Schule

G9 bringt neuen Stoff und braucht neue Klassenräume

Im nächsten Schuljahr wird das neunjährige Gymnasium mit den Fünft- und Sechstklässlern starten. Die Schulen müssen sich auf neue Schwerpunkte in den Fächern einrichten – und brauchen wohl mehr Raum.  

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Das Fach Informatik wird im G9 von Kla...s Klasse elf durchgehend unterrichtet.  | Foto: Marijan Murat (dpa)
Das Fach Informatik wird im G9 von Klasse fünf bis Klasse elf durchgehend unterrichtet. Foto: Marijan Murat (dpa)

Im kommenden Schuljahr ist es soweit: In Baden-Württemberg wird wieder das neunjährige statt des bisherigen achtjährigen Gymnasiums eingeführt. Die Reform hat vor allem ein Ziel: Sie soll den Schülern mehr Zeit für Außerschulisches verschaffen. Es wird weniger Nachmittagsstunden geben. Lernen sollen die Schülerinnen und Schüler so viel wie bisher, der Unterrichtsstoff wird aber über das zusätzliche Schuljahr gestreckt. Die Zahl der Wochenstunden vor der Kursstufe wächst leicht: Waren es bisher 209 in den Klassen fünf bis zehn, sind es nun 222 von Klasse fünf bis elf.

Was die Inhalte angeht, wird es leichte Verschiebungen geben. Das Kultusministerium spricht von fünf "Innovationsschwerpunkten". Der auffälligste ist das neue Fach Informatik und Medienbildung, das von Klasse fünf bis elf in jeweils einer Wochenstunde unterrichtet wird. Es soll den Schülerinnen und Schülern helfen, sich in einer immer digitaler werdenden Welt zu bewegen.

Auf dem Lehrplan werden Dinge stehen wie soziale Medien, Künstliche Intelligenz und anderes mehr. Die Schülerinnen und Schüler sollen verstehen, wie Programme geschrieben werden, welche Algorithmen Facebook und Co. bestimmen und welche ökonomische Logik dahintersteckt.

Mehr Demokratiebildung

Zwei der zusätzlichen Stunden sollen ein zunehmend größer gewordenes Problem lösen: Schwächen in Deutsch und Mathematik bei von der Grundschule kommenden Schülerinnen und Schülern. Die beiden Fächer werden nun in der fünften Klasse mit fünf statt bisher vier Wochenstunden unterrichtet. "Sicher lesen, schreiben und rechnen – das ist die Grundlage für den weiteren Lernerfolg", sagt Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne).

Weitere Schwerpunkte am G9 sind etwas mehr Unterricht in Physik, Biologie und Chemie, mehr Demokratiebildung in Geographie und Gemeinschaftskunde und zusätzliche Zeit für Bildung für nachhaltige Entwicklung. Auch die Hilfe für Schülerinnen und Schüler wird verstärkt: Das Fach Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung wird ausgebaut und um Praktikums- und Praxiselemente ergänzt. An den Übergängen von Unter- und Mittelstufe oder von Mittel- und Oberstufe wird es sogenanntes individuelles Schülermentoring geben.

Martin Rupp, Leiter des Droste-Hülshoff-Gymnasiums in Freiburg und geschäftsführender Schulleiter der städtischen Gymnasien, findet es "sehr schade", dass es das Schulfach BNT (Biologie, Naturphänomene und Technik) in Klasse 5 und 6 nicht mehr gibt, in dem viel mit Experimenten gearbeitet wurde. "Die Kinder haben das sehr gerne gemacht", sagt Rupp. Auch dass die erste oder die zweite Fremdsprache – je nach Wahl der Schule – nur noch mit drei statt vier Wochenstunden begonnen wird, findet er nicht gut. Für den "Anfangsunterricht" sei mehr Zeit notwendig. Rupp findet die neue Stundentafel aber keine Katastrophe. Dafür, dass es nach dem Entschluss, das G9 wieder einzuführen, habe schnell gehen müssen, habe das Kultusministerium die Sache "ordentlich hingelegt".

Kommen jetzt mehr oder weniger Kinder ans Gymnasium?

Was noch niemand genau weiß: Wird es für G9 neue Räume brauchen? Im Schuljahr 2032/33 wird es erstmals wieder 13. Klassen geben. Freiburgs Stadtverwaltung hat erste Schätzungen: Mit der Umstellung auf G9 brauche es in der Stadt 30 zusätzliche Klassenzimmer, heißt es aus dem Rathaus. Was das kostet? Die Planungen seien noch nicht weit genug fortgeschritten, um Zahlen zu nennen, so ein Rathaussprecher. "Klar ist aber, dass wir von hohen Summen reden." Ähnliches ist aus Lörrach zu hören: Organisatorisch, planerisch, später baulich, finanziell und personell sei G9 eine große zusätzliche Belastung, so die Pressesprecherin der Stadt. Alles ist noch vage. Wenn man bedenkt, wie lange es dauert, bis ein An-, Um- oder Neubau genehmigt, geplant, ausgeschrieben und gebaut ist, klingt das fast schon etwas zu entspannt.

Wahr ist aber auch, dass eine zuverlässige Planung für die Kommunen derzeit schwierig ist: Keiner weiß, wie sich die im Januar beschlossene Bildungsreform auf den Schulwechsel von Viertklässlern auswirkt: Wirkt das G9 auf Schülerinnen und Schüler wie ein Magnet, weil es eine entspanntere Schulzeit verspricht? Oder sorgt die wieder teilverbindliche Grundschulempfehlung dafür, dass weniger Kinder aufs Gymnasium wechseln? Am Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald hält man es für möglich, dass die Grundschulempfehlung die Übergangsquoten aufs Gymnasium nicht weiter steigen oder vielleicht sogar sinken lässt. Erst wenn mehr Klarheit bestehe, werde man mit den acht Gymnasien im Kreis jeweils ein schulstandortspezifisches Bild erarbeiten, sagt der Landratsamt-Sprecher. Erst dann geht es ans Planen.

Schlagworte: Martin Rupp, Theresa Schopper
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