Julia Maier von der Realschule erzählt am Rande der Veranstaltung, dass sie die heutigen Schüler für politischer hält als frühere Jahrgänge. "Heute wird viel öfter demonstriert", sagt sie. Sie freue sich, dass es so viele engagierte Schülerinnen und Schüler gibt, die sich zu aktuellen Entwicklungen äußern. "Sie tun etwas, weil sie etwas erreichen wollen."