Seelsorge
Pfarrer Martin Rathgeber ist zurück im Wiesental
Martin Rathgeber ist neuer evangelischer Pfarrer in Zell. Er stammt aus Nordbaden, ist aber seit vielen Jahren im Kleinen Wiesental heimisch. Nun will er bis zu seiner Pensionierung bleiben- und darüber hinaus
So, 3. Nov 2024, 17:01 Uhr
Zell im Wiesental
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Auch Pfarrer Rathgeber freute sich offensichtlich, wieder in seiner vertrauten Heimat arbeiten und leben zu können. 15 Jahre lang hatte er schon einmal die Gemeinde Kleines Wiesental geleitet. Aber viele seiner damaligen Gemeindemitglieder haben ihn nicht vergessen und nehmen ihn bei seinem ersten Gottesdienst in Zell, den Almut Hailperin an der Orgel begleitete, freundlich in ihrer Mitte auf.
"Meine Heimat ist das Kleine Wiesental, ich liebe den Schwarzwald, und die Menschen hier liegen mir am Herzen", sagt Rathgeber. Er habe sich sehr gefreut, dass so viele seiner "alten" Gemeindemitglieder zu seinem ersten Gottesdienst gekommen seien. Ursprünglich stammt der 63-Jährige aus Weinheim an der Bergstraße in der Nähe von Heidelberg. Mit dem Rhein-Neckar-Kreis verbinde ihn allerdings nur noch wenig. Er sei hier vollkommen heimisch. Seine Wurzeln liegen sowieso zur Hälfte in Südbaden, denn seine Mutter stammt vom Kaiserstuhl, betont er.
Rathgeber studierte zunächst in Heidelberg, wechselte zwischenzeitlich nach München und legte dann sein Examen in der Kurpfalz ab. Schon damals geht er für seine Überzeugung auf die Straße: "Wir haben vor dem amerikanischen Headquarter für Abrüstung und Frieden demonstriert", erzählt er im Gespräch mit der BZ. Nach dem Vorbild der biblischen Erzählung von Jericho habe man die US-Einrichtung siebenmal umrundet. "Aber auch ihre Trompeten vermochten es nicht, die Mauern einstürzen zu lassen", gibt er schmunzelnd zu. Anfang des Jahres wagte sich Rathgeber nochmals auf die Straße und demonstriert in Bad Säckingen für Menschenrechte und Demokratie.
Sein Lehrvikariat absolvierte Rathgeber bereits in Südbaden, in Brombach. Anschließend musste er sich allerdings nach einer Stelle umsehen. Die sind damals rar. Er gehört zur Babyboomer-Generation. Im Gegensatz zu heute bemühten sich damals zahlreiche Bewerber um die wenigen Pfarrstellen. "In Österreich und in Thüringen wurden aber noch Pfarrer gesucht". Also packte er die Koffer. "Ich wäre auch nach Thüringen gegangen, aber die Kirchenleitung schickte mich in die Steiermark", erzählt Rathgeber.
Zwei Jahre blieb der junge Pfarrer mit Frau und zwei Kindern in Österreich. "Es hat uns allen hier sehr gut gefallen", aber seine Frau und er wollten dann doch nicht so weit von den Eltern entfernt leben. Das dritte Kind ist beim erneuten Umzug unterwegs.
Endgültig zieht es die junge Familie nach Südbaden: 1995 wird Martin Rathgeber Pfarrer in Tegernau, später übernimmt er zusätzlich die Pfarreien in Wies und Neuenweg. 2009 wechselte er nach Wehr. 2021 übernimmt er die Gemeinden Murg, Rickenbach und Herrischried auf dem Hotzenwald, für die er bereits 2018 zusätzlich eine Vakanz innehat.
"Wir sind insgesamt acht oder neun Mal umgezogen", resümiert der Pfarrer. Seine Frau, die zum Teil als selbständige Grafik-Designerin, zum Teil angestellt arbeitet, und ihn habe das aber nicht gestört, und auch seine Kinder hätten immer schnell wieder neue Kontakte geknüpft.
Mit 63 Jahren macht er nun nochmal einen Schnitt. Er hat sich um die Pfarrstelle in Zell beworben und kann jetzt wieder in seinem Haus in Neuenweg leben, das er schon vor 20 Jahren gekauft hat. Zwischenzeitlich lebte sein erwachsener Sohn dort. "Ich habe jetzt die Altersgrenze erreicht und muss keinen Religionsunterricht mehr geben, was ich zum Anlass genommen habe, mich nochmal zu verändern. Dies wird aber meine letzte Pfarrstelle sein", kündigt Rathgeber an. In dreieinhalb Jahren wird er pensioniert und wird dann nur noch Vertretungen übernehmen, keinesfalls jedoch eine Vakanz.
Mit seiner Pfarrstelle in Zell gehört Rathgebers Gemeinde dem neu geschaffenen Kooperationsraum an. Die Kirchengemeinden Zell, Schönau, Todtnau und die Gemeinden an der Kleinen Wiese sind darin verbunden. Mit diesem Konstrukt will die evangelische Kirche dem eklatanten Mangel an Pfarrerinnen und Pfarrern begegnen. "Man wird sich gegenseitig aushelfen und zusammenarbeiten", kündigt Rathgeber an. "Die Schwächen des einen sollen durch die Stärken eines anderen ausgeglichen werden und umgekehrt."
Bis 2036 rechnet die Kirchenleitung damit, dass sich die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer um 30 Prozent reduzieren wird. Die Babyboomer gehen in Pension. Außerdem würden dann 30 Prozent der Kirchen nicht mehr als Gotteshäuser genutzt, berichtet Rathgeber. "Das wird eine große Herausforderung für die Zukunft", kündigt Rathgeber an. Die Kirche habe zwar Vermögen, ein großer Teil davon sei jedoch in Gebäuden gebunden. "Aber verkaufen Sie mal eine Kirche."
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