Podiumsdiskussion
Markt oder Staat? Freiburgs Bundestagskandidaten stellen sich Fragen zur Wirtschaftspolitik
Die Wirtschaftslage ist eines der wichtigsten Themen des Wahlkampfs. Doch wie lässt sie sich verbessern? Darauf haben die fünf Freiburger Bundestagskandidaten ganz unterschiedliche Antworten.
Sa, 15. Feb 2025, 11:30 Uhr
Wirtschaft
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![Es diskutierten: Ludwig Striet (2. v.l...Fricker (li) und Christoph Münzer (re) | Foto: Jörg Wilhelm Es diskutierten: Ludwig Striet (2. v.l...Fricker (li) und Christoph Münzer (re) | Foto: Jörg Wilhelm](https://ais.badische-zeitung.de/piece/18/73/d3/f9/410244089-w-640.jpg)
Wie stark soll der Staat steuernd in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen? Oder soll er am besten ganz die Finger davon lassen? Auf diese Fragen kam das Gespräch am Donnerstagabend immer wieder zurück bei der Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl in den Räumen des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen Baden (WVIB) in Freiburg. Eingeladen hatte der WVIB gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband Südwestmetall, der Handwerkskammer Freiburg und der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein. Die Veranstaltung stieß auf so großes Interesse, dass die Plätze im Hauptsaal nicht ausreichten und eine Live-Übertragung in einen zweiten Raum eingerichtet werden musste.
Klare Trennlinie wird schnell deutlich
Auf dem Podium diskutierten fünf Bundestagskandidatinnen und -kandidaten für den Wahlkreis Freiburg (Wahlkreis 281): Klaus Schüle (CDU), Ludwig Striet (SPD), Chantal Kopf (Grüne), Ruben Schäfer (FDP) und Martina Kempf (AfD). Moderiert wurde die Diskussion von Thomas Fricker, dem Chefredakteur der Badischen Zeitung, und WVIB-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer.
Die Debatte offenbarte recht schnell eine relativ klare Trennlinie zwischen den Marktbefürwortern Schäfer, Schüle und Kempf sowie den eher marktskeptischen Kandidaten Striet und Kopf. Das wurde zum Beispiel deutlich beim Thema Steuern: Während die erste Gruppe für generelle Steuererleichterungen eintrat, die allen Unternehmen gleichermaßen zugutekommen sollen, befürworteten Striet und Kopf differenzierte Erleichterungen, bei denen der Staat stärker lenkt und eingreift. So trat Striet für einen zehnprozentigen Investitionssteuerbonus ein, der dann wirksam werden solle, wenn Unternehmen in Deutschland investieren. Man wolle nämlich nicht, dass generell mehr Geld bei den Unternehmen bleibe, ohne dass dies dann sinnvoll verwendet werde.
Großsubventionen für Konzerne oder den Mittelstand auf breiter Basis entlasten?
Kopf erklärte, es sei vernünftig, wenn fiskalische Erleichterungen gezielt in besonders wichtigen und zukunftsträchtigen Bereichen erfolgten. Münzer fragte kritisch nach, ob denn das nicht ein recht willkürliches Herauspicken sei, so wie es bei einigen Großsubventionen des Bundes für internationale Konzerne in jüngerer Zeit den Anschein gehabt habe, etwa beim Chiphersteller Intel. "Wäre es nicht besser, den Mittelstand auf breiter Basis zu entlasten?", fragte Münzer. Kopf wies dies zurück. Es gebe immer gute Gründe für steuerndes Eingreifen. Die Subvention von Intel sei sogar sicherheitspolitisch zu begründen. Es gehe hierbei darum, dass Deutschland und Europa bei der Chipherstellung unabhängiger werden.
![Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse. | Foto: Jörg Wilhelm Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse. | Foto: Jörg Wilhelm](https://ais.badische-zeitung.de/piece/18/77/af/7e/410496894-w-640.jpg)
Beim Thema Mindestlohn zeigten sich ähnliche Grundsatzunterschiede. Während Striet und Kopf eine Anhebung auf 15 Euro pro Stunde unter Umgehung der zuständigen Mindestlohnkommission befürworteten, wollten die drei anderen Kandidaten die Entscheidung über das Ausmaß der Anpassung der Kommission und somit den Sozialpartnern überlassen. "Es ist fatal, wenn der Mindestlohn immer mehr politisiert wird", warnte FDP-Mann Schäfer. So könne es schnell zu einem Überbietungswettbewerb nach oben kommen – mit gravierenden Negativeffekten für Betriebe und auch Arbeitnehmer, die dann schwerer eine Anstellung fänden, weil sich das nicht mehr rechne.
Beim Thema Fachkräftesicherung sorgte AfD-Kandidatin Kempf teils für Stirnrunzeln und Kopfschütteln im Saal, weil sie die Zahl von jährlich rund 100.000 Abtreibungen hierzulande ins Feld führte. Gäbe es weniger Abtreibungen, stünden am Ende mehr Menschen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, so ihr Argument. Abgesehen davon gab es hier viel Konsens. Alle waren sich einig, dass man das Arbeitskräftepotenzial durch mehr Flexibilität beim Übergang in die Rente erhöhen sollte. Ein Ausbau der Kinderbetreuung könne es Frauen ermöglichen, mehr zu arbeiten. Wobei Kempf hier wiederum abwich. Die AfD will ein Betreuungsgehalt für Kinder bis zum dritten Lebensjahr. Die Kritik von Thomas Fricker, dies sei ja geradezu kontraproduktiv, konterte sie mit dem Hinweis, dass dies eine Ermutigung für Familien sein könne, mehr Kinder zu bekommen – was dann eben langfristig das Arbeitskräftepotenzial erhöhen soll. Dass qualifizierte Zuwanderung weiter nötig ist, betonten alle, auch Kempf.
Schüle beteuert: Keine Abstimmungen mehr mit der AfD
Aus dem Publikum kam die Frage an Klaus Schüle, ob er künftig für sich persönlich ausschließen könne, mit der AfD abzustimmen und so eine von der AfD abhängige Mehrheit zu bilden. Das sicherte Schüle mit Inbrunst zu. Es könne da für ihn keine Zusammenarbeit geben. Im Übrigen thematisierten die Fragen aus dem Publikum die Bürokratiebelastung und ineffiziente Verwaltung. Auch hier gelobten alle Besserung. Schäfer nannte die EU-Regulierung der Künstlichen Intelligenz (KI) als Negativbeispiel. "Während die USA und China bei der KI-Entwicklung vorpreschen, ist Europa nur bei der Regulierung vorn."
Hier geht's zur Aufzeichnung der Veranstaltung.