Weiblich, urban, allein, arm
Finanzlage von Alleinerziehenden bessert sich kaum / Kinder bleiben ein Armutsrisiko.
Axel Hofmann & Basil Wegener
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BERLIN. Mütter und Väter, die ihre Kinder alleine großziehen, leben trotz leichter Verbesserungen in den vergangenen Jahren häufig unter prekären finanziellen Bedingungen. Das Armutsrisiko von Alleinerziehenden ist zwar leicht gesunken – es liegt aber noch immer weit über dem Bevölkerungsdurchschnitt. Das geht aus neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor.
Unter Statistikern gelten Personen immer dann als armutsgefährdet, wenn ihnen weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung stehen.
Der statistische Wert hat für die Betroffenen konkrete Auswirkungen. So können sich 39 Prozent der Alleinerziehenden keine einwöchige Urlaubsreise mit ihren Kindern leisten. Im Vergleich dazu müssen von der Gesamtbevölkerung 19 Prozent ihren Jahresurlaub unfreiwillig zu Hause verbringen.
Die Diakonie Deutschland wirbt deshalb für eine staatliche Kindergrundsicherung. Nur so könnten die Kinder unter gleichen Bedingungen aufwachsen wie ihre finanziell bessergestellten Altersgenossen, sagte Maria Loheide, die bei der Diakonie Vorstand für Sozialpolitik ist. Mehr Hilfen bei Hausaufgaben oder kostenlose Mittagessen in Kita und Schule müssten dazukommen.
Mittlerweile handelt es sich bei fast jeder fünften Familie um einen Alleinerziehenden-Haushalt. Ihr Anteil an den Familien stieg binnen zwei Jahrzehnten von 14 auf 19 Prozent. In Baden-Württemberg ist der Anteil der Alleinerziehenden deutschlandweit am niedrigsten (siehe Grafik). Und: Je kleiner eine Gemeinde, umso niedriger ist tendenziell der Anteil der Alleinerziehenden.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat mehrere Projekte in Planung. Dazu gehören eine Reform des Kinderzuschlags für einkommensschwache Familien sowie ein Gesetz für eine verbesserte Kita-Betreuung. "Gerade Alleinerziehende sind angewiesen auf gute Kitas und Kindertagespflege", erklärte Giffey. "Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird nur dann gehen, wenn es gute Betreuungsmöglichkeiten gibt."
Das deckt sich mit den Erkenntnissen der Statistiker. Von den alleinerziehenden Müttern – Frauen machen fast 90 Prozent aus – gehen bis zum dritten Geburtstag des Kindes 27 Prozent einer Erwerbstätigkeit nach. Mehr als die Hälfte von ihnen wäre "an der Aufnahme einer Arbeit interessiert", wie es in der Studie heißt. Doch aus "familiären oder persönlichen Gründen" sahen sich viele nicht in der Lage, tatsächlich eine Beschäftigung aufzunehmen, schreiben die Autoren.
Dass sich das Armutsrisiko der Alleinerziehenden seit 2011 leicht verringert hat, führt man im Statistischen Bundesamt auf die Weichenstellungen der vergangenen Jahre zurück. "Die familienpolitischen Maßnahmen greifen in diesem Bereich", sagte der Präsident der Behörde, Georg Thiel.