Chris Jarrett zeigt Steherqualitäten am Klavier

Im Rahmen des Sound25-Festivals hat am frühen Sonntagabend der Pianist Chris Jarrett im Theater Baden Alsace in Neuried gastiert. Zwei Stunden lang hielt er das Publikum mit Eigenkompositionen unter Anspannung. .  

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Chris Jarrett bei seinem Konzert in Neuried  | Foto: Juliana Eiland-Jung
Chris Jarrett bei seinem Konzert in Neuried Foto: Juliana Eiland-Jung
Die erste Frage, die man sich – noch vor dem Ticketkauf – stellt, betrifft den Nachnamen des in den USA geborenen und seit vielen Jahren in Deutschland lebenden Pianisten. Die Antwort heißt: Der berühmte Jazzpianist Keith Jarrett ist der elf Jahre älter Bruder des 1956 geborenen Chris. Die beiden zu vergleichen, bringt nichts – denn beim Sport wie bei Live-Konzerten gilt: "Entscheidend ist auf dem Platz".

Und da hat Chris Jarrett, um im Sportlerjargon zu bleiben, Steherqualitäten bewiesen, denn die Ausgangsbedingungen sind an diesem Abend, was Instrument und Raumklang betrifft, nicht ideal. Unprätentiös und nahbar wirkt Jarrett, der schon mehrfach in der Region aufgetreten ist – unter anderem mit seiner Vertonung des Stummfilmklassikers "Panzerkreuzer Potemkin" im vergangenen Jahr am selben Ort.

Und dann beginnt er mit seinem Konzert, das mit "Tales of our Times" überschrieben ist. "Gloomy Chanting" ("Düsteres rituelles Singen") heißt das Einstiegsstück, in dem über weite Strecken ein Ostinato der linken Hand den Ton vorgibt, ein einziger, wiederkehrender Ton, rhythmisch strukturiert und doch ineinanderfließend grundiert. Die rechte Hand gesellt sich zunächst eher fragend dazu, später in dramatischer Expression, gelegentlich mit klassisch anmutenden Phrasen. Viel Pedal ist dabei, große Dynamik – es sind offensichtlich keine leichten Zeiten, über die Jarrett hier seine musikalischen Geschichten erzählt. Eher schon gebrochene, wie er sie im rasanten "Fractures" ausführt, das die Zuhörer atemlos zurücklässt.

Die Kombination aus Improvisation und Grundstruktur lehnt sich an Minimalismus ebenso an wie an Jazz und Romantik. Es entsteht ein ganz eigener Sound, der getriebener wirkt als man von dem in den Ansagen so ausgeglichen wirkenden Künstler erwarten würde. Vielseitigkeit beweist Chris Jarrett mit seinem ebenso virtuosen wie eindringlichen Klavierspiel. Die Assoziationen gehen von Rachmaninow bis Mussorgski, von Steve Reich bis John Foulds – und nur gelegentlich in den Jazz. Jarrett selbst befeuert die Verbindung zur Klassik mit einer Hommage an Mozart und ein musikalisches Zitat von Antonio Soler, dem er seine eigenen Improvisationen überschreibt.

Der Stil von Chris Jarrett ist schwer zu beschreiben. Expressivität steht im Zentrum, zumindest an diesem Abend. Dass er auch schon als Organist in der Region gastierte und 2024 Gedichte von Hölderlin vertont hat, macht neugierig auf das weitere Werk des Musikers, der sich zwischen den Stilen ausgesprochen wohlzufühlen scheint. Am Ende gab es stehenden Applaus vom begeisterten Publikum und zwei Zugaben.

Termin: Am 5. Juli, 17.15 Uhr, gastiert Chris Jarrett bei den Gartenkonzerten (Zeller Straße 59) in Offenburg.

Schlagworte: Chris Jarrett, Antonio Soler, John Foulds
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