Die Kandidaten für den Bundestag
Das politische Spektrum der Direktkandidaten für den Bundestag im Wahlkreis Waldshut reicht von weit links bis rechtsaußen. Welche Schwerpunkte setzen sie?.
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Während die Wählerinnen und Wähler ihre Zweitstimme einer Partei verleihen, votieren sie mit ihrer Erststimme für den Direktkandidaten ihres Wahlkreises, der sich in Berlin für die Belange seiner Wahlkreisgemeinden einsetzen soll. Bei der Bundestagswahl vor dreieinhalb Jahren holte Felix Schreiner (CDU) mit 33,6 Prozent die meisten Stimmen. Bis Anfang Dezember hatten die meisten Parteien ihre Kandidierenden gekürt. Die BZ stellt sie im Folgenden in der Reihenfolge entsprechend ihrer Stimmenanteile bei der letzten Bundestagswahl vor.
Die CDU hatte sich darauf verständigt, Felix Schreiner als Kandidaten für den Bundestag ins Rennen zu schicken, als das Ampel-Aus und eine Neuwahl im Februar nicht besiegelt waren. Denn im Juli 2024 stimmten bei einer Mitgliederversammlung 99 Prozent der Teilnehmenden für den 38-Jährigen, der seit acht Jahren im Bundestag ist. Zuvor war er Abgeordneter des Landtages letzten Jahren der Großen Koalition unter Führung von Angela Merkel (CDU) war Schreiner Mitglied im Verkehrsausschuss. Im Dezember kündigte er an, nur als Direktbewerber in seinem Wahlkreis für die Bundestagswahl anzutreten und sich nicht auf der CDU-Landesliste aufstellen zu lassen.
Bei seiner Kür zum Kandidaten sagte Schreiner, dass er sich dafür einsetzen wolle, dass ländliche Regionen wie Hochrhein und Hochschwarzwald nicht abgehängt würden. Er sprach von Bürokratieabbau und nannte die Öffnung des Albtals als Beispiel. Um Projekte zu verhindern, dürfe man sich nicht hinter dem Naturschutz verbergen. Als Verkehrspolitiker sei es ihm ein Anliegen, den Motorradlärm zu reduzieren.
Rita Schwarzelühr-Sutter verfügt unter allen Kandidierenden über die meiste Erfahrung im Politbetrieb. Sie gehört seit 2005 mit einer kleinen Unterbrechung zwischen 2009 und 2010 dem Bundestag an. Bei der jüngsten Bundestagswahl erhielt sie in ihrem Wahlkreis 25,5 Prozent der Erststimmen und zog erneut über die SPD-Landesliste ins Parlament ein. Bei der Nominierungsveranstaltung des SPD-Kreisverbands Waldshut in Grafenhausen stimmten 60 der 61 Delegierten für die 63-Jährige. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Innenministerium verteidigte in ihrer Rede die Politik von Kanzler Olaf Scholz (SPD), der viele sozialdemokratische Vorstellungen verwirklicht habe. Für die Zukunft fordert sie, die Sozialpolitik mehr in den Fokus zu rücken. Das Bürgergeld zu kürzen sei keine Lösung. Vielmehr wolle sie das Steuersystem gerechter gestalten und die Lebensleistung der arbeitenden Bevölkerung mit gerechten Renten belohnen. Angesichts der vergleichsweise niedrigen Staatsverschuldung Deutschlands fordert sie eine Modernisierung der Schuldenbremse. Auch sprach sich Schwarzelühr-Sutter, die über die Anti-Atomkraftbewegung in die Politik gekommen ist, für einen Staatsvertrag mit der Schweiz aus, um rechtliche Sicherheiten bei den Planungen des Atomendlagers bei Hohentengen zu gewährleisten.
Für Jan-Lukas Schmitt ist die Bundestagswahl der zweite Versuch, ins Parlament einzuziehen. Vor dreieinhalb Jahren erhielt der 29-Jährige mit 15,3 Prozent zwar das beste Erststimmenergebnis für Grüne in diesem Wahlkreis, doch es reichte nur für Platz drei hinter Schreiner und Schwarzelühr-Sutter. Auch jetzt rechnet sich Schmitt nach eigener Aussage nur geringe Chancen aus, das Direktmandat zu gewinnen. Ambitioniert ist der frühere Redakteur von oder und jetzige Referent für Finanz- und Haushaltspolitik im Bundesvorstand der Grünen dennoch, weshalb er über die Landesliste seiner Partei in den Bundestag will. Schmitt zählt zu den Gründern der Grünen Jugend in Waldshut, hat die Jugendorganisation nach dem Rücktritt des Bundesvorstands 2024 aber kritisiert. Der BZ sagte er, die Grüne Jugend habe sich "in abstrakter Systemkritik, Klassenkampf-Parolen und dystopischem Weltschmerz verloren", anstatt sich den Ängsten junger Menschen zu widmen, die sich um bezahlbaren Wohnraum oder den Klimawandel sorgten. Der Kampf gegen Letzteren, der sich durchs Waldsterben im Südschwarzwald bemerkbar mache, sei eines seiner Kernanliegen. Er wolle sich auch für eine Finanzpolitik einsetzen, "die faire Aufstiegschancen, Verteilungsgerechtigkeit und einen wettbewerbsfähigen Standort mit Klimaschutz vereint".
