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Die große Krise kam am Ende der Amtszeit

  • sda

  • Mi, 02. Oktober 2024
    Basel

     

Am 20. Oktober finden im Kanton Basel-Stadt die Regierungswahlen statt. Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA blickt auf die Amtszeit der Regierung zurück. Heute: Justiz- und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann.

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Foto: Jonas Hirt
Die 45-jährige Juristin Stephanie Eymann (Liberal-Demokratische Partei) gehört der Basler Regierung seit Februar 2021 an. Sie wurde Ende November 2020 als politische Quereinsteigerin in Basel-Stadt in die Exekutive gewählt – und verdrängte damit Justiz- und Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP).

Kurz nach ihrem Amtsantritt griff die neue Justiz- und Sicherheitsdirektorin nach einer gewalttätigen Partynacht im Basler Rheinhafen im Mai 2021 mit Schlägereien, einer Messerstecherei und mehreren Verletzten durch. In der Folge wurde die Polizeipräsenz erhöht, das Gebiet an Wochenenden videoüberwacht und ein temporäres Fahrverbot auf der Uferstraße verhängt. Zudem sagte Eymann den Autoposern den Kampf an: Die Zufahrt zur Westquaistraße wird seither an den Wochenenden beschränkt.

Rund drei Monate nach ihrem Amtsantritt kündigte die ehemalige Leiterin der Baselbieter Verkehrspolizei an, das Betteln in der Stadt einzuschränken. Das Betteln in "aufdringlicher oder aggressiver Art und Weise" wird seit dem 1. September 2021 mit einer Buße von 100 Franken bestraft. Für das Betteln an neuralgischen und besonders sensiblen Örtlichkeiten gibt es eine Buße von 50 Franken.

Kundgebungen prägten die erste Amtszeit von Eymann. Im Mai 2021 gab die 45-Jährige bekannt, die Bewilligungspraxis für Demonstrationen und Kundgebungen mit einem neuen Grundsatzpapier transparenter gestalten zu wollen. Die Polizei wolle unter anderem verhindern, dass eine Gruppierung den öffentlichen Grund übermäßig oft nutzt und damit allenfalls andere verdrängt. Bei der Bewilligung von Kundgebungen werde deshalb die Zahl der Auftritte in den vergangenen zwölf Monaten berücksichtigt, sagte Eymann damals. Vor allem aber kündigte Eymann ein konsequenteres Durchgreifen bei unbewilligten Demonstrationen an – was sie ein Jahr später im Großen Rat wiederholte. Dies, nachdem es an der Kundgebung zum 1. Mai 2022 in Basel zu Sachbeschädigungen gekommen war. Bei mehreren Demonstrationen 2023 kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Gummischrot und Reizgas einsetzte und Teilnehmerinnen und Teilnehmer einkesselte. Das Vorgehen der Polizei löste bei den Linken einen Aufschrei aus. Demonstrierende gingen juristisch gegen die Einkesselung vor.

Eymanns erste größere Vorlage im Großen Rat war im Mai 2021 die Teilrevision des Polizeigesetzes zur Einführung eines kantonalen Bedrohungsmanagements. Dieses Geschäft, das ihr Vorgänger Baschi Dürr noch aufgegleist hatte, wurde vom Parlament gutgeheißen. Die bei der Kantonspolizei Basel-Stadt angesiedelte Abteilung hat am 1. März 2023 ihre Arbeit aufgenommen. Im Zentrum der neuen Abteilung steht die polizeiliche Verhinderung von Gewalt, vor allem im Bereich von häuslicher Gewalt, aber auch von Gewalttaten aufgrund psychischer Störungen und gewaltbereitem Extremismus.

Die Basler Regierungsrätin deutete im November 2021 an, dass sie personalisierte Tickets für FCB-Heimspiele befürwortet, obwohl Basel-Stadt nicht Mitglied des Hooligan-Konkordats ist. Dies sorgte bei vielen FCB-Fans für Kritik. Dass Eymann Fangewalt nicht akzeptiert, brachte sie im April 2023 deutlich zum Ausdruck: Damals wurden beim Fußballspiel FCB-YB vier Mitarbeitende einer Sicherheitsfirma vor dem Stadion durch Fußballfans verletzt, worauf Eymann die Muttenzerkurve beim nächsten Spiel schließen ließ.

Dem Kanton Basel-Stadt laufen seit geraumer Zeit die Polizistinnen und Polizisten davon. So fehlen rund 100 Ordnungshüter. Um diesem Problem teilweise entgegenzuwirken, kündigte Eymann im März 2023 an, dass die Angehörigen des Polizeikorps eine Arbeitsmarktzulage von 250 bis 400 Franken pro Monat erhalten sollen. Der Große Rat nahm die Vorlage an.

Im Juli 2023 gab Eymanns Polizei bekannt, auf der Dreirosenanlage in Basel eine Videoüberwachungsanlage zu installieren, nachdem es in dort zu einer Häufung von Gewaltvorfällen kam. Die Dreirosenanlage soll noch bis Ende 2024 videoüberwacht werden. Die Basler Regierung kündigte im März 2023 zudem weitere Maßnahmen für mehr Sicherheit im Unteren Kleinbasel an.

Der am 21. Juni 2024 veröffentlichte Bericht von Staats- und Verwaltungsrechtler Markus Schefer von der Universität Basel zeigte eine große Misere bei der Basler Kantonspolizei auf. Viele der befragten Polizisten klagten über eine "Angstkultur", mangelndes Vertrauen in die Führung, Überlastung sowie über rassistische und sexistische Vorfälle. Eymann bezeichnete den Bericht als "besorgniserregend" . Viele Probleme seien für sie nicht komplett überraschend gewesen, wohl aber das Ausmaß. Als erste Maßnahme stellte Eymann am 28. Juni den Polizeikommandanten Martin Roth frei, der den Bericht in Auftrag gegeben hatte. Als Folge der aufgedeckten Misere im Basler Polizeikorps wurde eine unabhängige Anlaufstelle für Polizisten eingerichtet. Diese nahm am 1. August ihre Arbeit auf. Seit dem 9. September ist Thomas Würgler übergangsweise Basler Polizeikommandant.

Ressort: Basel

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 02. Oktober 2024: PDF-Version herunterladen

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