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Gedenken und Proteste zum Jahrestag des Hamas-Überfalls

  • dpa

  • So, 06. Oktober 2024, 18:04 Uhr
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Vor dem Jahrestag des Angriffs der Hamas auf Israel ist die Anspannung der Polizei wegen möglicher Ausschreitungen in Deutschland groß. Tausende Menschen demonstrieren, es bleibt weitgehend friedlich.

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Düsseldorf: Teilnehmer halten beim "Marsch des Lebens" des Jüdischen Studierendenverbandes Israelische Flaggen Foto: Henning Kaiser (dpa)

Unmittelbar vor dem Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel und dem darauf folgenden Gaza-Krieg sind in mehreren deutschen Städten Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Größere Demonstrationen gab es in Berlin, Düsseldorf, Hamburg und München. Die Veranstaltungen blieben weitestgehend friedlich, in Berlin war die Stimmung bei propalästinensischen Demonstrationen aber aufgeheizt. Die Polizei hatte vor Ausschreitungen gewarnt, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte ein hartes Durchgreifen gegen Antisemitismus angekündigt.

Am 7. Oktober 2023 hatten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Dies war der Auslöser für den Gaza-Krieg, in dem nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher rund 42.000 Palästinenser getötet wurden, etwa ein Drittel davon Kinder und Jugendliche.

In Berlin-Kreuzberg versammelten sich am Sonntag zu einem propalästinensischen Protestzug mit dem Titel "Demo gegen Genozid in Gaza" nach Angaben einer Polizeisprecherin über 1.200 Menschen - mehr als angekündigt. Bei einer proisraelischen Demonstration am Brandenburger Tor wurde eine große Israel-Flagge ausgebreitet. Laut Polizei zogen dann rund etwa 500 Menschen zum etwa ein Kilometer entfernten Bebelplatz. Dieser ist symbolisch wieder zum "Platz der Hamas-Geiseln" geworden. Unter anderem erinnern dort leere Stühlen an die Opfer.

"Run for their lives" - Erinnerung an Geiseln

In München kamen zahlreiche Menschen zur Gedenkveranstaltung "365 Tage - München gegen Antisemitismus" zusammen. Genaue Teilnehmerzahlen lagen der Polizei kurz nach Beginn noch nicht vor. Die Organisatoren hatten zuvor auf rund 8.000 Menschen gehofft und wollten damit die bundesweit größte Demonstration gegen Antisemitismus auf die Beine stellen. Nahezu in Sichtweite fand eine Gegendemonstration der Gruppierung "Palästina spricht München" unter dem Slogan "365 Tage Genozid" statt, an der nach einer vorläufigen Einschätzung der Polizei weit mehr als die angemeldeten 100 Menschen teilnahmen.

In Düsseldorf beteiligten sich an einem Gedenkmarsch der weltweiten Bewegung "Run for their lives" laut Polizei knapp 1.000 Menschen, in Hamburg waren es rund 400 Teilnehmer bei einem Protestmarsch. Die Bewegung erinnert die regelmäßig mit Gedenkspaziergängen an die Geiseln und die Opfer des Hamas-Überfalls.

Bereits am Samstag hatte es bundesweit in mehreren deutschen Städten Demonstrationen gegeben. In Berlin beteiligten sich laut Polizei weit mehr als 1.000 Menschen an einer Pro-Palästina-Kundgebung. Rund 650 kamen zu einer proisraelischen Versammlung. Nach Angaben der Polizei gab es 49 kurzzeitige Festnahmen und bei der proisraelischen Kundgebung in Berlin-Mitte auch Rangeleien. In Hamburg zogen nach Polizeischätzungen rund 950 Menschen und in Düsseldorf mehr als 1.000 Menschen bei Pro-Palästina-Demonstrationen durch die Städte.

Deutlich größer war eine propalästinensische Demonstration in London mit Zehntausenden Menschen. In Rom gab es bei einer nicht genehmigten Pro-Palästina-Demonstration mit mehreren tausend Teilnehmern teils heftige Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizisten.