Die AfD vertraut im Bundestagswahlkampf wie vor dreieinhalb Jahren auf Andrea Zürcher. Damals holte die 41-Jährige 8,5 Prozent der Erststimmen. Die Kreisrätin und Vorsitzende des Kreisverbands Waldshut arbeitet nach eigenen Angaben als Referentin von Landtagsabgeordneten in Baden-Württemberg. Bei der Nominierungsversammlung im Dezember, bei der die Delegierten Zürcher einstimmig wählten, sagte sie, eine bürgernahe Politik, der Erhalt regionaler Strukturen sowie eine kritische Auseinandersetzung mit der Energie- und Migrationspolitik seien für sie zentrale Themen. Auf Ihrem Facebook-Account wirbt sie für den Schutz von Familien und traditioneller Werte und fordert ein Ende der "unkontrollierten Zuwanderung", um Sicherheit und Stabilität in Deutschland zu garantieren. Über den saudi-arabischen Attentäter von Magdeburg, der im Dezember mit einem Auto in eine Menschenmenge raste und dabei sechs Menschen tötete, schreibt sie, er habe sich als Linker bezeichnet – obwohl er laut Sicherheitskreisen AfD-Anhänger war.
Die FDP setzt auf ein neues Gesicht. Bereits im Oktober wählte der Kreisverband Nathalie Wagner einstimmig zur Direktkandidatin. Die 30-jährige Unternehmensberaterin hat Wirtschaftswissenschaften studiert und ist seit zwei Jahren FDP-Mitglied. Zuletzt engagierte sie sich als Bezirksbeisitzende für die Jungen Liberalen. Sie ist der Ansicht, dass der Bundestag mehr Politiker mit Arbeitserfahrung aus dem "echten Leben" bräuchte. Eine ihrer Forderungen lautet, mehr Geld in Forschung und Bildung zu investieren als in den Sozialstaat. Zudem ist sie der Meinung, dass der Staat zu viel reglementiere und so Potentiale ausbremse. In den Bereichen Umwelt und Soziales seien viele Gesetze gut gemeint, aber schlecht umgesetzt. Im Bundestag wolle sie sich für eine geordnete Migration in den Arbeitsmarkt und bessere Voraussetzungen für Unternehmensgründungen und gegen eine Verbotskultur einsetzen.
Ein Direktmandat für Die Linke will Julian Besemann erringen. Der 35-Jährige arbeit als Pflegekraft, weshalb er der Ansicht ist, prekäre Arbeitsverhältnisse zu kennen. Er bezeichnet sich als Sozialpolitiker und Antifaschisten, der seit Jahrzehnten gegen Rassismus kämpfe. So wolle er im Schwarzwald dem politischen Rechtsruck etwas entgegensetzen. "Wir sind überzeugt, dass der Wert eines Menschen sich nicht an seiner kapitalistischen Verwertbarkeit, seinen äußerlichen Merkmalen oder seiner Herkunft bemisst. Wir setzen Solidarität gegen Hass und Hetze", schreibt seine Partei.
Den 25-jährigen Handelsfachwirt Dominic Gehrmann aus Waldshut schickt die Partei Volt ins Rennen um ein Direktmandat. Es ist sein zweiter Anlauf. Bei der Wahl 2021 votierten 0,6 Prozent der Wählenden für ihn. Am Herzen liegt Gehrmann seinem Webauftritt zufolge die Stärkung der europäischen Integration und der Grenzregionen. Er wolle die Vorteile des geeinten Europas greifbar machen. Auch Wirtschaftsstärkung und Umweltschutz seien von Bedeutung. Der Rechtsruck in Europa bereite ihm Sorgen. "Wir leben in einer Zeit, in der Populisten und Rechtsextreme versuchen, unseren sozialen Zusammenhalt zu zerstören und den Diskurs zu vergiften."
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