Account/Login

Wer Terror lobt, soll ausgewiesen werden

  • dpa &

  • Do, 27. Juni 2024
    Deutschland

     

Schon ein Hasskommentar soll reichen: Die Bundesregierung will ein härteres Vorgehen gegen Ausländer ermöglichen, die Terrortaten gutheißen. Auch der grüne Vizekanzler Habeck steht dahinter.

Die Ausländerbehörden der Länder sollen Menschen, die terroristische Taten gutheißen, künftig leichter ausweisen und damit im Einzelfall vielleicht auch eher abschieben können. Das Bundeskabinett billigte einen Entwurf von Innenministerin Nancy Faeser (SPD).

Demnach soll eine Ausweisung – also der Entzug einer Aufenthaltserlaubnis – schon nach Billigung einer einzelnen terroristischen Straftat ermöglicht werden. Als Verbreitung eines Inhalts im Sinne des Entwurfs soll dann nicht nur das Erstellen von entsprechenden Inhalten gelten, sondern etwa auch das Markieren eines Beitrags durch "Gefällt mir" in sozialen Netzwerken wie Youtube, Instagram oder Tiktok.

Die Bundesregierung reagiert mit ihrem Vorhaben auf Hasspostings im Netz etwa nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel oder nach dem tödlichen Messerangriff während einer islamkritischen Veranstaltung in Mannheim. Dabei tötete ein Afghane Ende Mai einen Polizisten. Der 25-jährige Täter war als Jugendlicher nach Deutschland gekommen. Eine Aufenthaltserlaubnis besaß er zuletzt, weil er zwei Kinder mit einer Frau hat, die deutsche Staatsbürgerin ist.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Gesetzesverschärfung nach der Attacke von Mannheim in einer Regierungserklärung angekündigt.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), Thomas Oberhäuser, hält den Entwurf für nicht zielführend. "Man muss schon sehr viel juristische Fantasie entwickeln, um das Setzen eines ,Likes‘ als Verbreitung zu definieren", so der Rechtsanwalt. Für Laien sei oft nicht immer gleich auf Anhieb zu erkennen, ob es sich im Einzelfall um einen terroristischen Inhalt handelt oder nicht. Auch sei es "völlig wahnsinnig" zu glauben, dass die Ausländerbehörden im großen Stil nach "Gefällt mir"-Posts in sozialen Medien schauen könnten. Besser wäre es, wenn jemand einmal eine Terrortat im Netz bejubelt, dies zum Anlass für ein Gespräch eines Vertreters der Sicherheitsbehörden mit dem Ausländer zu nehmen, "um festzustellen, ob er gefährlich ist".

Ein schwerwiegendes Interesse des deutschen Staates an einer Ausweisung soll laut Faesers Entwurf auch angenommen werden, wenn jemand bestimmte Straftaten in einer Art und Weise billigt und belohnt, die den öffentlichen Frieden stören könnte. Dann müsste eine strafgerichtliche Verurteilung vor einer Ausweisung nicht erst abgewartet werden.

Die rechtspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, sagte: "Dass Innenministerin Faeser nun offenbar plant, Menschen wegen eines Postings in den sozialen Medien auszuweisen", sei der vorläufige Höhepunkt einer besorgniserregenden Entwicklung. Wenn es um autoritär regierte Staaten wie die Türkei oder Russland gehe, empörten sich deutsche Politiker zu Recht darüber, dass Menschen dort wegen eines Likes in den sozialen Medien verfolgt oder gar inhaftiert werden könnten – "allerdings bewegt sich die Bundesrepublik längst selbst in diese Richtung".

Positiv beurteilt dagegen Vizekanzler Robert Habeck das Vorhaben. "Es ist eine große Errungenschaft und Stärke unseres Landes, dass verfolgte Menschen in Deutschland Schutz finden können." Wer aber die liberale Grundordnung verhöhne, indem er Terrorismus bejubele und Morde feiere, habe sein Bleiberecht verwirkt. Deshalb werde jetzt das Aufenthaltsrecht entsprechend geändert. "Der Islam gehört zu Deutschland, der Islamismus nicht", fügte Habeck hinzu.

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), hätte sich eine weiterreichende Reform gewünscht. Sie sagte: "Angesichts von massenhaftem Antisemitismus und Kalifats-Demos auf deutschen Straßen muss jede antisemitische und antidemokratische Straftat regelmäßig zu einer Ausweisung führen."

Ressort: Deutschland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 27. Juni 2024: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare

Um Artikel auf BZ-Online kommentieren zu können müssen Sie bei "Meine BZ" angemeldet sein.
Beachten Sie bitte unsere Diskussionsregeln, die Netiquette.

Sie haben noch keinen "Meine BZ" Account? Jetzt registrieren


Weitere Artikel