Zentralrat sieht "Explosion antisemitischer Taten"

In Deutschland gibt es seit einem Jahr immer wieder propalästinensische Demonstrationen mit schweren Vorwürfen an die Adresse Israels. Der Zentralrat der Juden sieht erhebliche Gefahren für jüdisches Leben in Deutschland. "Die Hemmschwelle, zu Gewalt gegen Juden aufzurufen und auch auszuüben, sinkt", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. Es gebe eine "anhaltende Explosion antisemitischer Taten" und einen "Mechanismus des Hasses". Die Politik müsse den Kampf gegen Antisemitismus nicht nur rhetorisch, sondern "konkret durch staatliche Maßnahmen und Schutzmechanismen" stärken.

Regierung stellt sich Israel-Hass entgegen

Die Bundesregierung zeigte sich anlässlich des Jahrestages mit Israel sowie den in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden solidarisch. Es dürfe niemals sein, dass Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens in Deutschland in Angst und Schrecken leben müssten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seinem Podcast. "Antisemitismus und blinden Israel-Hass werden wir niemals hinnehmen. Den Jüdinnen und Juden hier in Deutschland gilt die volle Solidarität unseres Staates - und die Solidarität aller Anständigen in diesem Land", sagte Scholz.

Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag" beschämt, dass sich Jüdinnen und Juden auch in Deutschland unsicherer fühlten und antisemitische Angriffe zugenommen hätten. "Wir stellen uns dem entgegen. Mit der ganzen Härte des Gesetzes", betonte die Grünen-Politikerin. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) machte deutlich: "Wir schützen jüdisches Leben. Wir tun das, weil der Rechtsstaat alle seine Mitbürgerinnen und Mitbürger schützt, und eben das sind die Jüdinnen und Juden Deutschlands: Mitbürgerinnen und Mitbürger."

Steinmeier spricht bei zentralem Gedenken in Berlin

Am Montag, dem eigentlichen Jahrestag des Hamas-Überfalls, sind bundesweit erneut Demonstrationen sowie Gedenkveranstaltungen geplant. Die Berliner Polizei ist mit rund 2.000 Kräften im Einsatz. Zu einem interreligiösen Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprechen. Im Anschluss wollen sich Teilnehmer auf einen stillen Gedenkweg zum nahegelegenen Jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße begeben. In München wird in der Synagoge Ohel Jakob der Opfer des Terroranschlags der Hamas gedacht.

Ressort: Deutschland

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Kommentare (1)

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Heinrich Franzen

12088 seit 24. Feb 2010

Bevor ich dies schreibe, habe ich die Charta der VN noch mal durchgelesen. Das viel bemühte rechtfertigende Selbstverteidigungsrecht veranlaßte mich dazu. Im Artikel 51 gibt es das Schlüsselwort "bis" (naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat), Das entspricht der Notwehr, die auch nicht zur Schlußabrechnung berechtigt. Hat der Sicherheitsreat eine Chance, wenn Israel in der UNO eine fragwürdige Institution sieht, die dann gut ist, wie ein Blauhelm-Offizier mir sagte, so lange sie gibt, aber gegen die man schreit, wenn sie sich anschickt zu nehmen?
In der Präambel heißt es "Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, daß Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird,´. Das kollidiert seit langem mit der Haltung gegenüber den Palästinensern, denen ein Verhandeln auf Augeshöhe verweigertwird.
Wenn Israel beansprucht, in der demokratisch unterentwickelten Nahostregion die aufscheinende Demokratie zu sein, dann ist es m.E. an dem Staat. diesen Rohdiamanten zu bearbeiten, ihm Strahlkraft zu verleihen. Dazu gehört zuvörderst ein Mitmachen bei völkerrechtlichen Verträgen, die gesittete Staaten als selbstverständlich erachten. Ich darf das, ist weder individuell noch politisch ein empfehlenswerter Weg zum Frieden, den die UN verwirklichen will und muß, soll der Planet nicht vergehen.


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